Rz. 95

Wird eine Eintragung vorgenommen, welche dem durch die Vormerkung gesicherten Anspruch zuwiderläuft, so ist die Verfügung auch dem Vormerkungsberechtigten gegenüber wirksam, wenn er ihr zugestimmt hat. In diesem Fall ist nach inzwischen gefestigter Ansicht ein Wirksamkeitsvermerk in das Grundbuch einzutragen, der zum Ausdruck bringt, dass hier gerade keine relative Unwirksamkeit der Verfügung nach § 883 Abs. 2 BGB vorliegt (§ 1 Einl. Rdn 85, § 7 Einl. Rdn 80).[235] Die Zustimmung und der auf ihrer Grundlage eingetragene Wirksamkeitsvermerk stehen damit als zweite Variante neben der anerkannten Möglichkeit eines Rangrücktritts der Vormerkung,[236] um einem später bestellten Grundpfandrecht die Wirksamkeit zu sichern.[237] Der Wirksamkeitsvermerk ist entsprechend § 18 GBV bei der Vormerkung und dem betroffenen Recht einzutragen.[238]

 

Rz. 96

Während die Zweckmäßigkeit der Eintragung eines solchen Wirksamkeitsvermerks unzweifelhaft ist, ist gleichwohl zu bedenken, dass auch eine vormerkungswidrige Verfügung keine Unrichtigkeit des Grundbuchs verursacht (siehe Rdn 10). In der Konsequenz führt daher auch die Nichteintragung eines Wirksamkeitsvermerks trotz Erteilung der Zustimmung zur Verfügung nicht zur Grundbuchunrichtigkeit:[239] Der BGH spricht seinerseits lediglich davon, dass der Wirksamkeitsvermerk ein Mittel sei, "die Publizitätswirkung des Grundbuchs (§§ 891 bis 893 BGB) zu fördern".[240] Die Nichteintragung des Wirksamkeitsvermerks ist daher für die Wirksamkeit der Verfügung unschädlich, soweit die Zustimmung tatsächlich durch den Vormerkungsberechtigten erteilt wurde. Ein Zessionar kann sich wegen des durch die Vormerkung gesicherten Anspruchs nicht auf den Grundbuchstand berufen,[241] so dass ein gutgläubiger Erwerb einer entsprechend gesicherten Forderung nicht in Betracht kommt. Infolgedessen führt die unterlassene Eintragung eines Wirksamkeitsvermerks nicht zu einer Grundbuchunrichtigkeit nach § 22 GBO. Dennoch wendet die überwiegende Ansicht die Vorschrift entsprechend in diesen Fällen an,[242] was sich wiederum nur damit rechtfertigen lässt, dass andernfalls erhebliche praktische Wirksamkeitsdefizite für das im Rang nach der Vormerkung eingetragene Recht existieren, die somit beseitigt werden können, um hierdurch dem Zweck der Maßnahmen der vorsorgenden Rechtspflege, der Vermeidung von Streitigkeiten, zu entsprechen.

[235] BGHZ 141, 169, 171 ff. = Rpfleger 1999, 383 = BWNotZ 2000, 123; OLG Düsseldorf Rpfleger 2000, 568 = FGPrax 2001, 35; OLG Köln JurBüro 2001, 376, 377 = BeckRS 2001, 10830; OLG Schleswig Rpfleger 2002, 226, 227 = IBRRS 2002, 1424; BayObLGZ 2003, 226 = Rpfleger 2004, 93; OLG Bremen Rpfleger 2005, 529 = WM 2005, 1241; Böhringer, Rpfleger 2005, 225, 231; Demharter, § 22 Rn 20; Keller, BWNotZ 1998, 25; ausf.: Schultz, RNotZ 2001, 541.
[236] Zur materiellen Rangfähigkeit der Vormerkung vgl. RGZ 142, 331; OLG Bremen WM 2005, 1241; einen Kostenvorteil bietet der Wirksamkeitsvermerk jedenfalls seit Einführung des GNotKG nicht mehr, da nunmehr auch die Eintragung einer Rangänderung der Vormerkung gebührenfrei ist, vgl. Böhringer, BWNotZ 2013, 67, 72.
[237] OLG Bremen WM 2005, 1241; a.A. (kein Rangrücktritt möglich): Schubert, DNotZ 1999, 967, 974, 984.
[238] BGHZ 141, 169, 173 = Rpfleger 1999, 383; BayObLG Rpfleger 1998, 375; OLG Düsseldorf Rpfleger 2000, 568, 569; Demharter, § 22 Rn 20.
[239] BeckOK GBO/Holzer, § 22 Rn 36 m.w.N.; a.A. BayObLG MittBayNot 1997, 238, 239; OLG Düsseldorf Rpfleger 2000, 568, 569; Demharter, § 22 Rn 20.
[240] BGHZ 141, 169, 172 = Rpfleger 1999, 383.
[241] Staudinger/Picker, BGB, § 892 Rn 58 m.w.N.
[242] A.A. BeckOK GBO/Holzer, § 22 Rn 36, der hier die Richtigstellung von Amts wegen anwenden will.

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