Rz. 3

Die Einrichtung der Grundbücher richtet sich bis auf weiteres nach den Bestimmungen, die am Beitrittstag bestanden, bzw. nach den danach erlassenen landesrechtlichen Bestimmungen, Abs. 1 Nr. 1 S. 1. Vgl. dazu aber auch § 150 GBO.

 

Rz. 4

Nicht anzuwenden sind jedoch Regelungen, die mit dem materiellen Bundesrecht nicht vereinbar sind, insbesondere in Bezug auf den Inhalt von Eintragungen (auch: Bezugnahme), sowie über die in der GBO geregelten Eintragungsvoraussetzungen. Daraus folgt, dass es sich bei den noch anwendbaren Regelungen lediglich um solche rein formal-technischen Charakters handeln kann. Man wird wie folgt unterscheiden müssen.

 
Rechtsinhalt (= Typenzwang nach Typus und Typeninhalt)

Grds. Bundesrecht, sofern nicht Rechtstypen nach EGBGB

a) aufrechterhalten und

b) neu/wieder eintragbar sind.
Verfahrensvoraussetzungen und Verfahrensgang Grds. Bundesrecht, jedoch mit Sonderregelungen z.B. zu §§ 29, 39 GBO
Buchungsgestaltung, Buchungstechnik § 113 Abs. 1 Nr. 2, 3 GBV
 

Rz. 5

Die Regeln der GBV sind stets uneingeschränkt anzuwenden, wenn Rechtstypen oder -vorgänge zu buchen sind, die das Recht der DDR nicht vorsah, Abs. 1 Nr. 3 S. 4.

 

Rz. 6

Für die Einrichtung und Führung von Erbbaugrundbüchern sowie die Bildung von Grundpfandbriefen für Rechte, die am Erbbaurecht lasten, gelten jedoch – auch wenn nach Abs. 1 Nr. 3 noch Altrecht anwendbar ist – die §§ 56, 57 und 59 GBV mit den in Abs. 1 Nr. 4 beschriebenen formalen Anpassungen.

 

Rz. 7

Bei der Überführung von Grundstücken in Volkseigentum wurden die Grundbücher geschlossen. Es existierte fortan nur das sog. Bestandsblatt i.S.d. Colido-Grundbuchanweisung (Colido = Computergestütze Liegenschaftsdokumentation).[1] Es war jedoch auch nach dem Rechtsverständnis der DDR kein Grundbuch, so dass es auch nicht nach § 150 Abs. 1 Nr. 3 GBO als Grundbuch fortgelten konnte.

Für solche Grundstücke sind mithin Grundbuchblätter anzulegen. Dabei ist die Einhaltung des förmlichen Verfahrens nach §§ 116 ff. GBO nicht erforderlich,

wenn ein Bestandsblatt vorhanden ist, oder
die alte Grundbucheintragung (wenngleich auf einem geschlossenen Blatt!) noch feststellbar ist, sofern sich an der Grundstücksbezeichnung nichts geändert hat, Abs. 1 Nr. 5.
 

Rz. 8

Diese Erleichterung konnte erst mit Inkrafttreten der VO v. 15.7.1994 (BGBl I 1994, 1606) wirksam werden. Trotzdem hatte die Praxis in großem Umfang Blätter ohne Durchführung des förmlichen Anlegungsverfahrens angelegt. Abs. 2 heilt diese nach damaligem Rechtszustand fehlerhaften Verfahren und erklärt auch solche Blätter zum Grundbuch im Rechtssinn. Dem Sinn und Zweck der Norm entsprechend muss ihr eine – im Wortlaut freilich nicht hinreichend zum Ausdruck kommende – Rückwirkung beigelegt werden, d.h., dass alle seit Blattanlegung bis zum Inkrafttreten der VO v. 15.7.1994 vorgenommenen Eintragungen als ordnungsgemäße Eintragungen i.S.d. materiellen Rechts anzusehen sind. Zweifelhaft ist freilich, ob eine solche Rückwirkungsregelung nicht hätte in einem förmlichen Gesetz getroffen werden müssen, denn es handelt sich im Grunde nicht um eine im § 1 Abs. 4 GBO angesprochene Angelegenheit des formalen Rechts (das ist es nur für die Zukunft), sondern um die Heilung von möglicherweise nicht wirksam gewordenen materiellen Verfügungen.

[1] GB-Anweisung v. 27.10.1987, Nr. 4/87 des Min. d. Inneren (nicht öffentlich bekannt gemacht).

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