Ist die Vollstreckung von einer Bedingung abhängig?

Nach § 726 ZPO bedarf ein Urteil oder ein sonstiger Vollstreckungstitel im Sinne der §§ 794, 795 ZPO, deren Vollstreckung nach ihrem Inhalt von dem durch den Gläubiger zu beweisenden Eintritt einer Bedingung abhängt, einer vom Rechtspfleger zu erteilenden qualifizierten Klausel. Ausnahmen sind nur dann angeordnet, wenn die Bedingung in der Erbringung einer Sicherheitsleistung (§ 726 Abs. 1 ZPO), einer Zug um Zug zu bewirkenden Leistung (§§ 726 Abs. 2, 756 ZPO) oder dem Eintritt eines Kalendertages (§ 751 ZPO) besteht. Die erste Prüfung muss also dahin gehen, ob die Zwangsvollstreckung überhaupt vom Eintritt einer Bedingung abhängig ist.

Beweislastverteilung richtig regeln

Weitere Voraussetzung für eine qualifizierte Klausel ist es, dass die festgestellte Bedingung auch vom Gläubiger zu beweisen ist. Damit liegt ein klassischer Fall vor, der zeigt, wie sehr die Zwangsvollstreckung bereits im Erkenntnisverfahren beginnt. Da es mit dem BGH nicht auf die rechtliche Beweislastverteilung ankommt, sondern auf die sich aus dem Vollstreckungstitel ergebende Beweislast, haben die Parteien auf die Beweislastverteilung Einfluss.

 

Beispiel

In einem Rechtstreit über die Zahlung von Restwerklohn streiten die Parteien um die Nachbesserung von fünf Türen. Am Ende einigt man sich darauf, dass der restliche Werklohn gezahlt werden soll, wenn noch bestimmte Arbeiten an den Türen ausgeführt werden. Dieses Ergebnis kann in zweierlei Art und Weise formuliert werden, wobei in einem Fall der Schuldner, im anderen Fall der Gläubiger die Beweislast trägt.

Formulierung Beweislast Schuldner: "Der Schuldner hat an den Gläubiger 3.000 EUR bis zum 31.10.2012 zu zahlen, es sei denn die folgenden Arbeiten sind an den Türen im Anwesen … bis dahin nicht ausgeführt worden."

Formulierung Beweislast Gläubiger: "Sobald folgende Arbeiten in den Türen im Anwesen … des Schuldners ausgeführt sind, hat dieser an den Gläubiger 3.000 EUR zu zahlen."

Das Beispiel zeigt, dass die Beweislast von der Art und Weise der Formulierung des Vollstreckungstitels abhängig ist.

Besondere Anforderungen an den Nachweis

Die Art der Beweislastverteilung wäre nicht so problematisch, wenn nicht der Nachweis des Bedingungseintritts durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde geführt werden müsste. Gerade die Mängelbeseitigung ist kaum durch eine Urkunde solcher Qualität nachzuweisen. Es wäre mit unverhältnismäßigem Aufwand verbunden, bei der genannten Mängelbeseitigung zunächst eine öffentliche oder öffentlich beglaubigte Beurkundung der Mängelbeseitigung herstellen zu lassen. In den seltensten Fällen wird die Tatsache dem Gericht offenkundig oder sonst bekannt sein und in Streitfällen sieht der Schuldner in der Regel auch keinen Anlass, das Vorliegen der Tatsache auf seine Anhörung hin einzuräumen.

Amtshaftungsansprüche prüfen

Für den Gläubiger ist die Entwicklung des Falles dramatisch und in ihren Konsequenzen einem normalen Bürger kaum noch zu erklären. Bereits im Januar 2009 ist die Berechtigung seines materiellen Anspruchs festgestellt worden und fast vier Jahre später ist es ihm noch nicht gelungen, eine Vollstreckungsmaßnahme einzuleiten. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Gläubiger mit seinem materiellen Anspruch befriedigt wird und auch die Kosten des Verfahrens, mit denen der Gläubiger in Vorlage treten musste, ausgeglichen werden, vermindert sich erfahrungsgemäß erheblich. Angesichts der in der Rechtsprechung immer wieder nachgewiesenen Unfähigkeit vieler Rechtspfleger, ihre eigene Aufgabe und deren Beschränkung zu erkennen, muss der Gläubiger im Einzelfall prüfen, ob Amtshaftungsansprüche geltend gemacht werden können, wenn sich eine Vollstreckungsvereitelung über einen solchen Zeitraum nachweisen lässt.

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