Leitsatz

a) Beim Betrieb einer gemeindlichen Abwasserkanalisation besteht zwischen der Gemeinde und dem einzelnen Anschlussnehmer ein öffentlich-rechtliches Schuldverhältnis, das eine Haftung für Erfüllungsgehilfen entsprechend § 278 BGB begründen kann. In den Schutzbereich dieses Schuldverhältnisses ist auch der Mieter des angeschlossenen Grundstücks einbezogen.

b) Zur Haftung der Gemeinde für die Verletzung von Schutz- und Obhutspflichten bei Bauarbeiten nahe der Wasserleitung durch einen von der Gemeinde beauftragten Unternehmer.

(amtliche Leitsätze des BGH)

 

Normenkette

BGB § 535

 

Kommentar

In dem zur Entscheidung stehenden Fall war nach einem starken Regen Wasser in die im Untergeschoss eines Gebäudes gelegenen Räume eingedrungen. Hierdurch wurden das Gebäude und die in den Räumen befindlichen Sachen des Mieters beschädigt. Der Schaden war entstanden, weil ein Bauunternehmen im Auftrag der Gemeinde in der Nähe des Gebäudes Tiefbauarbeiten durchgeführt hatte; im Zuge dieser Arbeiten wurde die gemeindeeigene Kanalisation beschädigt mit der Folge, dass das Niederschlagswasser nicht abfließen konnte. Es war zu entscheiden, ob die Gemeinde für die dem Gebäudeeigentümer und dem Mieter entstandenen Schäden haftet.

Dies wird vom BGH bejaht: Zwischen der Gemeinde als dem Betreiber der Abwasserkanalisation und den jeweiligen Anschlussnehmern besteht ein öffentlich-rechtliches gesetzliches Schuldverhältnis. Im Rahmen dieses Schuldverhältnisses haftet die Gemeinde für die fehlerfreie Planung und Unterhaltung des Kanalnetzes. Außerdem muss die Gemeinde dafür einstehen, dass von der Kanalisation keine Gefahren für die Anschlussnehmer ausgehen. Beauftragt die Gemeinde einen Unternehmer mit der Durchführung von Arbeiten an oder in der Umgebung der Kanalisation, ist der Unternehmer als Erfüllungsgehilfe der Gemeinde anzusehen, für dessen Verschulden die Gemeinde ebenfalls haftet. Entsteht dem Anschlussnehmer infolge einer schuldhaften Verletzung der aus dem Schuldverhältnis folgenden Pflichten ein Schaden, so ist die Gemeinde zum Ersatz verpflichtet.

Gleiches gilt, wenn der Mieter geschädigt wird, weil dieser in den Schutzbereich des Schuldverhältnisses einbezogen ist. Sowohl der Eigentümer als auch der Mieter haben also eigene Ansprüche gegen die Gemeinde. Den Vermieter kann der Mieter dagegen nur dann in Anspruch nehmen, wenn diesen ein Verschulden an dem Schaden trifft; in Fällen der vorliegenden Art wird es regelmäßig am Verschulden des Vermieters fehlen.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 14.12.2006, III ZR 303/05, WuM 2007, 76

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