Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeld. Berufsausbildung. Studienplatz. Verzögerung. Numerus clausus. Parkstudium. Zweitstudium. Kausalzusammenhang. Unterbrechung

 

Leitsatz (amtlich)

Der vom Gesetz in § 2 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 BKGG geforderte (Kausal-)Zusammenhang zwischen Verzögerung der Berufsausbildung und mangelndem Studienplatz ist jedenfalls dann – mit der Folge der Nichtanrechenbarkeit früherer Verzögerungszeiten – unterbrochen, wenn ein als sog. Parkstudium begonnenes Ausweichstudium längere Zeit – hier fünf Semester – über denjenigen Zeitpunkt hinaus fortgesetzt und abgeschlossen wird, zu dem bei entsprechender Bewerbung eine Zuteilung des zunächst mangelnden Studienplatzes erstmals hätte erfolgen können. Es handelt sich bei dieser Fallgestaltung bei dem neuen Studium um ein sog. Zweitstudium, das nicht zu einer Berücksichtigung des Kindes über das 27. Lebensjahr hinaus führt.

 

Normenkette

BKGG § 2 Abs. 3 S. 2 Nr. 4

 

Verfahrensgang

SG Fulda (Urteil vom 20.03.1980; Aktenzeichen S-3b/Kg - 2/79)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 20. März 1980 abgeändert und die Klage in vollem Umfange abgewiesen.

II. Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

III. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

IV. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt Kindergeld über das 27. Lebensjahr des Kindes hinaus wegen mangels Studienplatzes verzögerter Berufsausbildung (§ 2 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 BundeskindergeldgesetzBKGG –).

Der am … 1951 geborene Sohn A. des Klägers erwarb am 22. Juni 1970 die Hochschulzulassungsberechtigung mit einem Notendurchschnitt von 2,5. Im Winter-Semester 1970/71 begann er mit einem Studium der Chemie, das er nach dem Sommer-Semester 1977 mit dem Erwerb des Diploms abschloß. Während dieses Studiums bewarb er sich, nachdem er das Vordiplom nach dem Winter-Semester 1972/73 bestanden hatte, erstmals zum Sommer-Semester 1973, danach nochmals zum Winter-Semester 1973/74, zum Sommer-Semester 1974 und zum Winter-Semester 1974/75 jeweils erfolglos um einen Studienplatz in Humanmedizin; in der Zeit vom 1. August 1973 bis 30. September 1973 arbeitete er zusätzlich als Praktikant beim Kreiskrankenhaus S.. Für die folgenden Semester vom Sommer-Semester 1975 bis zum Sommer-Semester 1977 beantragte er nicht die Zuteilung eines Medizinstudienplatzes; seine nächste Bewerbung erfolgte insoweit vielmehr erst zum Winter-Semester 1977/78. Auf diese Bewerbung hin bekam er auch einen Studienplatz an der Universität K. zugeteilt und begann dort, nachdem er zwischenzeitlich das Chemie-Diplom erworben hatte, im Winter-Semester 1977/78 mit dem Studium der Humanmedizin, das zur Zeit noch andauert und voraussichtlich im Jahre 1982 abgeschlossen wird.

Am 28. August 1978 beantragte der Kläger, der bis dahin fortlaufend Kindergeld für seinen Sohn A. bezogen hatte und dies auch noch für die Zeit bis zum 30. November 1978 erhielt, die weitere Berücksichtigung dieses Kindes über das 27. Lebensjahr und damit über November 1978 hinaus mit der Begründung, daß sich die Berufsausbildung des Kindes wegen mangelnden (Medizin-)Studienplatzes verzögert habe. Mit Bescheid vom 14. Dezember 1978 wurde dieser Antrag abgelehnt, da eine Verzögerung der Berufsausbildung nicht als nachgewiesen angesehen werden könne; das Medizinstudium sei als Zweitstudium angestrebt worden, zumal das Chemie-Studium zunächst mit dem Diplom abgeschlossen worden sei. Hiergegen legte der Kläger am 12. Januar 1979 Widerspruch ein, mit dem er im einzelnen geltend machte, sein Sohn habe von Anfang an vorgehabt, Medizin zu studieren, wegen des insoweit schlechten Notendurchschnitts jedoch zunächst Chemie studiert, wobei er angenommen habe, daß er infolge des Chemiestudiums Vorteile bei einer späteren Zulassung zum Medizinstudium habe. Nach dem Erwerb des Vordiploms in Chemie habe sein Sohn sich daher auch wiederholt um einen Studienplatz in Medizin beworben und das Krankenhauspraktikum absolviert. Nach der letzten Ablehnung zum Winter-Semester 1974/75 habe er zunächst von weiteren Bewerbungen abgesehen, da diese ohnehin erfolglos gewesen wären und nur unnötigen Verwaltungsaufwand verursacht hätten. Im übrigen habe sein Sohn das Chemiestudium auch nur mit der Diplom-Prüfung und nicht mit der dort üblichen Promotion abgeschlossen. Schließlich dürfe er nicht deshalb, weil sein Sohn das Chemiestudium – erfolgreich – abgeschlossen habe, schlechter gestellt werden als Kindergeldberechtigte, deren Kinder ein sog. Parkstudium ohne Abschluß abgebrochen hätten. Mit Widerspruchsbescheid vom 26. Februar 1979, dem Kläger ausgehändigt am 2. März 1979, wurde dieser Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen, wobei diese Zurückweisung im wesentlichen darauf gestützt wurde, daß nicht nachgewiesen sei, daß der ursprüngliche Studienwunsch des Sohnes bereits auf ein Medizin- und nicht auf ein Chemiestudium gerichtet gewesen sei.

Am 23. März 1979 hat der Kläger beim Sozialgericht Fulda schriftlich Klage erhoben und sei...

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