Schuldner erhält erheblich schwankendes Einkommen auf das P-Konto

Der Antrag ist zulässig und begründet. Die Festsetzung des pfändungsfreien Betrags ist allerdings nicht frei von Schwierigkeiten.

Der Schuldner bezieht regelmäßig erheblich schwankendes Arbeitseinkommen aus "Stundenlohn", in einigen Monaten auch "Urlaubslohn-Stdbasis", "Überstdgrundv" und teilweise "Feiertagslohn", in manchen Monaten auch "Entgeltfortz.-Stdbasis". Diese Positionen schwanken in sich und in Summe erheblich. Zusätzlich erhält der Schuldner einmal im Jahr das klassische "Urlaubsgeld" und "Weihnachtsgeld".

Verweis auf Lohnpfändung scheitert im konkreten Fall

Eine parallele Lohnpfändung liegt nicht vor. Eine Freigabe aller vom Arbeitgeber auf dem Pfändungsschutzkonto eingehenden Beträge, die im Falle einer parallelen Lohnpfändung bereits als unpfändbar eingestuft und ohne konkrete Berechnung auf dem Pfändungsschutzkonto freigegeben werden könnten (BGH, 10.11.2011 – VII ZB 64/10), ist nicht möglich. Für eine solche Fallkonstellation hatte der BGH (a.a.O.) festgestellt, dass es weder dem Schuldner noch dem Vollstreckungsgericht zumutbar sei, jeden Monat einen neuen Freigabeantrag stellen zu müssen.

Höchstrichterliche Entscheidung zu dieser Konstellation fehlt

Wie zu verfahren ist, wenn keine parallele Lohnpfändung vorliegt, mithin nicht bereits durch den Arbeitgeber alle pfändbaren Anteile abgeführt werden und entsprechend lediglich noch unpfändbare Anteile auf das Pfändungsschutzkonto eingehen, ist bislang nicht höchstgerichtlich geklärt. Auch die Fachliteratur verhält sich dazu nach hiesiger Sichtung bestenfalls rudimentär.

Pragmatismus vor kontinuierlicher Rechtsanwendung?

Das Gericht ist der Auffassung, dass auch hier ein praktikabler Weg gefunden werden muss. Es ist allen Verfahrensbeteiligten nicht zuzumuten, sich jeden Monat aufs Neue (vorliegend bei dem entscheidenden Gericht in zwei Verfahren) mit Freigabeanträgen, Anhörungen, einstweiligen Einstellungen (Gefahr von Auskehrungen an Gläubiger, BGH a.a.O.), endgültigen (zu begründenden) Beschlüssen, Rechtskraftmitteilungen und vorliegend wegen der Beteiligung von mindestens zwei Vollstreckungsgerichten zusätzlich auch noch mit der Gefahr unterschiedlicher Beschlussfassungen auseinandersetzen zu müssen. Insbesondere für Kreditinstitute und Vollstreckungsgerichte war es auch dem Gesetzgeber wichtig, durch die Einführung des Pfändungsschutzkontos Entlastung herbeizuführen (BGH a.a.O.). Dieser gewollte Gesetzeszweck würde konterkariert, wenn nicht auch in Fallkonstellationen wie der vorliegenden praktikable Wege beschritten werden könnten.

Pauschalierte Freigabe als Lösung

Das Gericht hält es daher für nötig und möglich, vorliegend eine auf Dauer angelegte Freigabe eines bestimmten Betrags zu erklären, der naturgemäß innewohnt, nicht für jeden Monat genau zu sein. Die Gläubigerin wird dadurch auch nicht unangemessen in ihren Rechten beschränkt. Denn der Gläubigerin steht auch immer noch der Weg über eine Lohnpfändung offen, mit der sie die exakte Berechnung der monatlichen Pfändungsbeträge herbeiführen könnte.

Oberer Zahlungsbereich oder Höchstsumme als Ausgangspunkt

Es erscheint gerechtfertigt, sich in der vorliegenden Fallkonstellation bei der Bemessung des pfändungsfreien Sockelbetrags für das Pfändungsschutzkonto am oberen oder auch am Höchstbereich des schwankenden Einkommens des Schuldners zu orientieren. Eine solche zugunsten des Schuldners durchzuführende Berechnung erfolgt zwangsläufig zulasten der Gläubigerin. Allerdings hat die Gläubigerin wie bereits beschrieben noch die Möglichkeit, ihre Rechte über die Lohnpfändung durchzusetzen. Dem Schuldner hingegen bleiben keine vergleichbaren Ausweichmöglichkeiten, um seine Rechte bei Bestimmung eines im Allgemeinen zu niedrigen pfändungsfreien Betrags zu wahren, weshalb eine Bemessung des unpfändbaren Betrags unter Berücksichtigung des höheren oder auch höchsten Bereichs des Einkommensspektrums des Schuldners angemessen erscheint.

Die konkrete Berechnung mit Hinweisen zu den Ausnahmen

Nach diesen Erwägungen legt das Gericht daher ein Einkommen des Schuldners von 1.943,24 EUR (netto, Lohnabrechnung August 2021) zugrunde. Bei der zu berücksichtigenden Unterhaltspflicht ergibt sich hiernach aktuell gemäß Pfändungstabelle ein monatlich pfändbarer Betrag in Höhe von 107,96 EUR, sodass ein unpfändbarer Teil in Höhe von 1.835,28 EUR verbleibt, der hier als monatlich unpfändbarer Betrag für das Pfändungsschutzkonto festgelegt wird. Klarstellend wird darauf hingewiesen, dass diese Festlegung nicht die Fälle der Sonderzahlungen (Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld) betrifft, für die ggf. gesonderte Freigabeanträge gestellt werden müssten.

Freistellung des Urlaubsgeldes und der Mehrarbeitsvergütung

Für den Monat Juli 2021, in dem die Zahlung des Urlaubsgelds erfolgte, ist ein gesonderter Betrag zu bestimmen. Für Juli 2021 bezog der Schuldner ausweislich der zugehörigen Lohnabrechnung einen Brutto-Lohn in Höhe von 2.376 EUR, Überstundenvergütung in Höhe von brutt...

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