Leitsatz

In den Versorgungsausgleich sind nach § 1587 Abs. 1 S. 1 BGB alle Anrechte einzubeziehen, die während der Ehezeit erworben wurden. Werden für eine Zeit vor der Ehe Beiträge während der Ehe entrichtet, so unterliegen die heraus erworbenen Anrechte nach dem sog. In-Prinzip dem Versorgungsausgleich.

 

Sachverhalt

Die Parteien stritten um die Höhe des Versorgungsausgleichs.

Sie hatten am 10.7.1981 geheiratet. Ihre Ehe wurde auf den am 10.7.2003 zugestellten Antrag durch Verbundurteil vom 3.12.2003 geschieden. Im Verbundverfahren wurde auch der öffentlich-rechtliche Versorgungsausgleich durchgeführt.

Während der Ehezeit hatten beide Ehegatten Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben. Die von dem Ehemann erworbenen Anrechte beruhten teilweise auf Wiederauffüllungsbeträgen. Im Zusammenhang mit der Scheidung seiner ersten Ehe waren von seinem Versicherungskonto bei der DRV Bund Rentenanrechte i.H.v. 236,90 DM auf das Rentenversicherungskonto seiner ersten Frau übertragen worden. Die hierdurch bedingte Minderung seiner Rentenanrechte war von dem Ehemann durch Leistung der Wiederauffüllungsbeträge vollständig ausgeglichen worden. Er bezog seit dem 1.11.1993 eine Vollrente wegen Alters.

Das AG hat die durch die Wiederauffüllungsbeiträge begründeten Anrechte nicht in den Versorgungsausgleich einbezogen. Auf die Beschwerde der Ehefrau hat das OLG die Entscheidung des AG abgeändert und in seine Berechnung der zu übertragenden Anwartschaften auch die Wiederauffüllungsbeträge aufgenommen.

Hiergegen richtete sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des Ehemannes, mit der er die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung erstrebte.

Sein Rechtsmittel war ohne Erfolg.

 

Entscheidung

Ebenso wie das OLG ging auch der BGH davon aus, dass die Anrechte, die der Ehemann in der Zeit der zweiten Ehe für die in der ersten Ehe liegenden Zeiten durch Leistung von Wiederauffüllungsbeträgen begründet hat, zum Versorgungsausgleich bei Scheidung der zweiten Ehe heranzuziehen seien. Nach dem sog. "In-Prinzip" seien in der Ehezeit aus dem Vermögen geleistete Beträge auch dann der Ehezeit zuzurechnen, wenn sie für Zeiten vor der Ehe gezahlt worden seien. Es seien mithin auch solche Rentenanwartschaften in den Versorgungsausgleich einzubeziehen, die in der Ehezeit durch Nachentrichtung freiwilliger Beträge für voreheliche Zeiten begründet worden seien. Die Interessenlage sei dieselbe wie in den Fällen, in denen die Ehegatten freiwillige oder Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt hätten. Der dem sog. In-Prinzip zugrunde liegende Gedanke betreffe alle diese Fallgestaltungen in gleicher Weise. Die Inanspruchnahme des Ehemannes unter Berücksichtigung der von ihm geleisteten Wiederauffüllungsbeiträge sei auch nicht unbillig. Dies könne allenfalls dann zweifelhaft sein, wenn die Beiträge nicht aus einem dem Zugewinnausgleich unterliegenden Vermögen gezahlt worden seien. Hinweise hierfür gebe es nicht.

Die Besonderheiten solcher Wiederauffüllungsbeiträge ständen dieser Handhabung nicht entgegen. Zwar sei das Schicksal der durch diese Beiträge begründeten Anrechte vom Versorgungsschicksal des ausgleichsberechtigten Ehegatten der früheren Ehe abhängig. Für den Fall, dass es zur Rückzahlung der entrichteten Beträge und damit zum Erlöschen der dadurch begründeten Anwartschaften komme, könne ein Verfahren nach § 10a VAHRG durchgeführt werden.

 

Hinweis

Auf der Grundlage seiner ständigen Rechtsprechung zum In-Prinzip hat der BGH auch solche Anrechte dem ehezeitbezogenen Erwerb unterworfen, die in Form von Wiederauffüllungsbeträgen mit dem Ziel eingezahlt wurden, den Verlust von Anrechten aufgrund des Versorgungsausgleichs einer vorausgegangenen geschiedenen Ehe auszugleichen. Der BGH ist insbesondere auch auf die Frage eingegangen, was geschieht, wenn es nach § 4 VAHRG oder durch Abänderung nach § 10a VAHRG zur Rückzahlung der Beiträge kommt. In einem solchen Fall sind die erworbenen Anrechte erloschen und nicht mehr ausgleichsfähig, was eine Abänderung nach § 10a VAHRG rechtfertigt. Die Beiträge waren dem Zugewinnausgleich entzogen. Dieser kann anders als der Versorgungsausgleich nicht nachträglich korrigiert werden, zumal der Rückzahlungsanspruch erst nach der Scheidung entstanden ist. Die Unbilligkeit dieses Ergebnisses kann dadurch vermieden werden, dass die Abänderung nach § 10a Abs. 3 VAHRG eingeschränkt oder versagt wird.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Beschluss vom 20.06.2007, XII ZB 126/04

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