Rz. 56

Kollisionsrechtlich unterliegen die allgemeinen Ehewirkungen (effets du mariage) in erster Linie dem gemeinsamen Heimatrecht der Ehegatten. Bei gemischtnationalen Ehen gilt das Recht des Landes, in dem beide Ehegatten ihren Wohnsitz gem. Art. 102 ff. CC (domicile) haben. Haben Ehegatten unterschiedlicher Staatsangehörigkeit ihren Wohnsitz in verschiedenen Staaten, so unterliegen die allgemeinen Ehewirkungen der lex fori.[32] Rückverweisungen sind bei der Ermittlung des Ehewirkungsstatuts zu beachten. Das Ehewirkungsstatut gilt – soweit nach Inkrafttreten der EUGüVO und der damit einhergehenden Ausweitung des Güterrechtsstatuts nicht Letzteres maßgeblich ist[33] – vor allem für die Fragen, die die persönlichen Beziehungen und das régime matrimonial primaire betreffen.[34] In diesen Bereichen ist das Ehewirkungsstatut wandelbar.[35]

 

Rz. 57

Verträge zwischen Ehegatten werden – auch nach Inkrafttreten der EUGüVO – nach h.M. in Frankreich dem Ehewirkungsstatut unterworfen, wenn nach materiellem Recht für die betreffende Vertragsart für den Fall des Vertragsschlusses zwischen Ehegatten besondere Vorschriften bestehen, wie z.B. das bis 1985 im französischen Recht geltende Verbot von Kaufverträgen zwischen Ehegatten oder Verbote von Ehegattengesellschaften.[36] Auch Schenkungen unter Lebenden zwischen Ehegatten werden hinsichtlich Wirksamkeit und Widerruflichkeit dem Ehewirkungsstatut unterstellt.[37] Der Grundsatz der Wandelbarkeit des Ehewirkungsstatutes gilt jedoch in diesem Bereich nicht. Abzustellen ist immer auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses.

 

Rz. 58

Für die gegenseitige Unterhaltspflicht der Ehegatten gilt jedoch das Haager Protokoll über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht vom 23.11.2007.

 

Rz. 59

Besonderheiten gelten für die die Ehewohnung schützende Vorschrift des Art. 215 Abs. 3 CC. Diese wird als Ordnungsnorm angesehen und ist auf alle in Frankreich lebenden Ehepaare unabhängig vom Ehewirkungs- oder Güterrechtsstatut anzuwenden.[38] Entsprechendes gilt für die Vorschriften der Art. 220–223 CC sowie die gerichtlichen Eingriffsbefugnisse der Art. 217, 219, 220–1 bis 220–3 CC.[39]

 

Rz. 60

Die Vorschriften der Art. 218 und 225 CC, die gegenseitige Vollmachten zwischen Ehegatten erlauben und die Verwaltungsbefugnis für das persönliche Vermögen dem jeweiligen Inhaber zuweisen, werden güterrechtlich qualifiziert.[40]

[32] Loussouarn/Bourel/De Vareilles-Sommières, Droit international privé, Nr. 478; Mayer/Heuzé/Remy, Droit international privé, Nr. 594.
[33] Siehe hierzu Rundschreiben (Circulaire) des französischen Justizministeriums vom 24.4.2019, Fiche 1, S. 1 a.E. und S. 3 Fn 4 sowie "Allgemeiner Teil" § 1 Rdn 87 ff. in diesem Werk.
[34] Loussouarn/Bourel/De Vareilles-Sommières, Droit international privé, Nr. 481 f.; Mayer/Heuzé/Remy, Droit international privé, Nr. 595, 822; Revillard, Droit international privé et européen, Nr. 145 ff., 580.
[35] Loussouarn/Bourel/De Vareilles-Sommières, Droit international privé, Nr. 479; Mayer/Heuzé/Remy, Droit international privé, Nr. 597.
[36] Mayer/Heuzé/Remy, Droit international privé, Nr. 839; Revillard, Droit international privé et européen, Nr. 160.
[37] Mayer/Heuzé/Remy, Droit international privé, Nr. 839; Revillard, Droit international privé et européen, Nr. 993.
[38] Mayer/Heuzé/Remy, Droit international privé, Nr. 839; Revillard, Droit international privé et européen, Nr. 148.
[39] Mayer/Heuzé/Remy, Droit international privé, Nr. 839; Revillard, Droit international privé et européen, Nr. 154, 579.
[40] Revillard, Droit international privé et européen, Nr. 153, 578.

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