Es ist zu differenzieren …

Soweit die Forderung an der Quelle, d.h. bei der Versicherungsgesellschaft gepfändet werden soll, ist zu prüfen, ob ein Pfändungsschutz besteht. Dieser kann sich auch aus § 851 ZPO begründen. Dagegen kommt die Anwendung von § 851 ZPO nicht in Betracht, sofern die Versicherungsleistung auf dem Konto des Schuldners als Guthaben eingeht. Beides wird nachfolgend zu zeigen sein.

Abtretungsverbot kann zum Pfändungsverbot führen

Eine Forderung ist in Ermangelung besonderer Vorschriften nach § 851 Abs. 1 ZPO der Pfändung nur insoweit unterworfen, als sie übertragbar ist. Da Forderungen grundsätzlich abtretbar und damit auch pfändbar sind (Zöller-Stöber, ZPO, § 851 Rn 2), umfasst die Regelung also zunächst einmal ausdrückliche gesetzliche Abtretungsverbote. Eine nach § 399 BGB, d.h. aufgrund eines vertraglichen Abtretungsausschlusses nicht übertragbare Forderung kann nach § 851 Abs. 2 ZPO wiederum insoweit gepfändet und zur Einziehung überwiesen werden, als der geschuldete Gegenstand der Pfändung unterworfen ist.

Abtretungsverbot des § 17 VVG beachten

Ein gesetzliches Abtretungsverbot für eine Versicherungsleistung kann sich aus § 17 VVG ergeben. Soweit sich die Versicherung auf unpfändbare Sachen bezieht, kann eine Forderung aus der Versicherung nach § 17 VVG nur auf solche Gläubiger des Versicherungsnehmers übertragen werden, die diesem zum Ersatz der zerstörten oder beschädigten Sachen andere Sachen geliefert haben. Im Zeitpunkt der Pfändung kann die Rechtspflegerin regelmäßig aber nicht bestimmen, ob die Versicherungsleistung dem Ersatz von nach § 811 Abs. 1 Nr. 1 ZPO unpfändbaren beweglichen Sachen dient. Dies kann allenfalls der Drittschuldner aufgrund der ihm vorliegenden Informationen prüfen. Deshalb ist die Pfändung nicht nach § 851 Abs. 1 i.V.m. § 17 VVG zu versagen, sondern sie ist zu beschließen und der Umfang des Schutzes ist dann im Einziehungsverfahren zwischen Gläubiger und Drittschuldner zu klären.

 

Hinweis

Das gilt umso mehr, als die Versicherungsleistung hier nicht nur dem Ersatz von Inventar, sondern auch dem Ausgleich von Handwerkerrechnungen diente, die nicht von § 17 VVG umfasst werden.

Was die Rechtsprechung schon entschieden hat

Die Rechtspflegerin bezieht sich ggf. auf eine Entscheidung des LG Detmold vom 16.11.1987 – 2 T 454/87 (Rpfleger 1988, 154). Darin heißt es: Eine Versicherungsforderung wegen eines Brandes im Haushalt ist insgesamt unpfändbar. Dies gilt auch, soweit sie sich auf die Entschädigung für Reparatur- und Reinigungsarbeiten bezieht, denn nach Sinn und Zweck der Pfändungsvorschriften soll dem Schuldner nicht nur der Hausrat selbst, sondern eine brauchbare Wohnung erhalten bleiben. Auch soweit die Versicherungsforderung die Differenz zwischen Neuwert und Zeitwert umfasst, bleibt es bei der Unpfändbarkeit.

Die Entscheidung lässt aber nicht erkennen, welche konkrete Pfändungsschutznorm geprüft wird und wie sich die Versicherungsleistung im Einzelnen zusammensetzt und ob diese in Gänze dem geschilderten Zweck dient. Das ist eine Frage des Einzelfalles. Angesichts weitverbreiteter Neuwertversicherungen liegt es auf der Hand, dass auch ein pfändbarer Teil verbleibt. Der Schutz greift nämlich nur, soweit er auch im konkreten Fall erforderlich ist ("insoweit").

Nicht voreilig beurteilen, was man nicht weiß

Der BGH entscheidet in ständiger Rechtsprechung, dass das Vollstreckungsgericht grundsätzlich nicht prüft, ob eine zu pfändende Forderung besteht (vgl. etwa BGH NJW 2013, 539). In gleicher Weise darf es die Pfändung nicht verweigern, wenn die Unpfändbarkeit nicht zweifelsfrei feststeht. Der Schuldner ist über die Wartefrist bei der Auszahlung nach § 835 ZPO und die Möglichkeit, nach der Kenntnisnahme von der Pfändung Erinnerung einzulegen, hinreichend geschützt.

Zwischenfazit

Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass eine zu pfändende Versicherungsleistung nach § 851 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 17 VVG unpfändbar ist. Die Frage ist, für welche Gegenstände der Schuldner die Ersatzleistung erhält und ob die zerstörten oder beschädigten Gegenstände ihrerseits nach § 811 ZPO Pfändungsschutz genossen haben. Ein genereller und umfassender Pfändungsschutz bei Versicherungsleistungen ist also nicht begründet.

Guthaben auf dem P-Konto

Wird die Versicherungsleistung dagegen auf das Konto des Schuldners gezahlt, so unterfällt sie grundsätzlich zunächst einmal der vollständigen Pfändung von Kontoguthaben nach § 833a ZPO. Die Pfändung des Guthabens eines Kontos bei einem Kreditinstitut umfasst danach das am Tag der Zustellung des Pfändungsbeschlusses bei dem Kreditinstitut bestehende Guthaben sowie die Tagesguthaben der auf die Pfändung folgenden Tage. Davon ist die Versicherungsleistung in jedem Fall umfasst.

 

Hinweis

Die Rechtspflegerin übersieht, dass sich der Auszahlungsanspruch bei der Versicherungsgesellschaft mit der Überweisung auf das Konto in einen Auszahlungsanspruch gegen das Kreditinstitut als Zahlungsdienstleister gewandelt hat. Dieser genießt nicht den Schutz des Ausgangsanspruc...

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