Rz. 9

Aus dem nach Erfüllung der prior rights verbleibenden Restnachlass sind in einem zweiten Schritt vom executor die sog. legal rights des Ehegatten und der Abkömmlinge des Verstorbenen zu erfüllen:[12] Der überlebende Ehegatte hat danach Anspruch auf ein Drittel des beweglichen Nachlasses, wenn auch Abkömmlinge des Erblassers vorhanden sind, und auf die Hälfte, wenn nur sonstige Verwandte Erbe werden (sog. Relict’s part).[13] Die Kinder des Verstorbenen (bzw. ersatzweise deren Abkömmlinge)[14] haben ebenfalls ein Recht auf ein Drittel des beweglichen Nachlasses neben dem Ehegatten des Verstorbenen und auf die Hälfte, wenn der Erblasser keinen Ehegatten hinterließ (sog. legitim).

 

Rz. 10

Erbfähig ist jede Person, die den Erblasser überlebt. Anders als das englische Recht kennt Schottland dabei weder Mindest-Überlebensfristen für den Ehegatten noch Sonderregelungen für minderjährige Kinder. Adoptierte und nichteheliche Kinder stehen seit dem Law Reform (Parent and Child) (Scotland) Act 1986 den ehelichen in allen Rechten gleich.

 

Rz. 11

Da die legal rights nur aus dem verbleibenden beweglichen Nachlass berechnet werden, muss der executor sowohl bei der Erfüllung der Nachlassverbindlichkeiten, die nicht mit bestimmten Nachlassgegenständen verbunden sind, als auch bei der Erfüllung des als prior right festgesetzten Geldvermächtnisses bewegliches und unbewegliches Vermögen unterscheiden: im Regelfall sind beide Nachlassmassen im Verhältnis ihrer Werte zueinander zur Erfüllung dieser vorrangigen Forderungen heranzuziehen.[15]

 

Rz. 12

Wenn ein Kind sein legal right geltend macht, muss er grundsätzlich lebzeitige Zuwendungen des Erblassers zur Ausgleichung bringen (sog. collatio inter liberos). Dabei wird die Zuwendung rechnerisch dem zu verteilenden beweglichen Nachlass hinzugerechnet und sodann von dem daraus errechneten Anteil des Beschenkten abgezogen. Der Erblasser kann jedoch die Ausgleichungspflicht zu Lebzeiten oder testamentarisch ausschließen. Ferner ist zu beachten, dass nur Zuwendungen von beweglichem Vermögen ausgleichungspflichtig sind, nicht jedoch die lebzeitige Überlassung von Immobilien. Zuwendungen an Ehegatten unterliegen dagegen nicht der Ausgleichung.[16]

[12] Vgl. s. 10 (2) Succession (Scotland) Act 1964; dazu Gibb/Gordon, S. 16 ff.; Macdonald, Rn 4.34.
[13] Die entsprechenden Rechte des längerlebenden Civil Partner werden üblicherweise als "rights under s. 131 Civil Partnership Act 2004" beschrieben.
[14] S. 11 (1) und (2) Succession (Scotland) Act 1964 folgt dabei einem komplizierten gemischten System zwischen der Erbfolge nach Stämmen und nach Köpfen. Maßgeblich für die Verteilung ist der nächste noch lebende Verwandtschaftsgrad: Lebt z.B. noch ein Kind des Erblassers und ist ein anderes bereits vorverstorben, wird der legitim zu je ein Halb auf das noch lebende Kind und auf den Stamm des vorverstorbenen Kindes verteilt; leben dagegen beide Kinder nicht mehr, steht der legitim allen Enkeln (bzw. wiederum deren Stämmen) nach Köpfen zu, unabhängig davon, wie viele Enkel aus jeder Familie stammen; vgl. Meston, S. 78 ff.; Hiram, S. 109 f.
[15] Vgl. dazu und zur Unterscheidung von moveable und heritable property, die nicht genau mit der kollisionsrechtlichen Differenzierung des beweglichen und unbeweglichen Vermögens übereinstimmt, Macdonald, Rn 4.38 ff.; Berechnungsbeispiel bei Gibb/Gordon, S. 18 f.
[16] Vgl. Gibb/Gordon, S. 20 f.; Macdonald, Rn 4.59 ff.; Hilram, S. 112 ff.

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