Leitsatz

Das FamG hatte den Streitwert für ein Ehescheidungsverfahren mit 6.600,00 EUR und 2.000,00 EUR für den Versorgungsausgleich, somit insgesamt 8.600,00 EUR, festgesetzt. Hiergegen wandte sich der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin, der für das Ehescheidungsverfahren die Festsetzung eines Streitwerts von 13.200,00 EUR nach dem dreifachen gemeinsamen Nettoeinkommen der Parteien begehrte. Zwar sei die Scheidung einvernehmlich erfolgt. Dies sei jedoch der Durchschnittsfall und rechtfertige keine Absenkung des Streitwerts.

Der Bezirksrevisor hat sich der Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichts angeschlossen.

Die hiergegen eingelegte Beschwerde hatte keinen Erfolg.

 

Sachverhalt

Siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das OLG folgte der Auffassung des FamG, das den Streitwert zu Recht unterhalb des Wertes des dreifachen gemeinsamen Monatsnettoeinkommens der Parteien angesetzt hatte. Die Entscheidung werde dem geringen Umfang der Sache in jeder Hinsicht gerecht. Für einen höheren Wert sprechende Umstände ständen dem nicht entgegen.

Gemäß § 48 Abs. 2 S. 1 GKG sei der Streitwert in nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs, der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien nach Ermessen zu bestimmen. Dabei sei für die Einkommensverhältnisse der Eheleute gemäß § 48 Abs. 3 S. 1 GKG das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen einzusetzen. Als Untergrenze dürfe der Streitwert in Ehesachen nicht unter 2.000,00 EUR angenommen werden. Der Streitwert betreffe in erster Linie das gerichtliche Verfahren. Da er aber zugleich Grundlage für die Berechnung der anwaltlichen Vergütung sei, sei auch die Tätigkeit des Anwalts im Ehescheidungsverfahren im Rahmen der Wertfestsetzungen zu berücksichtigen.

Dabei sei zu beachten, dass wie bei allen anderen nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten der Umfang der Sache als Indiz für den im gerichtlichen Verfahren auf die Scheidung der Ehe erforderlichen Aufwand einen ebenso gewichtigen Punkt für die Bemessung des Streitwerts einer Ehesache bilde wie die übrigen Umstände des Einzelfalles einschließlich der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Parteien (so auch Roth in Stein/Jonas, Kommentar zur Zivilprozessordnung, 22. Aufl. 2003, § 3 ZPO Rz. 30; Dörndörfer in Gerichtskostengesetz, Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz, 2007, § 48 GKG, Rz. 9; Schneider, Streitwertkommentar für den Zivilprozess, 12. Aufl. 2007, Stichwort "Ehesachen", Rz. 1248).

Nach Auffassung des OLG ergebe sich dies bereits aus dem Wortlaut und dem systematischen Aufbau der gesetzlichen Regelung. Die einzelnen Bewertungsfaktoren ständen in § 48 Abs. 2 S. 1 GKG gleichrangig nebeneinander. Der in § 48 Abs. 3 S. 1 GKG genannte Ausgangswert des dreifachen gemeinsamen Monatsnettoeinkommens der Parteien gelte nur für die Bewertung eines dieser Umstände, nämlich der Einkommensverhältnisse der Parteien. Es bestehe keine Veranlassung, das dreifache gemeinsame Monatseinkommen als rechtlich verbindlichen Ausgangs- oder Einsatzwert zu betrachten und je nach Einzelfall nur geringfügige Abweichungen nach oben oder nach unten zuzulassen. Vielmehr seien die einzelnen Bemessungsfaktoren gleich zu gewichten und gegeneinander abzuwägen, wie es der systematische Aufbau der § 48 Abs. 2, 3 GKG vorgebe. Dies könne auch dazu führen, dass der Streitwert wegen eines nur geringen Umfangs der Sache mit einem vom dreifachen Nettoeinkommen abweichenden Wert angenommen werde (BVerfG, Beschluss vom 17.12.2008, 1 BvR 1369/08). Auch die Bedeutung des Grundrechts der Berufsfreiheit des Antragstellers gemäß Art. 12 Abs. 1 GG führe zu keiner anderen Beurteilung. Die Anwendung des § 48 GKG berühre das in Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG verankerte Grundrecht eines verfahrensbeteiligten Rechtsanwalts auf freie Ausübung seines Berufs. Dieses Recht sei untrennbar mit der Freiheit verbunden, eine angemessene Vergütung zu fordern. Da sich die Höhe des Vergütungsanspruchs des im Ehescheidungsverfahren tätigen Rechtsanwalts unmittelbar aus der Höhe des Streitwerts ableite, habe die Festsetzung des Streitwerts die gleiche berufsregelnde Tendenz wie eine Vergütungsregelung. Sie müsse deshalb dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen.

Die Bemessung des Streitwerts durch das FamG entspreche dieser Auslegung und stelle keinen unzulässigen Eingriff in die Berufsfreiheit eines Rechtsanwalts dar.

Der Umfang der Sache sei mindestens ebenso wie die Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien ein geeignetes und sinnvolles Kriterium für die Bemessung der anwaltlichen Vergütung.

Im vorliegenden Fall sei für die Bemessung des Streitwerts der Umfang des gerichtlichen Verfahrens zum Maßstab zu nehmen. Dies ergebe sich unmittelbar aus § 23 Abs. 1 RVG. Der Umfang der Tätigkeit des Gerichts sei hier denkbar gering gewesen und hätte ohne Hinzutreten anderer Umstände die Festsetzung auf den Mindestwert von 2.000,00 EUR verlangt.

Streitige Fragen tatsächlicher od...

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