a) Rechtsgrundlage

 

Rz. 2

Es gibt nur eine Form der Kapitalgesellschaft, nämlich die Aktiengesellschaft (osakeyhtiö), die aber in die private und die öffentliche Aktiengesellschaft eingeteilt wird. Für beide Formen der Aktiengesellschaft ist Osakeyhtiölaki (OYL), das finnische Aktiengesetz, anwendbar (OYL 1:1.1). Das im Jahre 1978 erlassene Gesetz wurde nach dem Beitritt Finnlands in den EWR und – am 1.1.1995 – in die Europäische Union im Jahre 1997 grundlegend reformiert. Eine weitere grundlegende Reform fand im Jahr 2006 statt. Dabei wurde den kleinen und mittelständischen Unternehmen, die in Finnland meist in der Rechtsform der privaten Aktiengesellschaft tätig sind, durch flexiblere Vorschriften mehr Wahlmöglichkeiten gegeben. Danach wurden noch weitere kleinere Änderungen, insbesondere im Hinblick auf die grenzüberschreitenden Verschmelzungen und die Bestimmungen über die Abschlussprüfer, vorgenommen.

 

Rz. 3

Bei der Reform des Aktienrechts im Jahr 1997 wurde die Einführung einer Rechtsform ähnlich der deutschen GmbH diskutiert, letztlich jedoch abgelehnt. Zusammen mit Schweden und Norwegen wollte man sich lieber am englischen Modell ("private and public companies") orientieren. Diese Unterscheidung führt in der Praxis dazu, dass Finnland bei der Umsetzung jeder neuen aktienrechtlichen Richtlinie jeweils entscheiden kann, ob auch die Regelungen hinsichtlich der privaten Aktiengesellschaft betroffen sind.[4]

 

Rz. 4

Die private und die öffentliche Aktiengesellschaft unterscheiden sich insbesondere im Hinblick auf die Erfordernisse an das Grundkapital, an die Übertragung der Aktien sowie durch die Voraussetzungen hinsichtlich der Leitung der Gesellschaft.[5]

 

Rz. 5

Die Firma der Gesellschaft gibt Auskunft darüber, ob es sich um eine private oder eine öffentliche Aktiengesellschaft handelt. Enthält die Firma keinen Zusatz, dass sie eine öffentliche Aktiengesellschaft ist ("julkinen osakeyhtiö", abgekürzt "Oyj"), gilt sie als eine private Aktiengesellschaft ("yksityinen osakeyhtiö", abgekürzt "Oy") (OYL 2:3.1.1; TNL 7.1.4).

[4] Vgl. Kocher, Kapitalgesellschaft & Co. KG in Finnland, S. 101 m.w.N.
[5] Vgl. näher hierzu Wilske/Miettinen/Kocher, RIW 2002, 94 ff.

b) Die öffentliche Aktiengesellschaft

 

Rz. 6

Das Mindestgrundkapital der öffentlichen Aktiengesellschaft beträgt 80.000 EUR (OYL 1:3.1). Erreicht das Grundkapital diese Summe, so entscheiden die Aktionäre durch einen Hauptversammlungsbeschluss mit einer ⅔-Mehrheit, ob die Gesellschaft in eine öffentliche Aktiengesellschaft umgewandelt werden soll (OYL 19:1.1 und OYL 5:27). Gleichzeitig muss auch die Firma der öffentlichen Aktiengesellschaft geändert werden.[6]

[6] Vgl. zur öffentlichen Aktiengesellschaft näher Wilske/Miettinen/Kocher, RIW 2002, 94 ff.

c) Die private Aktiengesellschaft

 

Rz. 7

Die private Aktiengesellschaft ist der deutschen GmbH ähnlich. Durch eine am 1.7.2019 in Kraft getretene Gesetzesänderung wurde das Erfordernis eines Mindestgrundkapitals (bisher 2.500 EUR nach OYL 1:3.1 a.F.) abgeschafft. Im Gegensatz zur öffentlichen Aktiengesellschaft dürfen die Wertpapiere der privaten Aktiengesellschaft nicht nach den Vorschriften des Gesetzes über Handel mit Finanzierungsmitteln öffentlich gehandelt werden (OYL 1:1.2).

d) Sonder- und Mischformen

 

Rz. 8

Sonderformen der Aktiengesellschaft stellen die sog. Wohnungsaktiengesellschaft (asunto-osakeyhtiö) und die Rechtsanwalts-Aktiengesellschaft dar. Die Wohnungsaktiengesellschaft ähnelt einem Zusammenschluss der Wohnungseigentümer nach WEG. Die Besonderheit hierbei ist, dass die Übertragung der Eigentumswohnung durch den Verkauf der Wohnungsaktien erfolgt. Bei der Rechtsanwalts-Aktiengesellschaft haftet jeder Rechtsanwalt neben der Gesellschaft gemeinschaftlich und persönlich für alle Verbindlichkeiten gegenüber den von ihm betreuten Mandanten. Lässt sich das Mandat keinem Anwalt zuordnen, haften alle Anwälte gesamtschuldnerisch (AsianajajaL 5.2).

 

Rz. 9

Eine Mischform wäre nur als AG & Co. KG denkbar. Grundsätzlich wäre eine solche Mischform möglich. Jedoch ist die Rechtslage in Finnland derzeit in mehreren Punkten ungeklärt, so dass es nur vereinzelte Gesellschaften in dieser Mischform gibt.[7]

[7] Näher zur Frage der Übertragbarkeit der deutschen Grundtypenvermischung auf das finnische Recht Kocher, Kapitalgesellschaft & Co. KG in Finnland, 2003.

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