Grenzüberschreitende Vollstreckung

Die Integration Europas wächst ebenso wie die Mobilität der Menschen. Das bringt es zwangsläufig mit sich, dass grenzüberschreitende Kontakte und damit auch rechtliche Verbindungen zunehmen. Das Internet tut ein Übriges, da unerheblich bleibt, wo in Europa eine Ware bestellt wird, wenn sie denn nur nach Hause geliefert wird. Auch die Forderungsbeitreibung einschließlich der Vollstreckung wird damit europäisch.

Hier ist Europa zuständig

Bei grenzüberschreitenden Rechtsstreitigkeiten greift das europäische Recht ein und muss vom Gläubiger und seinem Bevollmächtigten beachtet werden. In der Forderungsbeitreibung ist dies mehr Segen denn Fluch. Wurden vor Jahren solche Forderungen noch schnell in den Keller getragen, weil der Aufwand in keinem Verhältnis zum Nutzen stand, ist heute ein Beitreibungserfolg sehr viel leichter zu erzielen.

Wichtige europäische Verordnungen

Hier spielen europäische Verordnungen dem Gläubiger in die Hände:

So können Zustellungen nach der Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.11.2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedsstaaten sehr viel leichter, meist als Einschreiben/Rückschein veranlasst werden.
Die Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 über das europäische Mahnverfahren eröffnet dann die Möglichkeit vergleichbar dem deutschen Mahnverfahren unbestrittene Forderungen schnell zu titulieren; wenn kein Verbraucher beteiligt ist, sogar im Land des Gläubigers.
 

Hinweis

Europäisches Mahngericht in Deutschland ist das AG Berlin-Wedding (http://www.berlin.de/sen/justiz/gerichte/ag/wedd/eumav.de.html). Der Antrag kann dort schriftlich, aber auch elektronisch eingereicht werden.

Die in der Entscheidung des BGH angesprochene Verordnung (EG) Nr. 805/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.4.2004 zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen wiederum lässt in einem anderen Mitgliedsstaat der EU für die Vollstreckung die Notwendigkeit eines zeit- und kostenintensiven Klauselverfahrens entfallen. Mit der Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel kann das Vollstreckungsorgan unmittelbar in dem Mitgliedsstaat beauftragt werden, in dem sich Vermögen des Schuldners befindet.

Ist der Gläubiger gezwungen, seinen Anspruch in unterschiedlichen Mitgliedsstaaten der EU zu titulieren und zu vollstrecken, erleichtert die Entscheidung des BGH dies weiter, weil damit höchstrichterlich entscheiden ist, dass Rechtsschutz nur und ausschließlich im Titulierungsstaat zu suchen ist und die dortige Rechtskraft weiteren Verzögerungsmaßnahmen des Schuldners die Grundlage entzieht.

Der Gläubiger kann schon mit der Titulierung für Gerichtskosten in Höhe von 20 EUR die Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel erreichen. Zieht der Schuldner später ins Ausland, vermeidet dies eine Wartezeit von bis zu vier Wochen für die Bestätigung und damit eine Verzögerung der Vollstreckung. Hinzu kommt, dass im allgemeinen gerichtlichen Mahnverfahren die Aktenstücke schon nach sechs Monaten vernichtet werden und dann ggf. die Zustellungsurkunde überhaupt nicht mehr vorliegt, um einen Europäischen Vollstreckungstitel erhalten zu können.

FoVo 8/2014, S. 159 - 164

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