Leitsatz (amtlich)

Wird in einem Beschluss gem. § 278 Abs. 6 ZPO als Inhalt des geschlossenen Vergleichs festgestellt, dass eine der Parteien die Löschung einer bestimmten Eigentumsverschaffungsvormerkung bewilligt, so kann diese Bewilligung dem Grundbuchamt durch Vorlage einer Ausfertigung des Feststellungsbeschlusses formgerecht i.S.d. § 29 GBO nachgewiesen werden.

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Lichtenberg (Beschluss vom 10.09.2010; Aktenzeichen 47 NK 18452-8)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Das Grundbuchamt wird angewiesen, dem Antrag der eingetragenen Eigentümerin vom 24.6.2010 auf Löschung des Rechts in Abt. II lfd. Nr. 1 zu entsprechen.

 

Gründe

I. Die Beteiligte zu 1. ist eingetragene Eigentümerin des im Beschlusseingang bezeichneten Wohnungseigentums. Mit Schrift des Notars L. vom 24.6.2010 beantragte sie unter Bezugnahme auf die notarielle Urkunde vom 19.9.2008 (UR-NR. 1.../08 des Notars Dr. W. D.) die Löschung der in Abteilung II lfd. Nr. 1 zugunsten des Beteiligten zu 2. eingetragenen Eigentumsübertragungsvormerkung. Sie legt die Ausfertigung eines Beschlusses des LG Berlin vom 10.5.2010 vor, in dem gem. § 278 Abs. 6 ZPO festgestellt wird, dass in dem Rechtsstreit vor dem LG Berlin - 84 O 160/09 - zwischen den Gesellschaftern der Beteiligten zu 1. als Klägern und dem Beteiligten zu 2. als Beklagten ein Vergleich folgenden Inhalts zustande gekommen ist:

"1. Der Beklagte bewilligt die Löschung der zu seinen Gunsten in den Grundbüchern des AG Lichtenberg, Grundbuch von Neukölln, Blatt 1., 1., 1. und 1. in den Abteilungen II Nr. 1 eingetragenen Eigentumsvormerkungen.

..."

Das Grundbuchamt hat den Antrag zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Beschluss vom 10.5.2010 entspreche nicht den gesetzlichen Bestimmungen des § 127a BGB und damit nicht § 29 GBO. Abgesehen davon seien die beiden Seiten der eingereichten Ausfertigung nicht durch Schnur und Siegel verbunden.

Dagegen richtet sich die durch den Notar eingelegte Beschwerde.

II. Die Beschwerde ist gem. §§ 71 ff. GBO zulässig. Sie hat auch in der Sache Erfolg.

Der beantragten Löschung des Rechts in Abteilung II lfd. Nr. 1 steht weder das von dem Grundbuchamt angeführte noch ein sonstiges Hindernis entgegen.

Die Beteiligte zu 1. ist als eingetragene Eigentümerin antragsberechtigt (§ 13 GBO).

Die gem. § 19 GBO erforderliche Bewilligung des Beteiligten zu 2. als dem von der beantragten Löschung Betroffenen liegt vor und ist in der Form des § 29 GBO nachgewiesen worden.

1. Der Beschluss eines Gerichts gem. § 278 Abs. 6 S. 2 ZPO ist eine öffentliche Urkunde über die festgestellten Tatsachen, ohne dass hierfür auf § 127a BGB zurückgegriffen werden müsste (Deimann, RpflStud 2003, 38, 39; Demharter, GBO, 27. Aufl., § 29 Rz. 29 und § 20 Rz. 16, für eine im Vergleich erklärte Auflassung auch Dümig, ZfIR 2007, 191). Öffentliche Urkunden sind solche, die eine öffentliche Behörde oder eine mit öffentlichem Glauben versehene Person unter Einhaltung der Grenzen ihrer Amtsbefugnisse in der vorgeschriebenen Form ausstellt. Die in § 415 ZPO enthaltene Begriffsbestimmung ist auch für den Grundbuchverkehr maßgebend (BGH, NJW 1957, 1673; KGJ 40, 115). Gemäß § 278 Abs. 6 S. 2 ZPO hat das Gericht als zuständige Behörde in der Form des Beschlusses das Zustandekommen und den Inhalt des nach § 278 Abs. 6 S. 1 ZPO geschlossenen Vergleichs festzustellen. Sind Inhalt des Vergleichs grundbuchrechtliche Erklärungen, so wird durch den Feststellungsbeschluss auch die Abgabe der Erklärungen festgestellt. Diese "Feststellung" hat, wie schon die Verwendung desselben Begriffes wie in § 160 Abs. 3 ZPO verdeutlicht, keine geringere Bedeutung als die Feststellung in einem gerichtlichen Protokoll über eine Verhandlung oder eine Beweisaufnahme, nämlich, dass das Gericht als öffentliche Behörde schriftlich die Wahrnehmung von Tatsachen bekundet. Der Gesetzgeber sah die mit § 278 Abs. 6 ZPO geschaffene Form der Beschlussfeststellung als erleichterte Protokollierungsmöglichkeit an (BT-Drucks. 15/4382 S. 16). Der Beschluss des Gerichts hat damit bezeugenden Inhalt bezüglich der abgegebenen, den Inhalt des Vergleichs darstellenden Erklärungen.

Dem kann nicht entgegengehalten werden, nach dem Beurkundungsgesetz (§§ 1, 56 Abs. 4) seien Behörden - und damit auch das Gericht - zur Errichtung von bezeugenden Urkunden nur ausnahmsweise in Fällen ausdrücklicher gesetzlicher Ermächtigung zuständig. Zum einen wird eine solche Zuständigkeit in § 278 Abs. 6 ZPO gerade ausgedrückt. Zum anderen hat das BeurkG zwar die allgemeine Möglichkeit der öffentlichen Beurkundung von Rechtsgeschäften bei den AG im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit (§ 167 Abs. 1 FGG a.F.) beseitigt; an der Zuständigkeit des Gerichts für die Beurkundung von Vergleichen hat es hingegen nie etwas geändert. Es hat insbesondere nicht geregelt, dass die gerichtliche Beurkundung eines Vergleichs nur unter bestimmten Voraussetzungen wirksam sei. In der Begründung des Regierungsentwurfs (BT-Drucks. V/3282 S. 26, 27) ist vielmehr ...

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