Entscheidungsstichwort (Thema)

Befangenheit des Schiedsrichters: Beachtung der für Richter geltenden Gebote und berufliches Näheverhältnis zu einem Verfahrensbevollmächtigten als Ablehnungsgrund

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Schiedsrichter ist verpflichtet, die für einen Richter geltenden Gebote, insbesondere der Neutralität, Objektivität und der Wahrung der Parteirechte zu beachten.

2. Grundsätzlich maßgebend für die Frage der Befangenheit ist das Verhältnis zwischen Schiedsrichter und Partei.

3. Ein gemeinsam mit einem Verfahrensbevollmächtigten absolvierter Fachanwaltslehrgang, die gemeinsame Teilnahme an einem "Medizinrechtsstammtisch" und ein Duz-Verhältnis begründen noch keine Befangenheit.

 

Normenkette

ZPO §§ 41-42, 1037 Abs. 3, § 1062 Abs. 1 Nr. 1

 

Tenor

Der Antrag des Antragstellers, die von ihm erklärte Ablehnung des Vorsitzenden des Schiedsgerichts, Herrn Rechtsanwalt L. J., für begründet zu erklären, wird auf seine Kosten bei einem Verfahrenswert von 125.630,82 EUR zurückgewiesen.

 

Gründe

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung über die Ablehnung des Vorsitzenden des Schiedsgerichts ist zulässig, insbesondere statthaft und form- und fristgerecht eingelegt worden (§§ 1037 Abs. 3, 1062 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), jedoch unbegründet.

Der Antragsteller hat keine Gründe dargelegt, die geeignet sind, berechtigte Zweifel an der Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit des Schiedsrichters aufkommen zu lassen (§ 1036 Abs. 2 ZPO).

In den Vorschriften der ZPO über das schiedsrichterliche Verfahren sind zwar die Ablehnungsgründe eines Schiedsrichters nicht ausdrücklich geregelt; es ist aber anerkannt, dass ein Ablehnungsgrund i.S.d. §§ 41, 42 ZPO, der zur Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit berechtigt, auch Zweifel an der Unparteilichkeit des Schiedsrichters bietet, wenn die Parteien das betreffende Näheverhältnis nicht gekannt haben bzw. nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart haben (OLG des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 19.12.2001 -10 SCHH 3/01-, SchiedsVZ 2003, 134; OLG Frankfurt, Beschluss vom 4.10.2007 -26 SCH 8/07-, SchiedsVZ 2008, 96; Zöller/Geimer, ZPO, 28. Aufl., § 1036 Rz. 10).

Der Schiedsrichter ist dementsprechend verpflichtet, die für einen Richter geltenden Gebote, insbesondere der Neutralität, Objektivität und der Wahrung der Ausübung der Parteirechte zu beachten. Dabei rechtfertigen allerdings nur objektive Gründe, die vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken können, der Schiedsrichter stehe dem Schiedsverfahren nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber, eine Ablehnung, wobei nicht erforderlich ist, dass der Schiedsrichter tatsächlich befangen ist. Rein subjektive, unvernünftige Vorstellungen des Ablehnenden berechtigen hingegen nicht zur Ablehnung.

Unter Zugrundelegung der vorgenannten Kriterien hat der Antragsteller keine objektiven Gründe vorgetragen, die nach Meinung einer "ruhig und vernünftig denkenden Partei Anlass geben, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln (Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 42 Rz. 9 m.w.N.).

1. Gemeinsam mit dem Verfahrensbevollmächtigten des Schiedsbeklagten absolvierter Fachanwaltslehrgang für Medizinrecht und gemeinsame Teilnahme am "Medizinrechtsstammtisch", "Duz-Verhältnis"

Grundsätzlich ist maßgebend das Verhältnis zwischen Schiedsrichter und Partei. Eine Freundschaft oder sonstige nahe Beziehung zu einem Bevollmächtigten einer Partei ist kein Ablehnungsgrund (Zöller/Geimer, a.a.O., § 1036 Rz. 11; OLG Frankfurt, Beschl. v. 10.1.2008 - 26 SCH 21/07-NJW 2008, 1325; a.A. Lachmann, Schiedsgerichtspraxis, 3. Aufl., Kap. 11 Rz. 1003). Der Antragsteller hat hier schon nicht dargetan, dass zwischen dem Vorsitzenden des Schiedsgerichts und dem Bevollmächtigten des Schiedsbeklagten eine Freundschaft oder sonstige nahe Beziehung besteht. Eine solche ergibt sich nicht schon aus der gemeinsamen Teilnahme an dem berufsbezogenen Fachanwaltslehrgang und der vier- bis fünfmal jährlich stattfindenden gemeinsamen Teilnahme am "Medizinrechtsstammtisch". Es ist zwangsläufig, dass Juristen, die sich auf Medizinrecht spezialisiert haben, sich kennen und gemeinsam in Fachgremien oder fachspezifischen Treffen auftreten (vgl. Zöller/Geimer, a.a.O., § 1036 Rz. 11 zur Schiedsgerichtsbarkeit). Insbesondere kann der Umstand, dass sich der Schiedsrichter und der Bevollmächtigte des Schiedsbeklagten außerhalb der Verhandlung duzen, nicht die Besorgnis rechtfertigen, zwischen den Beteiligten bestünde eine nahe persönliche Beziehung (BGH, Beschl. v. 21.12.2006 - IX ZB 60/06, NJW-RR 2007, 776). Dazu hat der Vorsitzende des Schiedsgerichts in seiner Stellungnahme vom 5.3.2010 unwidersprochen ausgeführt, dass es sich lediglich um ein kollegiales Duzverhältnis handele, dass zwischen allen Teilnehmern des "Medizinrechtsstammtisches" gepflegt werde. Außerhalb der fachbezogenen "Stammtischrunde" fänden auch keine privaten Treffen statt.

Soweit sich der Antragsteller zur Begründung seiner Auffassung eines hier vorliegenden N...

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