Leitsatz

Die Eltern eines minderjährigen Kindes waren nicht miteinander verheiratet. Eine gemeinsame Sorgerechtserklärung wurde nicht abgegeben. Die Vaterschaft war rechtskräftig festgestellt worden. Die Kindesmutter hatte durch wiederholte Erklärung die Freigabe des Kindes zur Adoption erklärt. Der Kindesvater begehrte die Regelung des Umgangs mit dem Kind, das vom Jugendamt Wittenberg als Amtsvormund den Eheleuten B. wenige Tage nach der Geburt zur Pflege übergeben worden war und sich seither bei ihnen aufhielt. Die Zustimmung des Kindesvaters zur Adoption wurde durch Beschluss des Vormundschaftsgerichts Wittenberg ersetzt. Das hiergegen eingeleitete Beschwerdeverfahren vor dem LG Dessau wurde bis zur Entscheidung über das beim 2. Familiensenat in Naumburg anhängige Sorgerechtsverfahren ausgesetzt.

Mit einem Befangenheitsantrag trugen die Pflegeeltern vor, eine Befangenheit der zuständigen Abteilungsrichterin sei darin zu sehen, dass die Ehefrau des Antragstellers und auch der Beauftragte der Vertreterin des Dienstvorgesetzten des Amtsvormundes zu einer nichtöffentlichen Verhandlung zugelassen wurden.

Das AG Wittenberg hat den Befangenheitsantrag als unbegründet zurückgewiesen. Der Prozessbevollmächtigte der Pflegeeltern hat hiergegen fristgerecht sofortige Beschwerde zum OLG eingelegt.

 

Sachverhalt

siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das OLG vertrat die Auffassung, die Entscheidung des FamG sei abzuändern und der Befangenheitsantrag der Pflegeeltern als unzulässig zurückzuweisen, da die Pflegeeltern weder Verfahrensbeteiligte in dem Umgangsverfahren noch durch die prozessuale Entscheidung der zuständigen Abteilungsrichterin beschwert seien und ihnen deshalb auch kein Recht zusteht, das Verfahren vor dem FamG zu rügen oder die Abteilungsrichterin wegen behaupteter Verfahrensfehler abzulehnen.

Das OLG nimmt in seiner Entscheidung Bezug auf die Entscheidung des BGH vom 13.4.2005 - XII ZB 54/03 = FamRZ 2005, 975 ff..

Zwar sei nach der BGH-Entscheidung nach § 57 Abs. 1 Nr. 9 FGG gegen Verfügungen, die eine Entscheidung über eine die Sorge für die Person des Kindes betreffende Angelegenheit enthält, jeder beschwerdeberechtigt, der ein berechtigtes Interesse hat, diese Angelegenheit wahrzunehmen. Diese sehr weite Regelung ist allerdings nach BGH schon allgemein auf Vormundschaftssachen beschränkt und gem. § 64 Abs. 3 S. 3 i.V.m. § 57 Abs. 2 FGG auf Familiensachen ausdrücklich nicht anwendbar. Diese Einschränkung des Personenkreises der Anfechtungsberechtigten beruht auf der Erwägung, dass in diesen der befristeten Beschwerde unterliegenden Verfahren die Rechtskraft der Entscheidung nicht wegen eines schwer bestimmbaren Kreises von Beschwerdeberechtigten in der Schwebe bleiben soll (OLG Naumburg, Beschl. v. 23.9.1987 - IVb ZB 66/85 = FamRZ 1988, 54 ff.).

Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 64 Abs. 3 S. 3 FGG gelte dies auch für Pflegeeltern. Den Pflegeeltern stehe auch nach der allgemeinen Regelung in § 20 FGG ein Beschwerderecht gegen den Beschluss des AG zur Regelung des Umgangs nicht zu. Die Beschwerde stehe jedem zu, "dessen Recht" durch die Verfügung beeinträchtigt sei. Die allgemeine Regelung des § 20 FGG erfordere einen unmittelbaren Eingriff in ein im Zeitpunkt der Entscheidung bestehendes subjektives Recht des Beschwerdeführers. Ein berechtigtes Interesse an der Änderung oder Beseitigung der Entscheidung genüge hierfür nicht. Ein solches subjektives Recht stehe den Pflegeeltern nicht zu. Verfassungsrechtlich sei es nicht geboten, ihnen ein eigenes Beschwerderecht einzuräumen, das sich gegen die Einräumung eines Umgangsrechts des Kindes mit seinen leiblichen Eltern richtet. Die gewachsenen Bindungen zwischen Eltern und Kindern seien nach Art. 6 Abs. 1, 3 GG geschützt. Bei der Abwägung der Elternrechte mit eventuellen Rechten oder Interessen der Pflegepersonen sei zunächst vom natürlichen Recht der Eltern zur Pflege und Erziehung ihrer Kinder auszugehen. Andererseits ist auch die aus dem Kind und den Pflegeeltern bestehende Pflegefamilie durch Art. 6 Abs. 1 GG geschützt, so dass Art. 6 Abs. 3 GG bei der Entscheidung über die Herausnahme des Kindes aus seiner "sozialen" Familie auch aufseiten der Pflegeeltern nicht gänzlich außer Betracht bleiben dürfe. Die Herausnahme eines Kindes aus dieser gewachsenen sozialen Familie beeinträchtigt deswegen auch subjektive Rechte der Pflegeeltern von Verfassungsrang, die den Gesetzgeber veranlasst haben, ihnen mit § 1632 Abs. 4 BGB eine Abwehrmöglichkeit in Form einer Verbleibensanordnung einzuräumen.

Die Anordnung eines Umgangsrechts mit dem leiblichen Vater greife nicht in subjektive Rechte der Pflegeeltern ein, weswegen der Gesetzgeber ihnen insoweit kein eigenes Beschwerderecht einräumen musste. Die Interessen des Kindes seien durch den Verfahrensbeteiligten zu 1) als dessen Sorgerechtsinhaber hinreichend geschützt.

Im Übrigen könnten die Pflegeeltern nach § 1632 Abs. 4 BGB eine Verbleibensanordnung beantragen, wenn das Kind seit längerer Zeit in Familienpflege lebt, von d...

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