Entscheidungsstichwort (Thema)

Kleine dynamische Verweisungsklausel

 

Leitsatz (redaktionell)

Verweist eine Altersteilzeitvereinbarung dynamisch auf einen Tarifvertrag, kann die Verweisung nur dann als Gleichstellungsabrede ausgelegt werden, wenn der Gleichstellungszweck im Wortlaut zum Ausdruck gekommen ist. Die Verweisung gilt auch im Fall der Nachwirkung des in Bezug genommenen Tarifvertrags, wenn dieser auf wiederum andere Tarifverträge verweist.

 

Normenkette

TVG § 4 Abs. 5; BGB §§ 133, 157

 

Verfahrensgang

ArbG Fulda (Urteil vom 12.11.2008; Aktenzeichen 3 Ca 59/08)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 14.12.2011; Aktenzeichen 4 AZR 30/10)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Fulda vom 12. November 2008 – 3 Ca 59/08 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Klarstellend wird Ziffer 2 des Tenors wie folgt gefasst:

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, ab dem 01. Dezember 2007 an den Kläger die Vergütung nach § 8 Abs. 2 des Rahmentarifvertrages in der Fassung vom 31. März 2006 in Verbindung mit § 1 des Tarifvertrages über die Tabellenvergütung und Ausbildungsvergütungen und die Übernahme von Ausgebildeten in der Fassung vom 02. November 2007 sowie dem Aufstockungsbetrag gemäß § 10 des Tarifvertrages über die Förderung der Altersteilzeit in der Fassung vom 01. Juli 2002, sämtlich abgeschlossen zwischen der Arbeitgebervereinigung energiewirtschaftlicher Unternehmen e. V. (AVE) und der Dienstleistungsgewerkschaft e. V. (ver.di), zu zahlen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die zwischen der Arbeitgebervereinigung energiewirtschaftlicher Unternehmen e. V. (AVE) und der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft e. V. (ver.di) abgeschlossenen Tarifverträge für das zwischen ihnen bestehende Altersteilzeitarbeitsverhältnis auch nach dem Verbandsaustritt der Beklagten dynamisch fortgelten.

Der am 17. März 1947 geborene, nicht tarifgebundene Kläger trat mit Wirkung zum 20. April 1976 in ein Arbeitsverhältnis zur Beklagten, die zu diesem Zeitpunkt Mitglied der AVE war. In § 2 des Arbeitsvertrages vom 20. April 1976 (Bl. 89, 90 d. A.) trafen die Parteien folgende Regelung:

„Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach dem jeweils gültigen Rahmentarifvertrag für die Versorgungs- und Verkehrsunternehmen, der zwischen der Arbeitgebervereinigung energiewirtschaftlicher Unternehmen e. V. einerseits und der Gewerkschaft öffentliche Dienste, Transport und Verkehr, Bezirksleitung Hessen sowie der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft, Landesverband Hessen, andererseits, abgeschlossen wurde.”

Unter dem 20. Juli 2004 (Anlage K 1 zur Klageschrift / Bl. 5, 6 d. A.) schlossen die Parteien einen „Vertrag über Altersteilzeit”. Danach sollte das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis unter Abänderung und Ergänzung nach Maßgabe der Vorschriften des geschlossenen Vertrages vom 01. Juli 2004 bis zum 30. Juni 2009 als Altersteilzeitarbeitsverhältnis im sog. Blockmodell fortgeführt werden. Der Vertrag lautet einleitend wie folgt:

„… wird auf der Grundlage des Tarifvertrages zur Förderung der Altersteilzeit in der jeweils gültigen Fassung, abgeschlossen zwischen der Arbeitgebervereinigung energiewirtschaftlicher Unternehmen e. V., Hannover, einerseits, und der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft e. V. (ver.di), vertreten durch die Landesbezirksleitung Hessen, Frankfurt/Main andererseits, folgende Vereinbarung geschlossen: …”

Beigefügt war dem Vertag gem. § 4 als „derzeit gültige Fassung des Tarifvertrages” ein Exemplar des unter dem 01. Juli 2002 zwischen AVE und ver.di Hessen geschlossenen Tarifvertrages zur Förderung der Altersteilzeit (TV-ATZ), der u. a. folgende Regelungen beinhaltet:

㤠9

Vergütung

1. Der Arbeitnehmer erhält für die Dauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses das Teilzeitarbeitsentgelt gem. § 9 Abs. 2 RTV (laufende Arbeitsbezüge) für die Altersteilzeit sowie die Aufstockungszahlung nach § 10 dieses Tarifvertrages.

2. Bei der Verteilung der Arbeitszeit gem. § 7 Nr. 2 wirken sich tarifliche Vergütungsänderungen und Stufensteigerungen auch während der Freistellungsphase auf das Arbeitsentgelt aus.

§ 18

Schlussbestimmungen

2. Dieser Tarifvertrag tritt am 31.07.2004 außer Kraft. Für Arbeitnehmer, die bis zu diesem Zeitpunkt in Altersteilzeit eingetreten sind, gelten die tariflichen Bestimmungen weiter. Im Übrigen wird die Nachwirkung gem. § 4 Abs. 5 TVG ausgeschlossen.

Durch Betriebsvereinbarung kann vor Ablauf des 31.07.2004 vereinbart werden, die Regelungen dieses Tarifvertrages auch über den 31.07.2004 bis max. zum 31.12.2009 fortzuführen. In diesem Fall gilt dieser Tarifvertrag in der jeweils für die Gruppe Hessen der AVE geltenden Fassung über den 31.07.2004 hinaus als firmenbezogener Verbandstarifvertrag weiter. Zu dem in der Betriebsvereinbarung vereinbarten Zeitpunkt tritt dieser firmenbezogene Verbandstarifvertrag außer Kraft. Für Arbeitnehmer, die bis zu diesem Zeitpunkt in Altersteilzeitarbeit eingetreten sind, gelten die Bestimmungen des firmenbezo...

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