Insolvenzverwalter hat beschränkte Überlegungsfrist

Dem Insolvenzverwalter kann im Rahmen seiner Abwägung, ob er die Forderung endgültig oder – wie es im Gesetz nicht vorgeschrieben ist – vorläufig bestreitet, nur eine beschränkte Überlegungsfrist zugebilligt werden. Die angemessene Überlegungsfrist beträgt dabei nach einer Entscheidung des OLG München zwei Monate (Beschl. d. OLG München v. 12.7.2005, ZInsO 2005, 778 – allgemein zustimmend Hamburger Kommentar/Herchen, 1. Aufl. 2006, § 79 Rn 15 m.w.N.).

Das war der Fall des OLG München

Dieser Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Über das Vermögen der Schuldnerin wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Klägerin begehrte vom Verwalter die Rückerstattung eines Kaufpreises. Im Prüfungstermin hatte der Verwalter die Ansprüche "vorläufig bestritten". Die Klägerin beantragte daher zwei Monate später die Wiederaufnahme des Rechtsstreits sowie die Feststellung ihrer Forderungen zur Insolvenztabelle. Daraufhin erkannte der Verwalter die Forderungen an. Das LG legte der Klägerin nach § 91a, 93 ZPO die Kosten des Rechtsstreits mit der Begründung auf, dass der Verwalter die Ansprüche im Sinne des § 93 ZPO sofort anerkannt habe. Das "vorläufige Bestreiten" stehe dem nicht entgegen, weil damit allein die Verschiebung des Prüfungstermins vermieden werden solle. Die Klägerin habe vor Klageerhebung nochmals bei dem Verwalter nachfragen müssen.

Das hat das OLG München zur Frage entschieden

Das auf die sofortige Beschwerde entscheidende OLG München ist dem nicht gefolgt. Auch ein nur "vorläufiges Bestreiten" des Verwalters sei als Bestreiten i.S.d. § 179 Abs. 1 InsO anzusehen. Ein Verwalter habe dann Veranlassung zur Klageerhebung gegeben, wenn sein Verhalten vor Prozessbeginn ohne Rücksicht auf Verschulden dergestalt war, dass der Kläger annehmen musste, er werde ohne Klage nicht zu seinem Recht kommen. Diese Veranlassung könne fehlen, wenn eine angemessene Überlegungszeit noch nicht verstrichen sei. Eine Überlegungsfrist sei dann angemessen, wenn sie sich an der gesetzlichen Vorgabe des § 29 Abs. 1 Nr. 2 InsO orientiert, wonach der Zeitraum zwischen dem Ablauf der Anmeldefrist und dem Prüfungstermin höchstens zwei Monate sein soll.

 
Hinweis

Anderes kann sich nach Auffassung des OLG München allerdings dann ergeben, wenn die Feststellung tatsächlich besonders aufwändig oder besonders umfangreich ist. Dies ist eine Frage des Einzelfalles und muss wohl von dem Insolvenzverwalter konkret eingewandt werden.

Der Insolvenzgläubiger muss nach dem vorläufigen Bestreiten des Insolvenzverwalters also zunächst eine Frist von zwei Monaten abwarten. Sodann empfiehlt es sich, vor Erhebung einer Feststellungsklage den Verwalter unter angemessener Fristsetzung aufzufordern, die Gründe der Vorläufigkeit des Widerspruchs darzulegen und den Widerspruch zurückzunehmen. Als angemessene Fristsetzung dürften zwei Wochen genügen.

 

Muster 1: Aufforderung zur Darlegung der Widerspruchsgründe

Sehr geehrter Herr Insolvenzverwalter,

in den oben genannten Insolvenzverfahren haben wir unsere Forderung zur Insolvenztabelle angemeldet. Die Forderung wird unter der laufenden Nummer … zur Insolvenztabelle bei Ihnen geführt. Wir entnehmen dem Tabellenauszug, dass Sie unsere Forderung vorläufig bestritten haben.

Zur Vermeidung der Erhebung einer Feststellungsklage fordern wir Sie hiermit auf, uns binnen einer Frist von zwei Wochen darzulegen, aus welchen Gründen Sie die Forderung vorläufig bestritten haben. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist werden wir Feststellungsklage gem. § 179 InsO erheben. Nur vorsorglich weisen wir darauf hin, dass mit dem Ablauf der Frist zugleich die zweimonatige Überlegungsfrist (hierzu OLG München v. 12.7.2005 – 7 W 1447/05, ZInsO 2005, 778) abgelaufen ist.

Mit freundlichen Grüßen

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