Rz. 74

Die Einziehung gem. § 34 GmbHG bedeutet die Vernichtung eines Geschäftsanteils einschließlich etwaiger Sicherungsrechte und der damit verbundenen Mitgliederstellung eines Gesellschafters. Der Gesellschafter scheidet aus der Gesellschaft aus. Greifen mehrere Einziehungstatbestände gleichzeitig bei allen Gesellschaftern, bleibt nur die Liquidation der Gesellschaft. Die Einziehung ist sowohl in freiwilliger (§ 34 Abs. 1 GmbHG), als auch in zwangsweiser (§ 34 Abs. 2 GmbHG) Form denkbar. In beiden Fällen bedarf es allerdings einer Satzungsgrundlage, da durch eine Einziehung die Verhältnisse der verbleibenden Gesellschafter beeinflusst werden.

 

Rz. 75

Regelmäßig wird eine Zwangseinziehung beim Erwerb von Todes wegen, im Insolvenzfall oder bei der Zwangsvollstreckung in Betracht kommen. Die Zwangseinziehung muss aber bereits bei Eintritt des Gesellschafters in die GmbH klar und eindeutig festgelegt sein. Eine nachträgliche Änderung der Satzung dahingehend bedarf eines Gesellschafterbeschlusses und der Mitteilung des Beschlusses an den betroffenen Gesellschafter. Notwendig ist nach herrschender Meinung[1] gem. § 53 Abs. 3 GmbHG die Zustimmung aller Gesellschafter. Nach herrschender Ansicht hat der betroffene Gesellschafter hierbei ein Stimmrecht.[2] Es steht den Gesellschaftern jedoch frei, in der Satzung für den Fall der Einziehung auch ein Stimmverbot des betroffenen Gesellschafters zu vereinbaren.

 

Rz. 76

Trotz fehlender gesetzlicher Regelung geht die Einziehung eines Geschäftsanteils in jedem Fall mit einem angemessenen Abfindungsanspruch analog § 738 BGB einher. Gem. §§ 34 Abs. 3, 30 Abs. 1 GmbHG ist das Ausschüttungsverbot zu berücksichtigen, d. h. die Abfindung muss aus dem freien Vermögen der GmbH erfolgen. Steht bereits bei Beschlussfassung über die Einziehung fest, dass dies nicht möglich sein wird, ist der Beschluss nach gefestigter Rechtsprechung des BGH nichtig.[3] Ist der Einziehungsbeschluss weder nichtig noch für nichtig erklärt, wird die Einziehung mit der Mitteilung an den betroffenen Gesellschafter wirksam.[4] Kann die Abfindung dann aber aufgrund des Ausschüttungsverbots nicht gezahlt werden, haften die verbleibenden Gesellschafter anteilig persönlich, wenn sie nicht anderweitig für die Leistung der Abfindung sorgen.

 

Rz. 77

Aus dem durch das MoMiG eingeführten Konvergenzgebot (§ 5 Abs. 3 S. 2 GmbHG) wurde – gestützt auf die Regierungsbegründung[5] – zum Teil gefolgert, dass ein Einziehungsbeschluss ohne Gewährleistung der Konvergenz durch gleichzeitige Anpassungsmaßnahmen nichtig sei.[6] Der BGH hat sich jedoch der gegenteiligen Auffassung angeschlossen und entschieden, dass das Auseinanderfallen der Nennbeträge der verbleibenden Geschäftsanteile und des Stammkapitals keinen Nichtigkeits- oder Anfechtungsgrund für den Einziehungsbeschluss darstellt.[7] Erforderlich ist lediglich die Einreichung einer aktualisierten Gesellschafterliste.[8] Gleichwohl empfiehlt es sich, Unstimmigkeiten zwischen Nennbetragssumme und Stammkapital gar nicht erst entstehen zu lassen und die Einziehung mit einer Aufstockung der Nennbeträge, Kapitalherabsetzung oder Schaffung eines neuen Geschäftsanteiles zu verbinden.

[1] Vgl. Strohn, in MüKo-GmbHG, GmbHG, § 34 Rn. 14.
[2] Vgl. Strohn, in MüKo-GmbHG, GmbHG, § 34 Rn. 19.
[5] BT-Drs. 16/6140, 31 ("Ein solches Auseinanderfallen der Summe der Nennbeträge der Geschäftsanteile und des Nennbetrags des Stammkapitals ist künftig im Gegensatz zum geltenden Recht unzulässig.").
[6] Vgl. Heckschen, NZG 2010, S. 521; Römermann, DB 2010, S. 209.
[8] Lutter/Kleindiek, in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 34 Rn. 5a.

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