BGH: Wann ist die qualifizierte Klausel erforderlich?

Gemäß §§ 726 Abs. 1, 795 ZPO darf von Prozessvergleichen, deren Vollstreckung nach ihrem Inhalt von dem durch den Gläubiger zu beweisenden Eintritt einer anderen Tatsache als einer dem Gläubiger obliegenden Sicherheit abhängt, eine vollstreckbare Ausfertigung nur erteilt werden, wenn der Beweis durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden geführt wird. Für die Entscheidung, ob die vollstreckbare Ausfertigung gemäß § 725 ZPO von dem UdG oder gemäß § 726 ZPO, § 20 Nr. 12 RPflG von dem Rechtspfleger zu erteilen ist, kommt es darauf an, wem der Titel die Beweislast zuweist, nicht darauf, wen sie nach der materiell-rechtlichen Anspruchsgrundlage treffen würde, aus der der titulierte Anspruch hergeleitet wird. Der Titel ist insoweit auszulegen. Es ist zu fragen, ob mit der Bedingung im Titel dem Gläubiger die Zwangsvollstreckung erst ermöglicht oder nur dem Schuldner die Möglichkeit eingeräumt werden soll, die Zwangsvollstreckung abzuwenden (vgl. Schuschke/Walker/Schuschke, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz, 5. Aufl., § 726 ZPO Rn 3).

Beweislastverteilung muss geklärt sein

Das LG hat den Vergleich dahin ausgelegt, dass die den Zahlungsanspruch des Gläubigers von der Nichterfüllung des Herausgabeanspruchs durch den Schuldner abhängig machende Abrede dem Zweck diene, den Gläubiger von jedem Risiko der Verzögerung freizustellen und umgekehrt dem Schuldner die Befugnis zu gewähren, die Fälligkeit und Vollstreckung des Zahlungsanspruchs durch rechtzeitige Erfüllung der Herausgabeverpflichtung abzuwenden. Dies ist ebenso wie die von dem LG daraus abgeleitete Rechtsfolge, dass den Schuldner die Beweislast für die rechtzeitige Erfüllung des Herausgabeanspruchs treffen soll, eine mögliche und nicht von Rechtsfehlern beeinflusste Auslegung.

Aber was macht jetzt der Gläubiger?

Mit dieser Entscheidung ist dem Gläubiger nicht endgültig die Möglichkeit genommen, den mit dem Vergleich titulierten Zahlungsanspruch zu vollstrecken. Zwar hat das Vollstreckungsgericht den Antrag des Gläubigers auf Erlass eines PfÜB auf der Grundlage der ihm erteilten einfachen Klausel rechtskräftig abgewiesen. Es hat die Erteilung eines solchen Beschlusses davon abhängig gemacht, dass der Gläubiger eine qualifizierte Klausel vorlegt. Das war rechtsfehlerhaft. Der Senat hat inzwischen entschieden (BGH FoVo 2012, 57 = MDR 2012, 367), dass das Vollstreckungsgericht bei einem Antrag auf Erteilung eines PfÜB nur zu prüfen hat, ob eine Klausel vorhanden ist und ob sie ordnungsgemäß erteilt wurde, nicht hingegen, ob sie erteilt werden durfte. Deshalb ist es insbesondere nicht Sache des mit der Vollstreckung des Titels befassten Vollstreckungsorgans, die Wirksamkeit der Klausel am Inhalt des Titels zu messen und die erforderliche Abgrenzung zwischen unbedingt und bedingt vollstreckbaren Titeln vorzunehmen.

PfÜB ist trotz bestandskräftiger Abweisung erneut zu beantragen

Der Gläubiger kann, gestützt auf die bereits vorgelegte, vom Urkundsbeamten erteilte einfache Klausel und den vorliegenden Beschluss erneut einen PfÜB hinsichtlich des Zahlungsanspruchs aus dem Vergleich beantragen. Dem steht die Rechtskraft des die Erteilung ablehnenden Beschlusses nicht entgegen. Denn dieser Beschluss entfaltet keine materielle Rechtskraftwirkung. Eine solche Wirkung kommt lediglich Beschlüssen zu, die formell rechtskräftig werden und inhaltlich eine der materiellen Rechtskraft fähige Entscheidung enthalten (BGH NJW 2004, 1805 m.w.N.). Um eine solche Entscheidung handelt es sich bei dem den Erlass des beantragten PfÜB abweisenden Beschluss nicht; entschieden worden ist insoweit lediglich über das Vorliegen einer formellen Voraussetzung der Zwangsvollstreckung.

Rechtsschutzbedürfnis fehlt nicht

Dem Gläubiger fehlt für einen erneuten gleichlautenden Antrag auf Erlass eines PfÜB auch nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Denn aufgrund der zwischenzeitlichen Entscheidung des Senats, dass das Vollstreckungsgericht bei einem Antrag auf Erteilung eines PfÜB nicht zu prüfen hat, ob eine vorhandene Klausel erteilt werden durfte, ist insoweit eine Klärung herbeigeführt worden, so dass von dem Vollstreckungsgericht auf dieser Grundlage neu über einen entsprechenden Antrag zu befinden sein wird.

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