Rz. 5

Die praktische Anwendbarkeit der Regelung erstreckt sich auf folgende Fälle:

  • Sind mehrere Gläubiger an dem Erlös beteiligt, z. B. durch Anschluss- bzw. Doppelpfändung, oder verlangt ein rangschlechterer Gläubiger eine andere Verteilung, etwa weil er z. B. einen Arrest (§ 930 ZPO) oder eine Vorpfändung behauptet oder die Wirksamkeit der Pfändung bzw. der Vorpfändung eines sonst vorrangigen Gläubigers bestreitet und reicht der Erlös nicht zur Deckung aller Ford. aus, so ist durch den Gerichtsvollzieher eine Hinterlegung nach dem jeweiligen HinterlG vorzunehmen (§ 155 Satz 2 Nr. 3 GVGA). Die Hinterlegung hat der Gerichtsvollzieher dem Vollstreckungsgericht gem. § 827 Abs. 2 ZPO anzuzeigen.
  • Hat der Gerichtsvollzieher für mehrere Gläubiger gleichzeitig gepfändet, so muss er ebenfalls den Erlös gem. § 827 Abs. 3 ZPO hinterlegen.
  • Gleiches gilt, wenn der Anspruch auf Herausgabe einer beweglichen körperlichen Sache von mehreren Gläubiger gepfändet wurde und Streit darüber besteht, an wen herauszugeben ist. Hier erfolgt nach § 854 Abs. 1 ZPO zunächst eine Herausgabe an den Gerichtsvollzieher, der die Sache verwertet (§ 847 Abs. 2 ZPO) und den nicht hinreichenden Erlös nach § 854 Abs. 2 ZPO hinterlegt (vgl. § 155 Satz 2 Nr. 3 GVGA).
  • Wurde eine Geldforderung des Schuldners von mehreren Gläubiger ggü. dem Drittschuldner gepfändet, so ist dieser berechtigt und auf Verlangen eines Gläubiger verpflichtet, den Betrag zu hinterlegen (§ 853 ZPO). Mit der Hinterlegung hat zugleich eine Anzeige des Sachverhalts an das Vollstreckungsgericht zu erfolgen, dessen Beschluss zuerst zugestellt wurde. Bei nicht ausreichendem Erlös schließt sich ein Verteilungsverfahren an.
 

Rz. 6

Bei einer Hinterlegung nach § 827 ZPO haben die Pfändungsgläubiger ihre Rechte vorrangig im Verteilungsverfahren nach den § 872ff. ZPO wahrzunehmen, wobei einem Vollstreckungsgläubiger nach ungerechtfertigter Zwangsvollstreckung eines anderen Gläubiger bereicherungsrechtliche Ansprüche nach den §§ 812ff. BGB verbleiben (OLG Oldenburg, NdsRpfl 1992, 175). Bis zur Ausführung des Verteilungsplans sind materiell-rechtliche Klagen auf Zustimmung zur Auszahlung oder auf Verzicht der durch die Hinterlegung erlangten Sperrposition unzulässig (Musielak/Voit/Becker, § 872 Rn. 7 m. w. N.), nicht hingegen solche nach §§ 767, 768 ZPO. Fehlt die zur Eröffnung des Verteilungsverfahrens zwingend erforderliche Anzeige, kann der Gerichtsvollzieher nach § 766 ZPO zu deren Erstellung angehalten und gegen den Drittschuldner aus einer Überweisung (§ 835 ZPO) weiter vorgegangen werden (LG Berlin, Rpfleger 1981, 453; Musielak/Voit/Becker, § 872 Rn. 3).

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