Hier wurde entschieden

Nach Ansicht des Amtsgerichts Augsburg vom 26.8.2013 sind betragsmäßig in einem Vollstreckungsbescheid ausgewiesene Nebenforderungen bei der Berechnung der 500,00-EUR-Grenze i.S.d. § 755 Abs. 2 S. 2 1. Hs ZPO zu berücksichtigen (AG Augsburg DGVZ 13, 215). Die Entscheidung von einem der rund 650 Amtsgerichte kann aber die Frage für die Praxis noch nicht abschließend beantworten. Hier wird abzuwarten bleiben, wie sich andere Amtsgerichte und sodann die Beschwerdegerichte positionieren, wenn vermehrt Gläubiger Anträge nach §§ 755, 802l ZPO stellen, bei denen die Wertgrenze erst durch die Addition der Hauptforderung mit bezifferten Nebenforderungen übertroffen wird.

Trotzdem bleibt die Frage streitig

In der Praxis ist strittig, ob bei der Berechnung des Mindestwertes von 500,00 EUR gem. § 755 ZPO bzw. § 802l Abs. 1 Nr. 1–3 ZPO (Einholung von Drittauskünften im Rahmen der Vermögensauskunft) Nebenforderungen und Kosten der Zwangsvollstreckung außer Acht zu lassen sind, wenn sie nicht allein Gegenstand des Vollstreckungsauftrags sind:

Nach teilweise vertretener Ansicht fallen betragsmäßig titulierte Nebenforderungen nicht darunter, d.h. diese sind grundsätzlich zu berücksichtigen, Mrohs, DGVZ 2012, 177; AnwBl 2013, 21; a.A.: Harnacke u.a., DGVZ 2013, 3, Fall 13).
Nach Ansicht des Amtsgerichts Augsburg geht jedoch das Gesetz bei der Berechnung der 500,00-EUR-Grenze von "vollstreckbaren Ansprüchen" aus, sodass der im Vollstreckungsbescheid ausgewiesene Gesamtbetrag bei der Ermittlung der Wertgrenze maßgeblich ist. Die Formulierung in § 755 ZPO wurde im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens nochmals geändert; die Änderung wurde wie folgt begründet: "Durch die gegenüber dem Bundesrats-Entwurf geänderte Formulierung des Satzes 2 wird klargestellt, dass es bei der Wertgrenze auf den Betrag der titulierten Forderung ankommt." (BT-Drucks 16/13 432, 45).

Kein Ansparen möglich

Nach Ansicht des Gesetzgebers kann die Wertgrenze aber nicht erreicht werden, indem der Gläubiger einfach zuwartet und so lange Zinsen auflaufen lässt, bis die 500,00-EUR-Grenze erreicht wird (BT-Drucks a.a.O.). Im Übrigen ermöglicht die Entscheidung dem Gläubiger aber auch bei kleineren Forderungen die privilegierte Vollstreckung.

 

Beispiel

In einem Vollstreckungsbescheid werden eine Hauptforderung in Höhe von 400,00 EUR nebst den entstandenen Kosten des Mahnverfahrens und den Gerichtskosten für das Mahnverfahren in Höhe von 128,39 EUR, somit insgesamt 528,39 EUR tituliert. Die 500,00-EUR-Grenze der §§ 755 und 802l Abs. 1 Nr. 1–3 ZPO ist vorliegend erreicht. Unter Berufung auf die Ansicht des AG Augsburg kann sowohl die privilegierte Aufenthaltsermittlung als auch die erweiterte Vermögensermittlung – unter Beachtung der weiteren Voraussetzungen – betrieben werden.

Hier können Sie taktisch vorgehen

Vollstreckungskosten, die für die Vollstreckung aus einem Vollstreckungsbescheid entstehen, fallen dagegen nicht unter die 500,00-EUR-Grenze. Allerdings hat der Gläubiger auch hier Möglichkeiten. Wie bei § 866 Abs. 3 ZPO, d.h. der Zwangshypothek, wird davon auszugehen sein, dass mehrere titulierte Forderungen, für die die Zwangsvollstreckung gemeinsam betrieben wird, zusammenzurechnen sind.

 

Hinweis

Der Gläubiger kann die Wertgrenze also auch überschreiten, wenn er die Vollstreckungskosten nach § 788 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 103 ff. ZPO titulieren lässt und dann einen eigenständigen Vollstreckungstitel in Form des Kostenfestsetzungsbeschlusses in Händen hält, in denen die Kosten betragsmäßig ausgewiesen sind

FoVo 2/2014, S. 24 - 26

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge