Die Klage hat Erfolg! B verstoße gegen die Benutzungsvereinbarung der Wohnungseigentümer, wonach in seinem Sondereigentum nur ein Laden, nicht aber ein Dönergrill betrieben werden dürfe. Bei der gebotenen objektiv-normativen Betrachtungsweise handele es sich bei einem "Laden" um eine Verkaufsstätte zum Vertrieb von Waren an jedermann, während für einen Gaststättenbetrieb die Zubereitung und Einnahme von Speisen vor Ort charakteristisch sei. Vorliegend implizierten das Vorhandensein eines Dönergrills, einer Fritteuse und eines Pizzaofens, mit denen Speisen zubereitet werden und das Vorhandensein von Stühlen und Tischen im Innen- und Außenbereich das Vorliegen eines Gaststättenbetriebs. Da subjektive Vorstellungen bei der Auslegung ohne Bedeutung seien, könne zwar der Bedeutungswandel eines Begriffs im allgemeinen Sprachgebrauch nicht unberücksichtigt bleiben mit der Folge, dass bei einer Verlängerung oder Aufhebung der Ladenöffnungszeiten grundsätzlich eine entsprechend erweiterte Nutzung ermöglicht werde, ohne dass es auf das Alter der Gemeinschaftsordnung ankäme. Ein solcher Bedeutungswandel führe jedoch nicht dazu, dass in einem Laden nun eine Gaststätte betrieben werden dürfte. Ebenso wenig lasse die Tatsache, dass der Döner-Imbiss nur während der gesetzlichen Ladenöffnungszeiten geöffnet sei, Rückschlüsse auf seine Einordnung als Laden zu. Auch nach einer typisierenden Betrachtungsweise gehe von der Nutzung als Döner-Imbiss gegenüber einer reinen Ladennutzung ein größeres Störpotenzial aus, weil die mit dem Imbiss verbundenen möglichen Lärm- und Geruchsbelästigungen für die anderen Einheiten mehr stören würden als eine zulässige reine Ladennutzung.

Hinweis

  1. Zum einen behandelt der Fall Bekanntes. Natürlich darf man in den im Sondereigentum stehenden Räumen eines Teileigentums, die nach einer Vereinbarung als Laden zu benutzen sind, keinen Dönerimbiss betreiben. Dies gilt auch nach einer typisierenden Betrachtungsweise. Zum anderen regt der Fall aber auch zum Nachdenken an. Denn im aktuellen Recht könnte K nach §§ 9a Abs. 2, 14 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 WEG nur gegen den Verstoß gegen die Benutzungsvereinbarung vorgehen, wenn sein Sondereigentum durch die Benutzung der Räume gestört werden würde. Der Behauptung des B, K's Sondereigentum werde nicht gestört, wäre daher jetzt nachzugehen.
  2. Die andere Frage, die mich immer wieder berührt, ist der Zeitpunkt der Geburt einer Benutzungsvereinbarung, genauer: Ist diese so auszulegen, wie es richtig gewesen wäre als sie entstanden ist? Oder unterliegen Benutzungsvereinbarungen einem Zeitenwandel und es kommt darauf an, was wir heute durch sie als erlaubt und/oder verboten ansehen (Stichwort: Bedeutungswandel). Nach einer Ansicht kann so ein Bedeutungswandel nicht unberücksichtigt bleiben. Dies gelte vor allem dann, wenn die einem Begriff zugrunde liegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse oder normative Wertungen sich geändert hätten oder wenn der Begriff direkt oder mittelbar auf Rechtsnormen verweise, deren Inhalt im Zeitablauf wandelbar, aber für jeden Zeitpunkt feststellbar sei. Nach anderer Ansicht ist der im Zeitpunkt der Entstehung herrschende Sprachgebrauch sowie die damalige Verkehrsübung und Verkehrsauffassung maßgeblich (etwa BayObLG, Beschluss v. 28.9.2000, 2Z BR 55/00). Dieser Ansicht hänge ich selbst an.
  3. Ein Wohnungs-/Teileigentümer ist nicht darauf beschränkt, sein Wohnungs-/Teileigentum ausschließlich zu den in § 1 Abs. 2, Abs. 3 WEG bzw. §§ 10 Abs. 1 Satz 2, 19 Abs. 1 WEG vorgesehenen Gebrauch zu gebrauchen. Aus Art. 2 GG i. V. m. § 13 Abs. 1 WEG folgt das Recht, ein Wohnungs- oder/und Teileigentum auch zu anderen Zwecken zu gebrauchen und zu nutzen. Entscheidend ist, ob ein anderer Gebrauch die übrigen Wohnungseigentümer nicht über das Maß hinaus beeinträchtigt, das bei einem typischen Gebrauch (typisierende Betrachtungsweise) zu erwarten ist. Für eine typisierende Betrachtungsweise ist dabei in einem 1. Schritt zu prüfen, welche Störungen und Beeinträchtigungen von einem bestimmungswidrigen Gebrauch ausgehen. Der zweckbestimmungsgemäße Gebrauch bildet dann für das Störungsmoment die obere "Messlatte" (ein "Begriffswandel" muss nicht in die rechtliche Bewertung einbezogen werden). In einem 2. Schritt ist dann zu klären, ob der andere, tatsächliche Gebrauch nach einem objektiven Maßstab mehr stört. Eine "massive Störung" oder eine Beeinträchtigung "im Übermaß" sind nicht erforderlich. Eine typisierende Betrachtungsweise soll allerdings nicht bedeuten, dass die konkreten Umstände des Einzelfalls für die Beurteilung einer Mehrbelastung gänzlich außer Betracht zu bleiben haben. Auch diese Umstände sollen von Bedeutung sein, da die Beantwortung der Frage, ob eine Mehrbeeinträchtigung gegenüber dem vereinbarten Nutzungszweck zu bejahen ist, nicht unerheblich davon abhänge, welches Gepräge und welchen Zuschnitt das abweichend von der Zweckbestimmung betriebene Unternehmen oder eine freiberufliche Tätigkeit aufweise. Eine typisierende Betrachtungsweise soll es ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge