Berechnung des pfändungsfreien Arbeitseinkommens

Die Höhe des pfändbaren Arbeitseinkommens bestimmt sich nach § 850c ZPO. Danach ist von dem nach § 850e ZPO zu berechnenden Nettoeinkommen auszugehen. Nach der Rundung auf einen auf 10 EUR endenden Betrag ist hiervon der Freibetrag des Schuldners von aktuell 1.073,88 EUR in Abzug zu bringen. Von dem überschießenden Betrag sind nach § 850c Abs. 2 ZPO weitere 3/10 pfändungsfrei, der Restbetrag pfändbar. Das Ergebnis kann in der Tabelle zu § 850c ZPO abgelesen werden.

 

Beispiel

Bei einem Nettolohn von 1.640 EUR ergibt sich allein für den Schuldner ohne unterhaltsberechtigte Person nach Abzug des Freibetrages von 1.073,88 EUR eine Zwischensumme von 566,12 EUR. Hiervon sind weitere 3/10 = 169,84 EUR unpfändbar und damit 396,28 EUR pfändbar. Exakt dieser Wert ergibt sich aus der Pfändungsfreigrenzentabelle.

Berücksichtigung unterhaltsberechtigter Personen

Gewährt der Schuldner aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung seinem Ehegatten, einem früheren Ehegatten, seinem Lebenspartner, einem früheren Lebenspartner oder einem Verwandten oder nach §§ 1615l, 1615n BGB einem Elternteil Unterhalt, so erhöht sich der Betrag, bis zu dessen Höhe Arbeitseinkommen unpfändbar ist, nach § 850c Abs. 1 S. 2 ZPO um 404,16 EUR für die erste unterhaltsberechtigte Person und um jeweils weitere 225,17 EUR für die zweite bis fünfte unterhaltsberechtigte Person. Für die erste unterhaltsberechtigte Person werden dann von dem überschießenden Betrag zwei Zehntel, für die zweite bis fünfte Person jeweils ein weiteres Zehntel pfändungsfrei gestellt.

 

Beispiel

Im obigen Beispiel ergibt sich bei einem unverheirateten Schuldner mit einem unterhaltspflichtigen Kind etwa folgende Berechnung:

 
Nettoeinkommen   1.640,00 EUR
abzüglich Freibetrag Schuldner   1.073,88 EUR
abzüglich Freibetrag erste unterhaltsberechtigte Person   404,16 EUR
Zwischensumme 161,96 EUR  
abzüglich 3/10 für Schuldner   48,59 EUR
abzüglich 2/10 für erste unterhaltsberechtigte Person   32,39 EUR
Pfändbarer Betrag   80,98 EUR

Auch dieser Betrag ergibt sich aus der Pfändungsfreigrenzentabelle. Hierauf kann aber nur bei bestimmten Konstellationen zurückgegriffen werden. Ist etwa eine teilweise Nichtberücksichtigung nach § 850c Abs. 4 ZPO einzurechnen, so muss jeweils die vorstehende Berechnung nachvollzogen werden.

Der nicht gezahlt Unterhalt

Die erhöhten Freibeträge für gesetzlich unterhaltsberechtigte Personen stehen dem Schuldner aber nur dann zu, wenn er seiner Verpflichtung zur Unterhaltsgewährung auch tatsächlich nachkommt. Das ergibt sich aus der Formulierung "gewährt der Schuldner … Unterhalt" (vgl. BAG NJW 1966, 903; LSG NW Rpfleger 1984, 278; LG Amberg JurBüro 2011, 605; LG Augsburg und LG Ravensburg JurBüro 2000, 329; LG Chemnitz JurBüro 2004, 447; LG Heilbronn JurBüro 2001, 326; LG Kassel JurBüro 2004, 558; LG Stuttgart JurBüro 2003, 156; Zöller/Stöber, ZPO, 31. Aufl., § 850c Rn 5).

 

Hinweis

Entscheidend ist allein, ob der Schuldner überhaupt Unterhalt leistet. Ob er mehr oder weniger als den Freibetrag zahlt, bleibt im Rahmen einer pauschalierenden Betrachtung unerheblich (BGH NJW-RR 2007, 938; BGH FamRZ 2010, 2071).

Was muss der Arbeitgeber prüfen?

Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wird regelmäßig als sogenannter Blankettbeschluss erlassen, d.h. der pfändbare Anteil des Arbeitseinkommens ist nicht betragsmäßig bestimmt, sondern es wird auf die Pfändungsfreigrenzentabelle verwiesen. Die konkrete Höhe des pfändbaren Arbeitseinkommens und damit auch die Ermittlung und Berücksichtigung der Angehörigen, denen der Schuldner kraft Gesetzes Unterhalt schuldet und leistet, hat dann der Drittschuldner vorzunehmen. Zur Feststellung der unterhaltsberechtigten Angehörigen kann er auf seine Personalunterlagen zurückgreifen. Im Zweifel kann er dem Gläubiger wie dem Schuldner aber auch Gelegenheit geben, Stellung zu nehmen. Grundsätzlich kann er den Angaben seines Arbeitnehmers folgen und muss keine gesonderten Nachforschungen anstellen. Eine Nachprüfungspflicht wird nur angenommen, wenn

der Schuldner volljährige oder verheiratete Kinder hat,
sonstige Angehörige berücksichtigt wissen will
oder sonst objektive Zweifel an einer bei Lohnsteuerabzug zu berücksichtigenden Unterhaltspflicht bestehen (vgl. insgesamt hierzu Zöller/Stöber, ZPO, 31. Aufl., § 850c Rn 9; ArbG Kempten JurBüro 2012, 494).

Im Zweifel entscheidet das Gericht

Will der Gläubiger die Annahmen des Drittschuldners nicht gegen sich gelten lassen und ändert dieser auch nach entsprechender Aufforderung durch den Gläubiger seine Sicht nicht, obliegt es dem Gläubiger, durch

einen Antrag nach § 850c Abs. 4 ZPO analog auf Nichtberücksichtigung der unterhaltsberechtigten, aber keinen Unterhalt erhaltenden Person,
durch einen Klarstellungsbeschluss
 

Hinweis

§ 850c Abs. 3 S. 2 ZPO erlaubt den Erlass eines Blankettbeschlusses, verbietet dem Vollstreckungsgericht aber nicht, in Zweifelsfällen bei Erlass des PfÜB genauere Anweisungen zur Berechnung des pfändbaren Einkommens zu erte...

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