Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitnehmerentsendung. Betriebsabteilung

 

Leitsatz (amtlich)

1.Zur Frage, wann eine bauliche Betriebsabteilung iSv § 211 SGB III gegeben ist.

2.Der in § 18 Abs. 5 VTV/Bau statuierte Ausschluss der Aufrechnung mit Erstattungsansprüchen für vom Arbeitgeber geleistete Zahlungen von Urlaubsvergütungen an seine Arbeitnehmer gegenüber Beitragsansprüchen der Urlaubs- und Lohnausgleichskasse ist rechtlich nicht zu beanstanden.

 

Normenkette

AEntG § 1; SGB III § 211; VTV/Bau § 18 Abs. 5

 

Verfahrensgang

ArbG Wiesbaden (Urteil vom 13.11.2002; Aktenzeichen 7 Ca 2670/00)

 

Tenor

DasVersäumnisurteil des Landesarbeitsgerichts vom 28. Juli 2003 wird aufrechterhalten.

Die Beklagte hat auch die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung von Urlaubskassenbeiträgen für die von ihr in der Zeit von Januar 2000 bis Juni 2001 in Deutschland beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer.

Der Kläger ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes. Er hat nach den für allgemeinverbindlich erklärten tarifvertraglichen Regelungen des Baugewerbes (Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe [BRTV/Bau]; Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe [VTV]) insbesondere die Aufgabe, die Auszahlung der tarifvertraglich vorgesehenen Urlaubsvergütung zu sichern. Zu diesem Zweck haben die den Bautarifverträgen unterfallenden Arbeitgeber monatliche Beiträge in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes der Bruttolohnsumme der beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer an den Kläger zu zahlen.

Die Beklagte ist eine juristische Person polnischen Rechts mit Sitz in (Polen). In den Kalenderjahren 2000 und 2001 führte sie mit Hilfe aus Polen entsandter polnischer Arbeitnehmer auf der Grundlage von Werkverträgen als Subunternehmerin in der Bundesrepublik Deutschland Brückenbau-, Tunnelbau- und Gebäudeerrichtungsarbeiten durch. In Hanau unterhält die Beklagte ein von ihr auf dem Firmenstempel als „Betriebsstätte in Deutschland” bezeichnetes Büro. Von diesem Büro aus wird die Lohnbuchhaltung bezüglich der in Deutschland eingesetzten Arbeitnehmer bearbeitet. Ein Prokurist der Beklagten ist für die Tätigkeiten der Beklagten in Deutschland zuständig, die Verträge mit deutschen Unternehmen werden über das Büro in Hanau abgewickelt.

Der Kläger hat vorgetragen, die Beklagte sei aufgrund ihrer baugewerblichen Tätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland zur Zahlung von Urlaubskassenbeiträge für ihre nach Deutschland entsandten und hier beschäftigten Arbeitnehmer verpflichtet. Arbeitszeitlich überwiegend seien in den Jahren 2000 und 2001 von der Beklagten, auch unter Berücksichtigung ihrer Tätigkeit in Polen, die Arbeiten durchgeführt worden, die von ihr in Deutschland erbracht worden seien. Das ergebe sich aus der Auskunft einer Wirtschaftsauskunftei. Im übrigen entspreche nur dies auch einer lebensnahen Betrachtungsweise. In jedem Fall unterhalte die Beklagte in Deutschland eine selbständige Betriebsabteilung. Von der Hanauer Betriebsstätte aus würden die Aufträge in Deutschland akquiriert und verwaltet. Entsprechend schulde die Beklagte Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes für die Monate Januar 2000 bis Juni 2001. Die Beitragsforderung berechne er anhand der tariflichen Mindestlöhne, einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 7,8 Stunden pro Arbeitstag, der sich aus den Meldungen gegenüber den Landesarbeitsämtern bzw. der Zollverwaltung ergebenden Beschäftigungsdauer entsandter Arbeitnehmer und dem tariflichen Beitragssatz. Daraus errechne sich ein Beitrag von EUR 75.103,59, den die Beklagte mindestens schulde.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger EUR 75.103,59 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, sie schulde dem Kläger keine Beiträge, weil sie nicht verpflichtet sei, für ihre nach Deutschland entsandten Arbeitnehmer Sozialkassenbeiträge zu zahlen. Im Übrigen handele es sich bei ihr um ein Unternehmen, das nicht überwiegend baugewerblichen Tätigkeiten ausführe. Ihr Geschäftsgegenstand in Polen bestehe insbesondere in Handel, Spedition und Transport, den größten Arbeitszeitaufwand erbrächten die in Polen beschäftigten Arbeitnehmer für diese Tätigkeiten. Während in Polen zwischen 28 und 35 Arbeitnehmer für derartige Tätigkeiten eingesetzt seien, seien im Klagezeitraum nur 5 bis maximal 7 Arbeitnehmer mit Bauleistungen beschäftigt gewesen. Im übrigen sei die Forderungsberechnung des Klägers unzutreffend. Die tatsächliche Arbeitszeit der entsandten Arbeitnehmer sei, wie sich aus der Auflistung der monatlichen Arbeitsstunden (Bl 83 bis 92 d.A.) ergebe, viel niedriger gewesen. Schließlich habe sie ihren Arbeitnehmern bereits direkt das diesen zustehende Urlaubsgeld gezahlt, nämlich im März 2001 an inzwischen ausgeschiedene Arbeitnehmer jedenfalls insgesamt EUR 3.784,49.

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit sein...

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