Der BFH sieht das anders! Beim Erwerb von Teileigentum sei der vereinbarte Kaufpreis als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer nicht um die anteilige Erhaltungsrücklage zu mindern. Die anteilige Erhaltungsrücklage sei Teil des Gemeinschaftsvermögens und damit kein Vermögen des Wohnungseigentümers. Anders als das Zubehör eines Grundstücks i. S. d. §§ 97 Abs. 1 Satz 1, 98 Nr. 1 BGB, welches nicht der Grunderwerbsteuer unterliege, könne die (anteilige) Erhaltungsrücklage daher beim Eigentumserwerb durch Rechtsgeschäft nicht auf den Erwerber übergehen. Auch wenn die Vertragsparteien vereinbaren würden, dass ein Teil des Kaufpreises für die Übernahme des in der Erhaltungsrücklage angesammelten Guthabens geleistet und der Erhaltungsrücklage im Kaufvertrag folglich ein eigenständiger Wert zugemessen werde, handele es sich nicht um Aufwand für die Übertragung einer geldwerten Vermögensposition. Auch der mit dem Eigentumsübergang des Teileigentums verbundene gesetzliche Übergang der Mitgliedschaft in der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer auf den Erwerber rechtfertige es nicht, die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer um die anteilig auf das Teileigentum entfallende Erhaltungsrücklage zu mindern. Die Mitgliedschaft könne für sich allein nicht Gegenstand einer gesonderten Veräußerung sein.

Hinweis

  1. Das WEG ordnet in § 9a Abs. 3 WEG an, dass das Gemeinschaftsvermögen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gehört. Zum Gemeinschaftsvermögen gehören u. a. Vorschüsse auf die Erhaltungsrücklage und die Erhaltungsrücklage selbst. Die Wohnungseigentümer sind zwar Mitglieder der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und können durch Beschluss entscheiden, wie die Mittel der Erhaltungsrücklage eingesetzt werden. Die Mittel können auch nur für die Immobilie und also nur für die Wohnungseigentümer ausgegeben werden, die sie durch den Einsatz also mittelbar und wirtschaftlich betrachtet "zurückerlangen". Eigentümerin der angesammelten, aber nicht eingesetzten Erhaltungsrücklage ist aber die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Kein Wohnungseigentümer hat daran einen auch nur ideellen Anteil. Verkauft eine Person ihr Wohnungseigentum, kann sie vor diesem Hintergrund dem Käufer im notariellen Kaufvertrag keinen Anspruch an der Erhaltungsrücklage verkaufen.
  2. Aus dieser Rechtslage zieht nun auch der BFH die richtigen Schlüsse. Dies war auch zu erwarten. Er hatte bereits entschieden, dass beim Erwerb eines Wohnungseigentumsrechts im Wege der Zwangsversteigerung ein in der Erhaltungsrücklage angesammeltes "Guthaben" nicht in die grunderwerbsteuerrechtliche Gegenleistung einbezogen werden kann (BFH, Urteil v. 2.3.2016, II R 27/14, DStR 2016 S. 1108 Rz. 10). Jetzt ist geklärt, dass bei einem rechtsgeschäftlichen Erwerb nichts anderes gilt.

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