Leitsatz (amtlich)

Die Löschung einer vermögenslosen GmbH hat grundsätzlich nach § 394 Abs. 1 FamFG zur Folge, dass die Gesellschaft ihre Rechtsfähigkeit verliert und damit nach § 50 Abs. 1 ZPO auch ihre Fähigkeit, Partei eines Rechtsstreits zu sein. Eine nicht parteifähige Partei kann gleichwohl grundsätzlich Rechtsmittel einlegen, um die gegen sie ergangene Sachentscheidung zu beseitigen, wenn sie meint, in der Vorinstanz zu Unrecht als prozessfähig behandelt worden zu sein.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 09.02.2012; Aktenzeichen 32 O 153/11)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 9.2.2012 verkündete Urteil der Zivilkammer 32 des LG Berlin - 32 O 153/11 - wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen.

Der Gebührenstreitwert des Berufungsverfahrens beträgt 8.256,16 EUR.

 

Gründe

I. Die Beklagte ist mit dem angefochtenen Urteil zur Zahlung von 8.256,16 EUR nebst Zinsen verurteilt worden. Sie hat gegen das ihr am 15.2.2012 zugestellte Urteil mit einem bei der gemeinsamen Briefannahme des KG am 15.3.2012 eingegangenen Fax-Schriftsatz Berufung eingelegt. Mit einem bei der gemeinsamen Briefannahme des KG am 13.4.2012 eingegangenen Fax-Schriftsatz hat sie Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist um 4 Wochen bis zum 14.5.2012 beantragt und zugleich unter Einreichung eines Beschlusses des AG Cottbus vom 26.1.2012 - 63 IN 1...- sowie eines Handelsregisterauszuges des AG Cottbus vom 2.9.2010 - HRB 8...CB - vorgetragen, dass über ihr Vermögen das Insolvenzverfahren angeordnet worden und sie erloschen und nicht mehr passivlegitimiert sei. Mit Verfügung vom 13.4.2012 hat die Vertreterin des Vorsitzenden die Frist zur Begründung der Berufung bis zum 14.5.2012 verlängert und die Beklagte darauf hingewiesen, dass sich die behauptete Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht aus dem Beschluss des AG Cottbus vom 26.1.2012 ergibt, so dass die Voraussetzungen einer Unterbrechung gem. § 240 ZPO nicht ersichtlich sind.

Mit Verfügung des Vorsitzenden vom 21.5.2012 ist die Beklagte darauf hingewiesen worden, dass der Senat beabsichtigt, die Berufung zurückzuweisen, da sie nicht rechtzeitig innerhalb der bis zum 14.5.2012 verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründet worden ist und die Voraussetzungen für eine Unterbrechung des Verfahrens gem. § 240 ZPO nicht dargelegt sind.

Mit Schriftsatz vom 1.6.2012 hat die Beklagte unter Vorlage eines Handelsregisterauszuges des AG Cottbus vom 12.4.2012 - HRB 8...CB - vorgetragen, dass zwar möglicherweise die Voraussetzungen für eine Unterbrechung des Verfahrens nicht gegeben seien, die gegen sie gerichtete Klage aber nachträglich unzulässig geworden sei, weil sie, die Beklagte, nicht mehr existent und aus dem Handelsregister gelöscht worden sei.

II. Die Berufung ist gem. § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen, da sie nicht innerhalb der gem. § 520 Abs. 2 Satz 2 ZPO bis zum 14.5.2012 verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründet worden ist.

Die Voraussetzungen für eine Unterbrechung des Verfahrens gem. § 240 ZPO liegen nicht vor. Aus dem von der Beklagten zu den Gerichtsakten gereichten Beschluss des AG Cottbus vom 26.1.2012 - 63 IN 1...- ergibt sich nicht die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, sondern lediglich, dass ein Verfahren zur Prüfung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beklagten betrieben wird.

Der Beklagten kann nicht gefolgt werden, soweit sie meint, die gegen sie gerichtete Klage sei nachträglich unzulässig geworden und das Berufungsverfahren könne nicht mehr ordnungsgemäß durchgeführt werden, weil sie durch ihre am 13.2.2012 erfolgte Löschung aus dem Handelsregister ihre Rechts- und Parteifähigkeit verloren habe.

Zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung erster Instanz, der für die Frage der Prozesshandlungsvoraussetzung maßgeblich war (Zöller, ZPO, 28. Aufl., § 50 Rz. 5), nämlich am 15.12.2011 war die Beklagte noch im Handelsregister eingetragen. Die Löschung ist erst danach, nämlich am 13.2.2012 und damit aber auch vor Einlegung der Berufung am 15.3.2012 erfolgt. Die Löschung einer vermögenslosen GmbH hat grundsätzlich nach § 394 Abs. 1 FamFG zur Folge, dass die Gesellschaft ihre Rechtsfähigkeit verliert und damit nach § 50 Abs. 1 ZPO auch ihre Fähigkeit, Partei eines Rechtsstreits zu sein (BGH NJW-RR 2011, 115). Eine nicht parteifähige Partei kann gleichwohl grundsätzlich ein Rechtsmittel einlegen, um die gegen sie ergangene Sachentscheidung zu beseitigen, wenn sie meint, in der Vorinstanz zu Unrecht als prozessfähig behandelt worden zu sein (Zöller, a.a.O., § 511 Rz. 6). Will sie ihre Rechte im Berufungsverfahren geltend machen, hat sie die Berufung aber auch rechtzeitig einzulegen und rechtzeitig zu begründen. An der rechtzeitigen Begründung fehlt es hier.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 3267348

DStR 2012, 14

ZAP 2012, 1216

GmbHR 2012, 1143

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