Rz. 42

Um die zwingende Nachlassabwicklung insbesondere in Fällen, bei denen nur ein Teil des Nachlasses in Großbritannien belegen ist, ganz zu vermeiden, kann es sich empfehlen, die Vermögensanlagen zu Lebzeiten so zu treffen, dass diese nicht in den vom executor verwalteten Nachlass fallen. Dafür kommen wie im englischen Recht die Begründung eines inter vivos trust, die Schenkung auf den Todesfall (donatio mortis causa, die jedoch auch im schottischen Recht voraussetzt, dass der geschenkte Gegenstand übergeben wird), Versicherungsverträge auf den Todesfall sowie bestimmte Fondsanlagen oder Anleihen mit Bezugsberechtigung (sog. nominations, die jedoch meistens aufgrund des Administrations of Estates (Small Payments) Act 1965 nur bis £ 5.000 befreit sind) in Betracht.[51]

 

Rz. 43

Die joint tenancy des englischen Rechts kennt dagegen Schottland nicht. Mehrere Personen werden sachenrechtlich Miteigentümer von common property, bei dem jeder Anteil grundsätzlich rechtlich selbstständig ist. Eine dem right of survivorship der joint tenancy ähnliche Regelung hat sich allerdings in Schottland historisch entwickelt, wenn in die Eigentumsdokumente (title deeds) von Immobilien ausdrücklich eine sog. special destination aufgenommen wird. Inhalt einer solchen Verfügung kann sein, dass das gemeinsame Eigentum im Todesfall auf den überlebenden Eigentümer oder sogar auf einen Dritten übergeht. Tritt der Todesfall dann ein, fällt das Eigentum direkt an die benannte Person und nicht in den vom executor verwalteten Nachlass. Zu Lebzeiten kann allerdings grundsätzlich jeder Miteigentümer über seinen Anteil frei verfügen und die special destination – mit Ausnahmen bei entgeltlichen, bindenden Verträgen – widerrufen.[52]

 

Rz. 44

 

Praxishinweis:

Für bewegliches Vermögen in Schottland steht die special destination nur zur Verfügung, wenn das Eigentumsrecht in einer title deed verkörpert ist, wie z.B. bei Aktien. Bei anderen Vermögensanlagen, insbesondere bei Bankkonten auf gemeinsame Namen, kann sie dagegen – im Unterschied zur englischen joint tenancy – nicht verwendet werden. Bei beweglichem Vermögen im Ausland erkennt Schottland aber aufgrund des Vorrangs des jeweiligen Sachstatuts vor dem Erbstatut Anwachsungsrechte (wie z.B. bei der joint tenancy in England oder der Gesellschaft bürgerlichen Rechts in Deutschland) an. Diese Gegenstände sind dann weder vom executor zu verwalten, noch werden sie in die Pflichtteilsrechte (legal rights) einbezogen.

[51] Vgl. Hayton, Rn 4.93 ff.; zum trust im schottischen Recht einführend Gordon, S. 96 ff.
[52] Vgl. dazu eingehend Macdonald, Rn 5.02 ff.; Gibb/Gordon, S. 69 ff.

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