1 Allgemeines zur gesetzlichen Regelung der Zwangsvollstreckung in einen Nachlass

 

Rz. 1

Die bei der Zwangsvollstreckung in einen Nachlass maßgeblichen und zu beachtenden Bestimmungen sind – leider – im Achten Buch verstreut zu finden.

 

Rz. 2

Lag gegen den Erblasser bereits ein Titel vor und hatte die Zwangsvollstreckung gegen diesen auch bereits begonnen, als der Erbfall eintrat, bestimmt § 779 ZPO die Fortsetzung der begonnenen Zwangsvollstreckung nunmehr in den Nachlass des nämlichen Erblassers.

 

Rz. 3

Lag gegen den Erblasser bereits ein Titel vor und hatte die Zwangsvollstreckung noch nicht begonnen, als der Erbfall eintrat, kann die Zwangsvollstreckung gegen den nunmehr in Anspruch zu nehmenden und aus dem Titel nicht ersichtlichen Schuldner nur dann beginnen, wenn dieser aus der Vollstreckungsklausel namentlich hervorgeht (§ 750 Abs. 1 ZPO). Gegen wen nun nach den jeweiligen Besonderheiten des einzelnen Erbfalls (Alleinerbe, Miterben, fortgesetzte Gütergemeinschaft, angeordnete Testamentsvollstreckung oder Nachlassverwaltung) die Klausel zu beantragen ist und wie sie lauten muss, ist in den §§ 727, 745, 747, 749 ZPO geregelt.

 

Rz. 4

Lag gegen den Erblasser noch kein Titel vor und wollen Nachlassgläubiger oder auch persönliche Gläubiger der Erben in den Nachlass vollstrecken, bestimmt § 778 ZPO, wegen welcher Verbindlichkeiten ab welchem Zeitpunkt die Zwangsvollstreckung in den Nachlass betrieben werden kann, während die §§ 747, 748 ZPO festlegen, wer in diesen Fällen als Schuldner im Titel ausgewiesen sein muss. Die materiell-rechtliche Regelung trifft insoweit § 1958 BGB.

 

Rz. 5

Die Möglichkeiten der Beschränkung der Haftung des in Anspruch genommenen Erben des Schuldners und ihre Berücksichtigung in der Zwangsvollstreckung ist in den §§ 780 bis 785 ZPO geregelt.

 

Rz. 6

Die Klauselumschreibung für den Fall, dass ein Titel zunächst gegen den Vorerben oder den Testamentsvollstrecker erwirkt war und nachträglich die Verfügungsbefugnis über den Nachlass auf den Nacherben oder den Erben übergegangen ist, bestimmt § 728 ZPO.

 

Rz. 7

Schließlich ist die Vollstreckung in einen Anteil des Erben am Nachlass in § 859 Abs. 2 ZPO geregelt. Die Anteilsvollstreckung hinsichtlich des Anteils des überlebenden Ehegatten und der anteilsberechtigten Abkömmlinge an der fortgesetzten Gütergemeinschaft findet ihre gesetzliche Regelung in § 860 Abs. 2 ZPO.

2 Grundsatz – Zweck

 

Rz. 8

Der ungeteilte Nachlass unterliegt der gesamthänderischen Bindung (§§ 2032 Abs. 1, 2033 Abs. 2, 2040 Abs. 1, 2059 Abs. 2 BGB). Dementsprechend bestimmt § 747 ZPO zum Schutze des ungeteilten Nachlasses für den Fall der Erbenmehrheit, dass die Zwangsvollstreckung in die das gemeinschaftliche Vermögen der Miterben bildenden Nachlassgegenstände ein Urteil voraussetzt, das gegen alle Miterben ergangen ist. Vollstreckungsrechtlich ist diese Lösung mit der Regelung in §§ 736, 742 Abs. 2 ZPO vergleichbar, wo ebenfalls gesamthänderisch gebundene Vermögensmassen vorliegen (MünchKomm/ZPO-Heßler, § 747 Rn. 1). Grund für die Bestimmung ist auch, dass gegen die den ungeteilten Nachlass verwaltende (Mit-)Erbengemeinschaft als solche ein Titel nicht erlangt werden kann, weil diese – anders als die GbR – nach der Rechtsprechung eben nicht parteifähig ist (BGH, NJW 2006, 3715). Ein gegen einzelne Miterben ergangener Titel berechtigt nicht zur Vollstreckung in den ungeteilten Nachlass, sondern lediglich zur Vollstreckung in das Vermögen des jeweiligen Titelschuldners (Miterben), zu dem auch dessen Erbteil (Anteil an der Erbengemeinschaft) gehört. Schließlich berechtigt ein gegen einzelne Miterben ergangener Titel nicht zur Vollstreckung in den ungeteilten Nachlass, sondern nur in das Vermögen des jeweiligen (Mit-)Erben, zu dem auch sein Anteil an der Erbengemeinschaft gehört.

3 Anwendungsbereich

 

Rz. 9

Die Bestimmung gilt für alle Vollstreckungsarten einschließlich der Vollziehung eines Arrestes und auch für die Zwangsvollstreckung zum Zwecke der Herausgabe einer Nachlasssache (§ 883 ZPO). Sie ist auch anwendbar auf die Vollstreckung der Verurteilung zur Abgabe einer Willenserklärung, die sich auf einen Nachlassgegenstand bezieht; es genügt hier allerdings die Verurteilung allein des/der widerstrebenden Miterben, wenn die anderen Miterben die erforderlichen Erklärungen abgegeben haben oder zu ihrer Abgabe bereit sind (streitig MünchKomm/ZPO-Heßler, § 747 Rn. 2). Die Vorschrift gilt für alle Urteile und sonstige Titel (§§ 794, 795 ZPO), die gegen die Miterben gerichtet sind. Sie findet keine Anwendung bei Nachlassverwaltung und angeordneter Testamentsvollstreckung sowie bei der Nachlassinsolvenz (MünchKomm/ZPO-Heßler, § 747 Rn. 2). Ist Nachlassverwaltung angeordnet, ist ein gegen den Nachlassverwalter gerichteter, z. B. gegen ihn umgeschriebener Titel, erforderlich und ausreichend, um in den Nachlass zu vollstrecken. Ein gegen den Erben ergangener Titel genügt vor Umschreibung nicht. Ist Testamentsvollstreckung angeordnet, sind die §§ 748, 749 ZPO zu beachten. Während des Nachlassinsolvenzverfahrens können nur Massegläubiger sowie aus- und absonderungsberechtigte Nachlassgläubiger aus einem gegen den Ins...

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