6.1 Einigungsgrundsatz

Nachweis der Einigung

Eine auf einem Rechtsgeschäft beruhende Grundbucheintragung setzt nach materiellem Recht die Einigung der Beteiligten über die Rechtsänderung voraus (§ 873 Abs. 1 BGB). Diese Einigung nennt sich bei der Übereignung von Grundstücken Auflassung (§ 925 BGB). In Abweichung von dem nachfolgend erläuterten Bewilligungsgrundsatz darf das Grundbuchamt eine Eintragung bei der Auflassung , im Fall der Bestellung, Inhaltsänderung und der Übertragung eines Erbbaurechts (§ 11 ErbbauVO) sowie bei der Einräumung und Aufhebung von Sondereigentum (§ 4 WEG) nur bei Nachweis der materiell-rechtlichen Einigung vornehmen (§ 20 GBO; sog. materielles Konsensprinzip). Dieses Nachweiserfordernis ersetzt freilich nicht die Bewilligung i. S. d. § 19 GBO. Diese muss vielmehr hinzutreten, kann gegebenenfalls durch Auslegung der sachlich-rechtlichen Einigung entnommen werden.

6.2 Bewilligungsgrundsatz

Vorlage der Bewilligung reicht

In allen übrigen Fällen braucht das Grundbuchamt das Vorliegen einer rechtsgültigen Einigung nicht nachzuprüfen. Hier genügt für die Eintragung einer Rechtsänderung, d. h. die Begründung, Inhaltsänderung oder Belastung eines Rechts, Löschung oder Eintragung einer Grundbuchberichtigung, die Vorlage einer Bewilligung der Eintragung durch den Betroffenen (§ 19 GBO; sog. formelles Konsensprinzip). Ob die zur Rechtsänderung nötigen materiell-rechtlichen Voraussetzungen vorliegen, muss dass Grundbuchamt nicht prüfen. Zweck dieses formellen Konsensprinzips ist es, das Grundbuchverfahren zu erleichtern und zu beschleunigen.

6.3 Grundsatz der Sachprüfung

Umfang der Prüfungspflicht umstritten

Das Grundbuchamt hat alle in Betracht kommenden Vorschriften, auch bloße Ordnungsvorschriften, zu beachten. Es darf nicht bewusst dabei mitwirken, das Grundbuch unrichtig zu machen.[1] Umfang und Grenzen dieser aus den §§ 82 ff. GBO hergeleiteten Amts- und Prüfungspflichten des Grundbuchamts sind bis heute umstritten. Aus dem Bewilligungsgrundsatz folgt, dass das Grundbuchamt die sachliche Richtigkeit der bewilligten Eintragung nicht nachzuprüfen hat. Ihm obliegt weder im Interesse der Beteiligten noch des Rechtsverkehrs eine allgemeine Rechtsfürsorge für die materielle Richtigkeit der im Grundbuch ausgewiesenen Rechtsverhältnisse.[2] Praktisch bedeutsam wurde die Frage, ob und wieweit das Grundbuchamt vor der Eintragung einer Auflassungsvormerkung den schuldrechtlichen Anspruch zu prüfen hat. Nach der ganz h. M. darf das Grundbuchamt einen Eintragungsantrag nur beanstanden, wenn es aufgrund feststehender Tatsachen zur sicheren Kenntnis oder Überzeugung gelangt, dass durch die beantragte Eintragung das Grundbuch dauernd unrichtig würde[3], bei der Auflassungsvormerkung also der gesicherte Anspruch nicht entstanden ist und auch nicht mehr entstehen kann. Soweit ausnahmsweise das Grundbuchamt die Eintragungsbewilligung anhand des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (§§ 305 ff. BGB) überprüfen kann – vor allem bei Hypothekenbestellungsurkunden und im Zusammenhang mit der Bestellung oder Inhaltsänderung eines Erbbaurechts – gilt für den Umfang der Prüfungspflicht[4] das oben Gesagte.

[2] OLG Karlsruhe, Beschluss v. 4.11.1993, 11 Wx 61/93, Rpfleger 1994 S. 248.
[3] BGH, Beschluss v. 3.10.1985, V ZB 18/84, Rpfleger 1986 S. 9; Demharter, GBO 24. Aufl. 2002, Rn. 29, Anhang zu § 13.
[4] Zum Ganzen siehe Demharter, GBO § 19 Rn. 40 ff. m. w. N.; Schöner/Stöber, 15. Aufl. 2012, Rn. 211.

6.4 Eintragungsbewilligung

Nachweis durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden

Eine Eintragung darf grundsätzlich nur erfolgen, wenn derjenige, dessen Recht von ihr betroffen wird, sie bewilligt (§ 19 GBO). Die Bewilligung ist eine einseitige, an das Grundbuchamt gerichtete Erklärung des Inhalts, dass man mit einer bestimmten Eintragung oder Löschung einverstanden ist. Sie ist zu trennen von der materiell-rechtlichen Erklärung, ein materielles Recht zu begründen, zu übertragen oder aufzuheben, wie sie meist Bestandteil der dinglichen Einigung ist. Der Ausdruck "bewilligen" muss freilich nicht gewählt werden. Verfahrenshandlungen sind analog §§ 133, 157 BGB auszulegen; es genügt daher, wenn der Erklärung unzweifelhaft entnommen werden kann, dass der Betroffene die Eintragung dulden will. Neben der Bewilligung muss der in Abschn. 6.5 behandelte Eintragungsantrag vorliegen. Beide Erklärungen werden in der Praxis regelmäßig miteinander verbunden. Die Bewilligung muss – anders als der Antrag – durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde nachgewiesen werden (§ 29 Abs. 1 GBO, sog. Formgrundsatz).[1]

Wirksamwerden der Bewilligung

Die Bewilligung wird grundsätzlich nicht bereits mit der Ausstellung wirksam, sondern erst, wenn die Urkunde mit dem Willen des Erklärenden dem Grundbuchamt oder zur Vorlage beim Grundbuchamt dem Adressaten der Bewilligung in Urschrift, Ausfertigung oder beglaubigter Ablichtung zugeht.[2] Bis zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens kann die Bewilligung ...

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