Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch des Betriebsrats auf Zugang zum Internet

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein eigener Internetzugang ist regelmäßig erforderlich für die Betriebsratsarbeit.

 

Orientierungssatz

Parallelentscheidung zum Beschluss des Gerichts vom 09.07.2009, 9 TaBV 258/08, der vollständig dokumentiert ist.

 

Normenkette

BetrVG § 40 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Wiesbaden (Beschluss vom 06.11.2008; Aktenzeichen 4 BV 13/08)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 23.03.2010; Aktenzeichen 7 ABR 132/09)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 06. November 2008 – 4 BV 13/08 – abgeändert.

Die Beteiligte zu 2) wird verpflichtet, dem Beteiligten zu 1) einen Internetzugang zur Nutzung im Betriebsratsbüro einzurichten.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Der Betriebsrat verlangt von der Arbeitgeberin, ihm einen Zugang zum Internet einzurichten.

Der Antragsteller und Beteiligte zu 1) ist der in der Filiale der Beteiligten zu 2), einer Bekleidungshandelskette, in A (Filiale X) gebildete, aus fünf Mitgliedern bestehende Betriebsrat. Die Beteiligte zu 2) beschäftigt in ihren rund 200 Filialen bundesweit etwa 16.000 Arbeitnehmer. Die Filialen sind jeweils als eigenständige Betriebe organisiert. Eine Mitarbeiterin ist als Kassenverantwortliche tätig und erledigt hierbei die in der Filiale anfallenden Verwaltungsaufgaben wie etwa die Abrechnung der Mehrarbeit. Eine Ausstattung mit Schreibtisch und PC gibt es nur im Lager, nicht im Verkauf. In der Filiale arbeiten mit PC nur der Schaufensterdekorateur und die Kassenverantwortliche. Beide PCs sind weder mit einem Internetanschluss noch mit einem E-Mail-Programm ausgestattet. Der dritte PC in der Filiale befindet sich im Betriebsratsbüro und verfügt über einen Zugang zum Intranet und einen E-Mail-Account. Der Filialleiter (Store Manager) ist nicht mit einem PC ausgerüstet. Die Mitglieder des GBR-Ausschusses verfügen über einen Internetanschluss.

Der Beteiligte zu 1) ist der Ansicht gewesen, das Verlangen nach einem Internetanschluss bewege sich im Rahmen seines Beurteilungsspielraums. Ihm müsse die Möglichkeit zugestanden werden, im Internet zu recherchieren, um ungeklärte Rechtsauffassungen klären zu können und aktuelle Urteile in Erfahrung zu bringen. Er habe in letzter Zeit Themen, mit denen er sich befasst habe, privat im Internet recherchiert wie der Eingruppierung bei kommissarisch wahrzunehmenden Aufgaben und der Ausbildung mit Zusatzfunktion, übertarifliche Zulagen, Lohngerechtigkeit im Betrieb, freiwillige Zulagen, Arbeits- und Gesundheitsschutz, Durchsetzung der Bildung eines ASA, Temperatur Ober- und Untergrenzen, Durchsetzung einer Betriebsvereinbarung „Betriebliches Rauchverbot”, Nichtraucherschutzgesetz, schleichender Personalabbau, Durchsetzungsmöglichkeiten zur Arbeitsplatzsicherung, Auszubildende, unwirksame Rückzahlungsklauseln für Ausbildungskosten, außerbetriebliche Auszubildende, Kündigung von Auszubildenden, Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis, Einigungsstelle zum AGG, Diskriminierung älterer Arbeitnehmer, Diskriminierung von Musliminnen (Kopftuchverbot), Kündigungsschutz für Betriebsratsmitglieder, Gehaltsfortzahlung bei Beschäftigungsverboten, Entfernung von Abmahnungen aus der Personalakte, Arbeitnehmerbeschwerden im Einigungsstellenverfahren, Durchsetzung eines Tarifvertrages zu Überstunden, Unwirksamkeit befristeter Arbeitsverträge, Entfristungen, Beschäftigung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers, Pflichten des Arbeitgebers, Voraussetzungen zur Beschäftigung für Hörgeschädigte, Beschäftigung von Praktikanten, ihre Rechte und Pflichten und ihre Übernahme.

Der Betriebsrat hat behauptet, er habe am 8. Sept. 2008 einen ordnungsgemäßen Beschluss zur Einleitung dieses Verfahrens gefasst, nachdem am 3. Sept. 2008 durch die Betriebsratsvorsitzende Frau B unter Mitteilung der Tagesordnung zu der Betriebsratssitzung eingeladen worden sei. An der Sitzung hätten die ordentlichen Betriebsratsmitglieder B, C, D, E und F teilgenommen.

Der Betriebsrat hat beantragt,

die Arbeitgeberin zu verpflichten, ihm einen Zugang zum Internet zur Nutzung im Betriebsratsbüro zur Verfügung zu stellen.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Die Arbeitgeberin hat vorgetragen, Ansprechpartner für die örtlichen Betriebsräte seien allein die Filialleiter, in der Filiale X Herr G. Er entscheide alle mitbestimmungsrechtlich relevanten Fragen alleinverantwortlich, so die personellen Maßnahmen nach §§ 99, 100 BetrVG, die Teilnahme der Betriebsratsmitglieder an Schulungen und die Überstunden. Die PC-Ausstattung entspreche ihrem unternehmensweiten Konzept. Dem Vortrag des Betriebsrats ließe sich nicht entnehmen, für welche konkreten betrieblichen Aufgaben das Internet erforderlich gewesen sein soll. Die zum Teil schlagwortartig angeführten angeblichen Recherchen zeigten keine betriebliche Relevanz.

Bei den Kosten seien noch die Schulungskosten für den Umgang mit dem Internet zu berücksichtigen. Es we...

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