Rz. 24

In der Zwangsvollstreckung entscheidet die Frage der Zubehöreigenschaft über die Art der Vollstreckung: Zubehör wird gem. Abs. 2 vollstreckungsrechtlich wie unbewegliches Vermögen behandelt (Vieweg, JurisPK-BGB, § 97 Rn. 3).

 

Rz. 25

Die Zubehöreigenschaft eines beweglichen Gegenstandes richtet sich allein nach materiellem Recht (§§ 97, 98 BGB). Zubehör sind gem. § 97 BGB bewegliche Sachen, die, ohne Bestandteile der Hauptsache zu sein, dem wirtschaftlichen Zwecke der Hauptsache zu dienen bestimmt sind und zu ihr in einem dieser Bestimmung entspr. räumlichen Verhältnis stehen. Eine Sache ist nicht Zubehör, wenn sie im Verkehr nicht als Zubehör angesehen wird. Die vorübergehende Benutzung einer Sache für den wirtschaftlichen Zweck einer anderen begründet nicht die Zubehöreigenschaft. Die vorübergehende Trennung eines Zubehörstücks von der Hauptsache hebt die Zubehöreigenschaft nicht auf. Scheinbestandteile gem. § 95 Abs. 1 Satz 1 BGB und § 95 Abs. 2 BGB fallen daher i. d. R. nicht unter § 97 BGB. Aber auch bei Scheinbestandteilen gem. § 95 Abs. 1 Satz 2 BGB besteht die Vermutung, dass nur eine vorübergehende Verbindung beabsichtigt ist (BGH, MDR 1985, 131 = NJW 1984, 2277).

 

Rz. 26

Für gewerblich genutzte Gebäude und landwirtschaftliche Betriebe erweitert § 98 BGB den Begriff des Zubehörs. Es werden damit also auch vom Grundstück getrennte Erzeugnisse und Bestandteile, soweit sie nicht in das Eigentum eines Dritten gelangt sind, Versicherungsforderungen (§§ 1127 bis 1130 BGB) sowie dem Schuldner gehörendes Zubehör erfasst.

 

Rz. 27

Bespiele für Zubehör, das dem Schuldner gehört:

  • Heizölvorrat (BFH, BFHE 253, 271, BStBl II 2016 S. 619; AG Saarlouis, DGVZ 1999, 187);
  • hinterlegter Entschädigungsanspruch für Bergschäden nach dem BBergG (LG Saarbrücken, Rpfleger 1998, 532);
  • fest installierte Satelliten-Empfangsanlage (LG Nürnberg-Fürth, DGVZ 1996, 123);
  • Rinder eines landwirtschaftlichen Betriebes (AG Itzehoe, DGVZ 1993, 61);
  • Schuldner betreibt auf seinem Hausgrundstück einen Sauna-Club, der über eine Wasserleitung direkt mit einem Schwimmbecken verbunden ist (AG Betzdorf, DGVZ 1989, 189);
  • Waschautomat, Wäschetrockner und Bügelmaschine, wenn der Schuldner auf seinem eigenen Grundstück eine Bäckerei und Konditorei mit Café betreibt (AG Elmshorn, DGVZ 1986, 191);
  • Zuchthengst (AG Oldenburg, DGVZ 1980, 93);
  • Einbauküche, solange der Vollstreckungsschuldner nichts anderes vorgetragen hat (LG Lüneburg, DGVZ 1980, 95; a. A. AG Bad Neuenahr-Ahrweiler, DGVZ 2004, 159);
  • Kücheneinrichtung (BFH, BFHE 253, 271, BStBl II 2016 S. 619),
  • Gastsstätteniventar (BFH, BFHE 253, 271, BStBl II 2016 S. 619),
  • Heizkörper bei Rohbau (BGHZ 58, 312)
  • Kleinkläranlage (LG Traunstein, DGVZ 2009, 44).
 

Rz. 28

Die Immobiliarbeschlagnahme erstreckt sich somit nicht allein auf das Grundstück selbst, sondern auch auf die wesentlichen und unwesentlichen Bestandteile (§§ 93, 94, 95 BGB), auf die Rechtsbestandteile (§ 96 BGB) und auf die Gegenstände, auf die sich bei Grundstücken die Hypothek erstreckt (§ 20 Abs. 2 ZVG), namentlich auf Erzeugnisse des Grundstücks und auf Grundstückszubehör.

 

Rz. 29

Bei Zubehörstücken, die unter Eigentumsvorbehalt stehen, wird das Anwartschaftsrecht am Zubehörstück von der hypothekarischen Haftung miterfasst (BGH, BGHZ 35, 85 = WM 1961, 668). Obwohl die dem Schuldner nicht gehörenden – z. B. die unter Eigentumsvorbehalt gekauften und noch nicht voll bezahlten – Zubehörstücke nicht von der Beschlagnahme erfasst sind, erstreckt sie sich gleichwohl auf diese Gegenstände (§ 55 Abs. 2 ZVG). Ein Ersteher in der Zwangsversteigerung erwirbt daher hieran Eigentum (§ 90 Abs. 2 ZVG). Auf den guten Glauben des Erwerbers kommt es hierbei nicht an. Der wahre Eigentümer der Zubehörstücke kann sich gegen die Mitversteigerung dieser Gegenstände dadurch wehren, dass er insoweit die Aufhebung bzw. einstweilige Einstellung des Verfahrens herbeiführt (§§ 55 Abs. 2, 37 Nr. 5 ZVG). Dies kann auf Bewilligung des betreibenden Gläubiger (§ 29 ZVG) oder mit Hilfe einer Drittwiderspruchsklage nach § 771 ZPO geschehen.

 

Rz. 30

Die Pfändung eines Zubehörstücks durch den Gerichtsvollzieher entgegen Abs. 2 Satz 1 ist nicht nichtig, sondern nur anfechtbar, obwohl das funktionell unzuständige Vollstreckungsorgan (Gerichtsvollzieher) tätig wurde (MünchKomm/ZPO-Smid, § 865 Rn. 61).

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