Eine wirkliche Rechtsprüfung hilft bei der Lösung der Streitfrage

Die Frage, wie weit das Überprüfungsrecht des GV hinsichtlich der geltend gemachten Vollstreckungsforderung geht, ist aktuell umstritten. Hierzu liegen auch unterschiedliche Entscheidungen vor (vgl. etwa AG Oldenburg v. 8.12.2021 – 66 M 231/21 oder auch den Beitrag von Polat, DGVZ 2022, 153). In der Sache wäre es hilfreich, wenn wesentliche Unterscheidungen beachtet werden, wie es dem AG Karlsruhe zutreffend gelingt:

Materiell-rechtlicher oder kostenrechtlicher Einwand?

Die Kostenprüfung des Gerichtsvollziehers nach § 788 ZPO folgt den Grundsätzen der Kostenfestsetzung nach §§ 103 ff. ZPO. Insoweit ist zu klären, ob der vom Schuldner erhobene Einwand materiell-rechtlicher oder kostenrechtlicher Natur ist. Nur im letztgenannten Fall kommt dem Vollstreckungsorgan ein Überprüfungsrecht zu.

Vorliegend wendet der Schuldner die Erfüllung der Vollstreckungsforderung durch Zahlung nach § 362 BGB ein. Schon die Klärung der normativen Verortung des Einwandes lässt erkennen, dass es sich um einen materiell-rechtlichen Einwand handelt, den der Gerichtsvollzieher nicht zu klären hat. Hierfür ist er schlicht sachlich und funktionell nicht zuständig. Die Aufgabe ist vielmehr dem Prozessgericht und damit dem Richter auf die Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO zugewiesen. Statt seine Befugnisse zu überschreiten, muss es genügen, den Schuldner auf den entsprechenden Rechtsweg zu verweisen.

An diesem Ergebnis ändert sich auch dadurch nichts, dass die von dem Gläubiger materiell-rechtlich ins Feld geführte, vertraglich vereinbarte Kontoführungsgebühr mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtlich nicht zu halten sein wird. Sie dürfte schon gegen § 134 BGB i.V.m. § 4 Abs. 5 RDGEG a.F. bzw. § 13e des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG) n.F. verstoßen. Auch hier bleibt es aber dabei, dass dies vom Richter im Einzelfall auf ein entsprechendes Vorgehen des Schuldners zu entscheiden ist.

Beim kostenrechtlichen Einwand genügt die Glaubhaftmachung

Sofern der Schuldner – anders als hier – einen kostenrechtlichen Einwand geltend macht, ist zunächst § 104 Abs. 2 S. 1 ZPO zu beachten. Um einen Kostenansatz des Gläubigers zu berücksichtigen, genügt seine Glaubhaftmachung. Fehlt es an einem Einwand des Schuldners, ist der Kostenansatz zunächst zu berücksichtigen und sodann dessen Notwendigkeit i.S.d. § 788 ZPO i.V.m. § 91 ZPO zu prüfen. Die Überprüfung hat – auch bei einem Inkassodienstleister – nach den Maßstäben des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) zu erfolgen. Erstattungsfähig sind regelmäßig die Vollstreckungsgebühren nach Nrn. 3309, 3310 VV RVG, ggfs. ergänzt um die allgemeinen Gebühren nach Nrn. 1000 ff. VV RVG sowie die Auslagen nach Teil 7 VV RVG. Für Inkassodienstleister bedarf es lediglich der Behauptung, dass die vereinbarte Vergütung dem RVG entspricht, wie es heute die Regel sein dürfte – oder darüber liegt (Vergütungsverhältnis). Im Erstattungsverhältnis zum Schuldner ergibt sich die Begrenzung auf die Vergütung nach dem RVG dann aus § 13e Abs. 2 RDG.

VRiOLG Frank-Michael Goebel

FoVo, S. 169 - 171

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