Entscheidungsstichwort (Thema)

Absehen von der Anpassung der Betriebsrenten entsprechend der Steigerung der gesetzlichen Renten

 

Leitsatz (redaktionell)

Sieht eine Betriebsvereinbarung zur betrieblichen Altersversorgung vor, dass die Versorgungsbezüge jeweils entsprechend der Renten der gesetzlichen Rentenversicherung anzupassen sind, es sei denn, der Vorstand hält eine solche Veränderung der Gesamtversorgungsbezüge nicht für vertretbar, so kann eine hinter der Steigerung der gesetzlichen Renten zurückbleibende Anpassung der Betriebsrenten darauf gestützt werden, dass die rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in der Versicherungsbranche sich erheblich verändert haben und die Arbeitgeberin im Zuge dessen erhebliche Einschnitte beim Personal vorgenommen hat, von denen die Betriebsrentner bei im Übrigen gutem Versorgungsniveau nicht ausgenommen werden sollen.

 

Orientierungssatz

Auslegung einer Betriebsvereinbarung, die dem Betriebsrentner grundsätzlich einen vertraglichen Anpassungsanspruch gewährt, allerdings aus "vertretbaren" Gründen hiervon eine Ausnahme zulässt.

 

Normenkette

BetrAVG § 1

 

Verfahrensgang

ArbG Wiesbaden (Entscheidung vom 01.02.2017; Aktenzeichen 7 Ca 1321/16)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 19.11.2019; Aktenzeichen 3 AZR 281/18)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichtes Wiesbaden vom 01. Februar 2017 - 7 Ca 1321/16 - abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichtes Wiesbaden vom 01. Februar 2017 - 7 Ca 1321/16 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe der Anpassung von Versorgungsbezügen zum 01. Juli 2015 sowie zum 01. Juli 2016.

Der Kläger war bei einem Unternehmen des (ehemaligen) A Konzerns beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis bestand bis zum 31. Dezember 1997. Seit dem 01. August 2003 bezieht der Kläger neben der zum gleichen Zeitpunkt beginnenden gesetzlichen Altersrente betriebliche Altersrente.

Im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses schlossen die Parteien unter dem Datum 17. September 1997 eine Vereinbarung, in der unter anderem folgendes geregelt wurde:

"Die A Deutsche Lebensversicherung AG gewährt Herrn B, unabhängig von der Höhe außerbetrieblicher Leistungen oder Leistungen der Versorgungskasse der A VVaG, mit Beginn des Kalendermonats, von dem ab erstmals der Bezug einer Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung - gegebenenfalls auch mit Abschlägen - möglich ist, eine monatliche Rente von 1.578,05 DM brutto. Diese Rente wird nach den betrieblichen Bestimmungen angepasst."

Die Beklagte ist ein Lebensversicherungsunternehmen, das in den Deutschen C-Konzern eingebunden ist. Die C Deutschland AG (bis zum 15. September 2015 firmierend unter "C Deutschland Holding AG") ist die Holdinggesellschaft des C-Konzerns und als solche über eine Zwischenholding (die C Beteiligungs- und Verwaltungs-AG) insbesondere Muttergesellschaft der beiden Versicherungsgesellschaften C Versicherung AG und C Lebensversicherung AG (vormals A Deutsche Sachversicherung AG und A Deutsche Lebensversicherung AG). Die Beklage ist demgemäß als Rechtsnachfolgerin der ehemaligen Arbeitgeberin des Klägers Versorgungsschuldnerin.

Rechtsgrundlage der betrieblichen Altersversorgung sind die "Bestimmungen des Betrieblichen Versorgungswerkes, Stand 19. April 2002" (vgl. Anlage K1 zur Klageschrift, Bl. 19 - 42 d. A. und Anlage B3 zur Klageerwiderung, Bl. 166 - 189 d. A.). Die Bestimmungen des Betrieblichen Versorgungswerkes (im Folgenden: BVW) lauten auszugsweise wie folgt:

"Ausführungsbestimmungen des Betrieblichen Versorgungswerkes

§ 4 Höhe der Versorgungsbezüge

Die für die Bemessung der Pensionsergänzung maßgebenden Gesamtversorgungsbezüge werden wie folgt festgesetzt:

Gesamt-Ruhebezüge und Gesamt-Invaliditätsbezüge

Die für den Fall des Bezuges einer Alters- bzw. Erwerbsunfähigkeitsrente der Versorgungskasse zu gewährenden monatlichen Gesamt-Ruhebezüge bzw. Gesamt-Invaliditätsbezüge betragen 40 % + soviel Prozent, wie Dienstjahre bis zum Eintritt des Versorgungsfall verflossen sind, höchstens jedoch 70 % des pensionsfähigen Arbeitsentgelts nach Maßgabe der Ausführungsbestimmungen.(...)

§ 5 Zusammensetzung der VersorgungsbezügeErreichen die nachstehenden Leistungen zusammen in der Höhe nicht die erworbenen Gesamtversorgungsansprüche, wird eine Pensionsergänzungszahlung fällig:

Bestandteil der Gesamtversorgungsbezüge sind:

1.1. die Rentenleistungen der gesetzlichen Rentenversicherung hat der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung rentenindividuell zu kürzen, so gilt die ungekürzte Rente als Bestandteil der Gesamtversorgungsbezüge (z. B. familienrechtlicher Versorgungsausgleich).

1.2. die Renten aus der freiwilligen Höherversicherung bei Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung, soweit für sie ein freiwilliger Firmenzuschuss seitens der A geleistet wurde.

(...)

1.6. Renten der Versorgungskasse und die ihnen gleichges...

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