Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückforderung von Erwerbsminderungsrente wegen Überschreitens der Hinzuverdienstgrenze

 

Orientierungssatz

1. Eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit wird nur geleistet, wenn die Hinzuverdienstgrenze nicht überschritten wird. Dabei wird auch Arbeitslosengeld als Einkommen gewertet, das nur bis zu festgelegten Grenzen ohne Auswirkung auf die Höhe einer gleichzeitig bezogenen Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bleibt.

2. Bei der Prüfung der Einhaltung der konkreten Hinzuverdienstgrenze ist nicht das tatsächlich zugeflossene Arbeitslosengeld, sondern das diesem zugrunde liegende Bemessungsentgelt maßgeblich. Die Aufhebung der Rente wegen des Eintritts einer wesentlichen Änderung erfolgt zwingend bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 48 Abs. 1 S. 2 SGB 10. Nur für außergewöhnliche Sachverhalte räumt die generelle Soll-Bestimmung der Behörde eine Ermessenskompetenz ein.

3. Die maßgebliche Vorschrift des § 96 a SGB 6 ist verfassungsgemäß. Sie gilt für Arbeitslosengeldbezieher nach § 125 SGB 3 ebenso wie für solche, die Arbeitslosengeld nach § 119 SGB 3 beziehen.

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 7. Oktober 2005 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die teilweise Rücknahme eines Rentenbescheides.

Die 1949 geborene Klägerin erhielt auf ihren Rentenantrag vom 13. Dezember 2000 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 1. Januar 2001 (Rentenbescheid vom 26. Oktober 2001). Gegen den Rentenbescheid erhob die Klägerin im November 2001 Widerspruch, mit dem sie sich dagegen wandte, dass ihr lediglich von der Beklagten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung gewährt wurde. Tatsächlich sei sie voll erwerbsgemindert. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Bescheid vom 25. April 2001 zurück, da der angefochtene Bescheid nicht zu beanstanden sei. Gegen den Widerspruchsbescheid erhob die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main. Während des Klageverfahrens legte sie das Formular S 17 b ausgefüllt dem Sozialgericht vor, in dem sie angab, Arbeitslosengeld in Höhe von 217,49 Euro wöchentlich vom Arbeitsamt G-Stadt zu beziehen. Diese Mitteilung ging bei der Beklagten am 6. September 2002 ein. Nach der Durchführung weiterer medizinischer Ermittlungen während des Klageverfahrens erkannte die Beklagte mit Schriftsatz vom 23. Januar 2003 an, dass die Klägerin Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit habe aufgrund eines Leistungsfalles vom 13. Dezember 2002 ab Beginn des 7. Kalendermonats nach Eintritt des Leistungsfalles bis voraussichtlich 30. Juni 2006. Die Klägerin nahm das Anerkenntnis an und erklärte den Rechtsstreit für in der Hauptsache erledigt. Im Mai 2003 ergab eine Überprüfung der Aktenlage für die Beklagte, dass die Klägerin ab 7. Januar 2002 Arbeitslosengeld bezog. Die Beklagte wandte sich daraufhin an das Arbeitsamt G-Stadt mit der Bitte um Angabe der Höhe des der Leistung zugrunde liegenden Arbeitsentgeltes oder Arbeitseinkommens monatlich oder wöchentlich ab 7. Januar 2002. Diese Auskünfte erteilte das Arbeitsamt G-Stadt unter dem 2. August 2003. Mit Bescheid vom 14. August 2003 berechnete die Beklagte die Rente der Klägerin wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 1. Oktober 2003 neu, weil sich der Hinzuverdienst geändert hatte und sich die mit der Rente zusammentreffenden anderen Ansprüche geändert hätten. Hieraus folgte, dass die Rente ab 1. Oktober 2003 nicht gezahlt wurde. Unter dem 20. August 2003 hörte die Beklagte die Klägerin zu ihrer Absicht an, den Bescheid vom 26. Oktober 2001 mit Wirkung vom 7. Januar 2002 nach § 48 Sozialgesetzbuch X (SGB X) aufzuheben und die Überzahlung für die Zeit vom 7. Januar 2002 bis 30. September 2003 in Höhe von 6.586,96 Euro nach § 50 SGB X zurückzufordern. Mit Bescheid vom 22. August 2003 führte die Beklagte das Anerkenntnis vom 23. Januar 2003 aus und gewährte der Klägerin ab 1. Juli 2003 Rente wegen voller Erwerbsminderung. Im Anhörungsverfahren vertrat die Klägerin die Auffassung, die Beklagte sei nicht berechtigt, den Rentenbescheid zurückzunehmen, da die Rücknahme nicht innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen erklärt worden sei, die die Rücknahme für die Vergangenheit rechtfertigten. Die gesetzlich vorgesehene Jahresfrist sei abgelaufen gewesen. Die Beklagte habe spätestens am 6. September 2002 Kenntnis vom Arbeitslosengeldbezug der Klägerin gehabt, und zwar sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach. Zwar sei zu diesem Zeitpunkt noch keine positive Kenntnis von der Überschreitung der Hinzuverdienstgrenzen vorhanden gewesen, diese Unkenntnis führe jedoch nicht dazu, dass die maßgebliche Frist nicht zu laufen beginne. Tatsächlich habe die Beklagte hinreichende Kenntnis der die Rücknahme rechtfertigenden Tatsachen gehabt.

Mit Bescheid vom 24. Oktober 2003 berechnete die Beklagte die Rente der Klägerin wegen teilweiser...

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