Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Vollzug einer Schenkung durch Eintragung einer Auflassungsvormerkung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine Grundstücksschenkung ist trotz der Erklärung der Auflassung und deren Eintragungsbewilligung noch nicht im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG ausgeführt, solange der Beschenkte sich vertraglich verpflichtet hat, von der Eintragungsbewilligung vorerst keinen Gebrauch zu machen oder aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen noch nicht in der Lage ist, die Eintragung beim Grundbuchamt zu beantragen.

2. Eine Schenkung ist erst im Zeitpunkt des Todes des Schenkers vollzogen, wenn die Vertragsparteien die vollen (schuldrechtlichen und dinglichen) Wirkungen des Vertrages erst mit dem Tode des Schenkers eintreten lassen wollen.

3. Die Eintragung einer Auflassungsvormerkung im Grundbuch vermittelt zwar eine gesicherte Rechtsposition in Form eines Anwartschaftsrechts, sie beinhaltet jedoch noch nicht den Vollzug einer Grundstücksschenkung.

4. Solange ein Anwartschaftsrecht noch nicht zum Vollrecht erstarkt ist, stellt es keinen tauglichen Erwerbsgegenstand dar.

 

Normenkette

ErbStG § 7 Abs. 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2

 

Streitjahr(e)

2000

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 02.02.2005; Aktenzeichen II R 26/02)

 

Tatbestand

Streitig ist zwischen den Beteiligten, zu welchem Zeitpunkt eine Grundstücksübertragung an die Klägerin seitens ihrer Tante erfolgt ist.

Am 19. Dezember 1995 schlossen die Klägerin und ihre Tante, einen Übergabevertrag hinsichtlich des Grundstückes G ab. Das Grundstück stand im Alleineigentum der Tante. Unter Abschnitt B des notariellen Vertrages wurde u.a. vereinbart, dass die Übergeberin der Übernehmerin das Grundstück zu Alleineigentum zu folgenden Bedingungen übergibt:

„1. Die Übergabe erfolgt mit dem Tod der Übergeberin. Gefahr, Nutzung, öffentliche Abgaben und Lasten sowie die Verkehrssicherungspflicht gehen mit der Übergabe, das Eigentum geht mit der Eintragung ins Grundbuch über.”

Unter Abschnitt C des notariellen Vertrages wurden folgende Erklärungen für das Grundbuchamt von den Vertragsparteien abgegeben:

1. Vormerkung:

Die Übergeberin bewilligt und beantragt, den Anspruch der Übernehmerin auf Eigentumsverschaffung im Grundbuch vorzumerken. Die Übernehmerin bewilligt und beantragt, die Vormerkung mit Eigentumsumschreibung zu löschen, sofern nicht ohne ihre Mitwirkung Zwischeneintragungen erfolgt sind.

2. Auflassung:

Über den Eigentumsübergang einig, bewilligen und beantragen die Vertragsparteien, die Eigentumsänderung gegen Vorlage der Sterbeurkunde der Übergeberin in das Grundbuch einzutragen. Das Eigentum ist einzutragen für die

Übernehmerin zu Alleineigentum.

Nachdem die Übergeberin am 12. April 1999 verstorben war, wurde die Umschreibung des Grundstückes auf die Klägerin durch das Grundbuchamt durchgeführt.

Mit Steuerbescheid vom 14. September 2000 setzte das Finanzamt wegen dieser Übertragung Schenkungsteuer i.H.v. 46.971,-- DM gegen die Klägerin fest. Als Bemessungsgrundlage legte das beklagte Finanzamt den vom Finanzamt durch Feststellungsbescheid vom 18. August 2000 ermittelten Grundbesitzwert i.H.v. 300.000,-- DM der Besteuerung zu Grunde. Das

Finanzamt ging dabei davon aus, dass der Vollzug der Grundstücksübertragung erst mit dem Tode der Übergeberin erfolgt sei.

Der hiergegen gerichtete Einspruch, mit dem die Klägerin geltend machte, die Grundstücksübertragung sei bereits am 19. Dezember 1995 durch den Abschluss des notariellen Vertrages erfolgt, wies das Finanzamt durch Einspruchsentscheidung vom 7. November 2000 als unbegründet zurück. Nach Ansicht des Finanzamtes sei die Übertragung des Grundstückes mit dem Abschluss des Übergabevertrages vom 19. Dezember 1995 noch nicht ausgeführt worden, denn die Vereinbarungen im Vertrag hätten die Klägerin nicht in die Lage versetzt, den Eintritt der Rechtsänderung vor dem Tod der Übergeberin herbeiführen zu können. Im Einzelnen wird auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung Bezug genommen.

Hiergegen richtet sich die Klage.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Grundstücksübertragung bereits mit Abschluss des notariellen Vertrages im Dezember 1995 vollzogen sei, so dass die Steuerfestsetzung nach dem bis zum 31. Dezember 1995 geltenden Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) zu erfolgen habe. Da ihr Anspruch auf Eigentumsverschaffung entsprechend der vertraglichen Regelungen in Abschnitt C 1. des Vertrages durch Eintragung einer Auflassungsvormerkung - die Eintragung

der Vormerkung ist am 26. Februar 1996 erfolgt - gesichert sei, habe sie eine unentziehbare Rechtsposition erlangt. Wäre sie vor der Übergeberin verstorben, so wäre ihr Anspruch auf ihre Erben übergegangen. Die Übertragung habe lediglich unter einer Befristung (Tod der Übergeberin) gestanden, was für den Vollzug der Schenkung unbeachtlich sei, da der Eintritt der Befristung nicht mehr im Willensbereich der Beteiligten gelegen habe. Materiellrechtlich habe es sich bei dem Übergabevertrag um einen unbedingten Schenkungsvertrag gehandelt. Lediglich der abschließende...

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