Leitsatz (amtlich)

1. Zu dem erforderlichen Vortrag eines gesteigert Unterhaltspflichtigen, der sich darauf beruft, aufgrund von Depressionen nicht bzw. nicht voll arbeitsfähig zu sein und deshalb keinen Kindesunterhalt leisten zu können.

2. Zur Zurechnung fiktiver Einkünfte in einem solchen Fall.

3. Bei der Zurechnung fiktiver Einkünfte sich auch "fiktive Verbindlichkeiten" wie beispielsweise pauschale berufsbedingte Aufwendungen zu berücksichtigen.

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Beschluss vom 03.02.2015; Aktenzeichen 158 F 11696/14)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den am 3.2.2015 bekannt gegebenen Beschluss des AG Tempelhof-Kreuzberg - 158 F 11696/14 - wird auf seine Kosten nach einem Beschwerdewert von 6.012 EUR zurückgewiesen.

Der Antrag des Antragsgegners vom 2.3.2015, ihm für die Rechtsverfolgung im zweiten Rechtszug Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen, wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Der Antragsgegner wendet sich mit seiner Beschwerde gegen den Beschluss des Familiengerichts vom 3.2.2015, mit dem er zur Zahlung von Kindesunterhalt für seinen minderjährigen, am 18.7.2000 geborenen Sohn, den Antragsteller, verpflichtet wurde. Er wurde verpflichtet, an den Antragsteller mit Wirkung ab dem 1.8.2014 Kindesunterhalt i.H.v. 100 % des Mindestunterhalts der jeweils geltenden Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle abzgl. des hälftigen Kindergeldes monatlich im Voraus zu Händen der Kindesmutter zu zahlen und damit derzeit, auf der Grundlage der Düsseldorfer Tabelle vom 1.1.2015, einen monatlichen Zahlbetrag von 334 EUR. Weiter wurde er verpflichtet, einen Unterhaltsrückstand aus der Zeit von Februar 2014 bis Juli 2014 i.H.v. 2.004 EUR zu Händen der Kindesmutter zu zahlen. Grundlage der Unterhaltsverpflichtung bildete die Zurechnung eines fiktiven Einkommens als gelernter Maler und Lackierer; das Familiengericht ging davon aus, dass der Antragsgegner aufgrund seiner Ausbildung in der Lage sein wird, Einkünfte zu erzielen, die es ihm ermöglichen, unter Berücksichtigung eines Selbstbehalts von 1.000 EUR bzw. von 1.080 EUR ab dem 1.1.2015 den geforderten Mindestunterhalt zu zahlen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angegriffenen Beschluss Bezug genommen.

Der Antragsgegner vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen; er trägt vor, aufgrund einer seit mindestens September 2013 vorliegenden depressiven Erkrankung nicht in der Lage zu sein, eine Vollzeitbeschäftigung auszuüben. Er meint, da seine Erkrankung schubweise auftrete, könne er nur eine zum 1.4.2014 aufgenommene geringfügige Tätigkeit als Wagenpfleger im Betrieb seines Bruders ausüben; hierfür erhalte er ein monatliches Nettoentgelt von 177,78 EUR. Im Übrigen beziehe er Leistungen des Jobcenters nach dem SGB II, so dass er insgesamt über ein monatliches Gesamteinkommen von 801,77 EUR verfüge. Das Arbeitsverhältnis sei arbeitgeberseitig auf Ende Dezember 2014 gekündigt worden. Weiter trägt er vor, in fachärztlicher Behandlung zu sein; hierzu legt er zwei Atteste der behandelnden Ärztin vor, aus denen hervorgehe, dass er in nervenärztlicher Behandlung stünde und krankheitsbedingt nur geringfügig beschäftigt sein könne. Zur Vorlage eines aussagekräftigen Attestes, aus dem sich auch eine Diagnose sowie die Benennung seiner Erkrankung ergebe, sei er mangels ausreichender finanzieller Mittel nicht in der Lage; die Ärztin würde hierfür mindestens 100 EUR verlangen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Beschwerdeschrift vom 2.3.2015/23.2.2015 sowie die Schriftsätze vom 5.3., 27.3.2015 und vom 28.5.2015 verwiesen.

Der Antragsteller verteidigt die familiengerichtliche Entscheidung unter Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags als zutreffend und richtig. Von ihm wird geltend gemacht, dass nicht hinreichend dargelegt sei, an welchen konkreten Beeinträchtigungen der Antragsgegner leide und inwieweit diese ihn daran hinderten, einer (Vollzeit-) Erwerbstätigkeit nachzugehen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Beschwerdeerwiderung vom 20.4.2015 sowie die Schriftsätze vom 23.4.2015 und vom 26.5.2015 Bezug genommen.

Der Senat hat die Sache mit Beschluss vom 7.5.2015 auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen. Zu Informationszwecken wurden die Akten des AG Tempelhof-Kreuzberg 158 F 2200/13, 158 F 4869/13 sowie 158 F 3403/09 beigezogen; es handelt sich dabei in allen Fällen um vom Antragsgegner angebrachte Umgangsanträge. Weiter wurden den Beteiligten mit Schreiben vom 8.5.2015 Hinweise erteilt; der Antragsgegner wurde darauf aufmerksam gemacht, dass sein Verfahrenskostenhilfeantrag keine Aussicht auf Erfolg biete.

II.1. Das Rechtsmittel ist statthaft (§§ 117, 58 Abs. 1 FamFG) und auch im Übrigen zulässig; insbesondere wurde die Beschwerde form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§§ 117, 61 Abs. 1, 63 Abs. 1, 64 FamFG).

2. In der Sache selbst hat das Rechtsmittel hingegen keinen Erfolg. Das Familiengericht hat den Antragsgegner zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen, die der Senat sich nach Prüfung zu eigen macht, auf d...

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