1. Rechtswirkungen

 

Rz. 276

In Italien wurde 2012/2013 das Kindschaftsrecht reformiert. Die Reform hat die verfassungsrechtlich gebotene Gleichstellung des Art. 30 Abs. 3 Cost. umgesetzt. Das Codice civile unterscheidet grds. nicht mehr zwischen ehelichen und nichtehelichen Kindern. Alle Kinder haben denselben rechtlichen Status (Art. 315 c.c. n.F.).

Wichtige Inhalte der Reform sind:

die Einführung eines einheitlichen Status für eheliche und nichteheliche Kinder
die Stärkung des Anspruchs auf Anerkennung des Elternstatus
die Abschaffung der Legitimation
die Unverjährbarkeit der Anfechtungsmöglichkeit der Anerkennung für das Kind
die Zulassung aller Beweismittel im Recht der Abstammung
die Neuordnung der elterlichen Verantwortung sowie
die Reform des internationalen Abstammungsrechts.
 

Rz. 277

Außerhalb der Ehe geborene Kinder sind nun mit anderen Kindern sowie Verwandten ihrer Eltern verwandt (Art. 74 c.c. n.F.).[304]

Die Regelung im Erbrecht, die ehelichen Kindern[305] das Recht zustand, nichteheliche Kinder auszuzahlen (vgl. Art. 537 Abs. 3 c.c. a.F.), wurde abgeschafft.

Unterschiede bleiben in Bezug auf die Zuordnung der Abstammung, das Namenrecht,[306] die Einbeziehung des außerhalb der Ehe geborenen Kindes in die durch Ehe begründete Familie und die Pflegschaft.[307]

 

Rz. 278

Identisch sind die Rechtswirkungen des Kindschaftsverhältnisses (Rechte und Pflichten der Kinder gegenüber den Eltern und umgekehrt) (Art. 315, 315 bis c.c. n.F.), insbesondere die Regelungen über die elterliche Sorge, die auch den nicht verheirateten Eltern gemeinsam zusteht (Art. 316 Abs. 1 c.c.), sofern die Abstammung anerkannt oder gerichtlich festgestellt ist, zum Unterhalt, zu Erziehung und Ausbildung sowie das Beistandsrecht (Art. 315 bis Abs. 1 c.c. n.F.).

 

Rz. 279

Seit Inkrafttreten des Gesetzes für die durch Geburt begründete Verwandtschaft wird nicht mehr zwischen einem auf Geburt in oder außerhalb einer Ehe begründeten Status differenziert. Art. 74 c.c. n.F. sieht vor, dass ein Verwandtschaftsverhältnis bei Kindern begründet wird, die von einer Person abstammen, seien es eheliche, nichteheliche oder adoptierte Kinder (vgl. Art. 118, 148, 433, 468 c.c.). In Folge des neuen Verwandtschafts-Systems wirkt nach der Kindschaftsrechtsreform die Anerkennung nicht nur im Verhältnis zu dem anerkennenden Elternteil, sondern auch zu dessen Angehörigen (Art. 258 c.c. n.F.).

 

Rz. 280

Die Eltern haben nach Art. 147 c.c. den gesamten Lebensbedarf der Kinder zu tragen, sie auszubilden und zu erziehen, und zwar auch nach Volljährigkeit, bis das Kind wirtschaftlich selbstständig wird.[308] Bei nichtehelichen Kindern beginnt die Unterhaltspflicht bei erfolgter Anerkennung rückwirkend zum Zeitpunkt der Geburt.[309] Dem Elternteil, der bis zur Feststellung der Abstammung den Unterhalt geleistet hat, stehen Regressansprüche zu.[310]

[304] Für die frühere Gesetzeslage siehe Corte Cost., 4.7.1979, n. 55, GI 1979, I, 1589 und Corte Cost., 12.4.1990, n. 184, FI 1991, 1, 3283.
[305] Nach h.L. auch dem überlebenden Ehegatten wegen der Verweisung in Art. 542 letzter Absatz auf Art. 537 c.c.
[306] Trimarchi, juscivile.it 2013, 34 ff.
[307] Dogliotti, FD 2014, 480 ff.
[308] Cass., 7.9.2015, n. 17738, Pluris; Cass., 20.8.2014, n. 18076, Pluris; Cass., 16.12.2013, n. 23777, Pluris; Cass., 24.9.2008, n. 24018, FD 2009, 188; Cass., 19.10.2006, n. 22491, FD 2007, 78.
[309] Cass., 16.2015, n. 3079, Pluris; Cass., 11.9.2012, n. 15162, Pluris; Cass., 2.2.2006, n. 2328, FD 2006, 504.
[310] Cass., 11.7.2006, n. 15756, FD 2006, 70.

2. Feststellung der Nichtehelichkeit

 

Rz. 281

Als eheliches Kind gilt auch ein Kind, das innerhalb von 300 Tagen ab Eheanfechtung, Trennung, Scheidung oder Tod zur Welt kommt. Die Vermutung greift allerdings nicht mehr ab dem Zeitpunkt, in dem das Getrenntleben bestätigt wurde (Art. 232 Abs. 2 c.c. n.F.). Die Vermutung in Bezug auf das später als 180 Tage ab der Eheschließung geborene Kind würde aufgehoben. Eine Anerkennung eines Kindes durch den biologischen Vater vor der Geburt (siehe Art. 44 Ord. St. civ.) oder vor der Registrierung der Geburt eines Kindes als ehelich bzw. die Anerkennung des Kindes als nichtehelich durch eine verheiratete Mutter verhindert die Vaterschaftsvermutung des Ehemannes.[311]

Der sich aus dem Standesregister ergebende Status der Ehelichkeit kann nur durch eine Anfechtungsklage beseitigt werden, in der die Vaterschaft des Ehemannes der Mutter ausgeschlossen wird (Art. 243 bis c.c. n.F.), oder durch eine Klage auf Bestreitung der Abstammung (Art. 248 c.c. n.F.), in der es nicht darum geht, die gesetzliche Vermutung der Vaterschaft des Ehemannes zu widerlegen, sondern um den Beweis, dass Tatsachen, die in der Geburtsurkunde bezeugt sind, in Wirklichkeit nicht gegeben sind, z.B. Gültigkeit der Ehe der Mutter oder Identität des Geborenen mit demjenigen, der in der Geburtsurkunde benannt ist.

Eine Anfechtung oder Feststellung der Mutterschaft ist nach Maßgabe des Art. 239, 248 sowie 269 c.c. möglich.

 

Rz. 282

Die früheren Voraussetzungen der in Art. 235 c.c. a.F. geregelten A...

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