Der vereinfachte Fall wird zum Regelfall

Die elektronische Antragstellung in der Zwangsvollstreckung ist für Rechtsanwälte nach § 130d ZPO bereits verpflichtend, für Inkassodienstleister nach der Einführung des eBO obligatorisch und üblich. Ungeachtet dessen kommt es zu hybriden Anträgen, weil außerhalb des Anwendungsbereichs von § 754a bzw. § 829a ZPO der Vollstreckungstitel im Original vorgelegt werden muss.

Bei solchen Anträgen genügt es zukünftig, die vollstreckbare Ausfertigung (!) des Vollstreckungstitels, die Vollstreckungsklausel und weitere Urkunden zum Nachweis der Vollstreckungsvoraussetzungen als elektronische Dokumente beizufügen, wenn die Zwangsvollstreckung wegen einer Geldforderung betrieben wird. Damit entfällt die Beschränkung dieser Möglichkeit auf Vollstreckungsbescheide bis 5.000 EUR, die keiner Vollstreckungsklausel bedürfen und bei denen keine weiteren Urkunden vorgelegt werden müssen.

 

Hinweis

Es bleibt damit für andere Vollstreckungsarten, insbesondere die Herausgabe- und Räumungsvollstreckung, bei der Notwendigkeit der hybriden Antragstellung. Da § 754a ZPO nur bei der Gerichtsvollziehervollstreckung gilt, muss auch beim Haftbefehlsantrag – auch wenn er über den GV gestellt wird – ebenfalls der Vollstreckungstitel im Original vorgelegt werden. Dass dies für den Verhaftungsauftrag wieder nicht gilt, bleibt ohne Nutzwert, weil der Haftbefehl im Original übersandt werden muss (§ 802g ZPO). Begründet wird diese Differenzierung nicht. Sinnvoller und wünschenswerter wäre eine zusammenfassende Regelung für alle Vollstreckungsarten gewesen. Hier hat den Gesetzgeber aber der Mut verlassen und er wollte nicht so weit wie vorgeschlagen gehen.

Die vollständige elektronische Antragstellung wird also bei Vollstreckungsanträgen wegen Geldforderungen künftig unabhängig vom zugrunde liegenden Titel und dem Umfang des Zahlungsanspruchs möglich. Der bisherige "vereinfachte Auftrag" wird nun also zum normalen Regelauftrag.

 

Hinweis

Darauf muss sich der Gläubiger bzw. sein Bevollmächtigter vorbereiten, indem alle Vollstreckungsunterlagen entsprechend den Vorgaben des elektronischen Rechtsverkehrs gescannt und vorgehalten werden. So müssen etwa auch Heftungen, Siegel oder Schnur (bei Vollstreckungstiteln nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO, d.h. vollstreckbaren notariellen Urkunden) mit abgebildet werden.

Bei den Kosten bleibt es unnötig kompliziert

Ohne jede Not wird allerdings nunmehr die Vorschrift des § 104 Abs. 2 S. 1 ZPO ausgehebelt, wonach es genügt, einen Kostenansatz zu versichern. Vielmehr müssen diejenigen Kosten der Zwangsvollstreckung, die nach § 788 ZPO mit vollstreckt werden sollen, in einer nachprüfbaren Aufstellung und den elektronisch beizufügenden Belegen nachgewiesen werden. Hier wären eine Aufstellung und eine entsprechende Versicherung, dass die Belege vorliegen, völlig ausreichend gewesen. Das kann für die Zukunft die regelmäßige Kostenfestsetzung nach § 788 Abs. 2 ZPO wieder attraktiver machen.

Weitere Versicherungen sind erforderlich

Die bildliche und inhaltliche Übereinstimmung der elektronischen Dokumente mit den Schriftstücken sowie der Fortbestand der Vollstreckungsforderung muss nach § 754a Abs. 3 ZPO-E und dem identischen § 829a Abs. 3 ZPO-E nunmehr zumindest in Textform versichert werden. Die Versicherung hat der Auftraggeber abzugeben, d.h. die Person – meist der Bevollmächtigte –, die den Antrag tatsächlich erteilt.

Überraschend ist, dass es an der bisherigen Regelung fehlt, dass der Gläubiger versichert, dass ihm eine Ausfertigung des Vollstreckungsbescheides und eine Zustellungsbescheinigung auch tatsächlich vorliegen.

Geänderte Dokumente

Bestehen die vorbezeichneten Schriftstücke nicht mehr oder treten Änderungen an ihnen auf, nachdem sie als elektronische Dokumente übermittelt worden sind, hat der Auftraggeber den Gerichtsvollzieher (§ 754a Abs. 4 ZPO-E) bzw. das Vollstreckungsgericht (§ 829a Abs. 4 ZPO-E) hierüber unverzüglich zu informieren sowie die geänderten Schriftstücke in die elektronische Form zu übertragen und dem Gerichtsvollzieher als elektronische Dokumente zu übermitteln. Dabei sind die vorbezeichneten Versicherungen erneut abzugeben. Der Gerichtsvollzieher bzw. das Gericht dürfen die ursprünglich übermittelten elektronischen Dokumente der Ausführung des bzw. der Entscheidung über den Vollstreckungsauftrag nicht mehr zugrunde legen, nachdem die Information erfolgt ist.

 

Hinweis

Hier liegt eine Herausforderung für die Bevollmächtigten, da die übersandten Dokumente gekennzeichnet und deren Änderung überwacht werden müssen. Der Verstoß gegen die Hinweispflicht dürfte anderenfalls zumindest bei Rechtsanwälten und Inkassodienstleistern auch berufsrechtliche Relevanz entfalten.

Monierungen der Vollstreckungsorgane

Können der Gerichtsvollzieher oder das Vollstreckungsgericht anhand der übermittelten elektronischen Dokumente nicht zweifelsfrei feststellen, dass die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung vorliegen, müssen sie dies dem Auftraggeber mitteilen und ihn auffordern, die für ...

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