Entscheidungsstichwort (Thema)

Freigebige Zuwendung zwischen Gesellschaftern einer Personengesellschaft aus Anlass einer verdeckten Gewinnausschüttung an die Personengesellschaft

 

Leitsatz (amtlich)

1. Hält eine Personengesellschaft formal und wirtschaftlich die Anteile an einer Kapitalgesellschaft, so gehört diese zum Betriebsvermögen der Personengesellschaft.

2. Schüttet eine derartige Kapitalgesellschaft Gewinn aus, so steht dieser ertragsteuerlich ausschließlich dem Gesamthandsvermögen der Personengesellschaft zu, auch wenn die Auszahlung im Einvernehmen aller Gesellschafter direkt an einen Gesellschafter ausgezahlt wird.

3. Fließt der Ausschüttungsbetrag nicht dem Gesamthandsvermögen der Personengesellschaft, sondern im Einvernehmen aller Gesellschafter allein einem Gesellschafter persönlich zu, so liegt hierin jeweils eine freigebige Zuwendung jedes einzelnen Gesellschafters im Sinne des § 7 ErbStG an den Gesellschafter, der den Ausschüttungsbetrag vereinnahmt hat.

4. Eine Doppelbelastung desselben Vorgangs mit Einkommen- und Schenkungsteuer liegt hierin nicht, da der einkommensteuerbare Erwerb durch die anspruchsberechtigte Personengesellschaft von der sich anschließenden freigebigen Zuwendung durch inkongruente Gewinnzuweisung zu unterscheiden ist.

 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2; KStG § 8 Abs. 3 S. 2; ErbStG § 7; HGB § 168

 

Tatbestand

Der Kläger ist der Rechtsnachfolger seines zwischenzeitlich verstorbenen Vaters W. S. (nachfolgend: W) und wurde vom Beklagten zugleich als Schenker in Höhe von 48% der Zuwendung an seinen Vater angesehen.

Der Kläger ist der gemeinsame Sohn des W sowie seiner Mutter I. S. (nachfolgend: I) und verheiratet mit seiner Ehefrau M. S. (M).

An einer S…- GmbH & Co. KG (nachfolgend: S-GmbH & Co. KG) waren im gesamten Jahr 2004 der Kläger mit einer Kapitalbeteiligung von 48%, seine Ehefrau M mit einer Kapitalbeteiligung von 12% sowie seine Eltern W und I mit einer Kapitalbeteiligung von jeweils 20% als Kommanditisten beteiligt. Komplementärin ohne Kapitalanteil war die S. Geschäftsführungs GmbH, deren Geschäftsführer im gesamten Jahr 2004 W war.

Die S-GmbH & Co. KG hielt im gesamten Jahr 2004 eine 100%-Beteiligung an der F…- GmbH (nachfolgend: F-GmbH). Unternehmensgegenstand der F-GmbH war unter anderem der Handel mit Maschinen. Alleiniger Geschäftsführer der F-GmbH war im Jahr 2004 der W.

W war zudem spätestens zu Beginn des Jahres 2004 und bis zum 14. Oktober 2005 alleiniger Inhaber eines bei der ... Bank in der Schweiz geführten Kontos mit der Kontonummer …

Im Jahr 2004 erwarb die F-GmbH von einem Maschinenhersteller eine hochpreisige Maschine. Im Rahmen dieses Erwerbs erhielt W als "Schmiergeld" (Bl. 11 Schenkungsteuer-Akten Band I), "Rückvergütung", "Provision" (Bl. 65 und 68 Schenkungsteuer-Akten Band IV) bzw. "Zahlung für Tippgeber" (Bl. 4 Gerichtsakte) durch eine zur Firmengruppe des Maschinenherstellers gehörende Gesellschaft mit Sitz in der Schweiz eine Zahlung in Höhe von 190.085 Euro, die am 11. Juni 2004 seinem vorgenannten Konto gutgeschrieben wurde. Obwohl er hierzu zivilrechtlich verpflichtet war, zeigte er den Vorgang nicht der F-GmbH an.

Ab dem 14. Oktober 2005 war W zusammen mit dem Kläger Inhaber zu jeweils 50% des in der Schweiz bei der ... Bank geführten Kontos mit der Kontonummer ……, das ab diesem Zeitpunkt unter der Kontonummer …… geführt wurde.

Im Zusammenhang mit weiteren Maschinenbestellungen wurden vergleichbare - aber nicht verfahrensgegenständliche - Zahlungen zweier zur Firmengruppe des Maschinenherstellers gehörenden Gesellschaften an das vorgenannte Konto geleistet. Dies betraf Zahlungen vom 29. April 2008 in Höhe von 189.400 Euro, am 17. März 2009 in Höhe von 91.000 Euro, am 22. Oktober 2010 in Höhe von 35.000 Euro und am 24. Mai 2011 in Höhe von 148.500 Euro und am 8. Dezember 2011 in Höhe von 195.000 Euro (Bl. 11 und 15 Schenkungsteuerakten Band I).

Am 18. Oktober 2013 verstarb W und wurde durch I beerbt (vgl. Bl. 5 f. Schenkungsteuer-Akten Band I).

Mit zwei Selbstanzeigeschreiben vom 24. März 2014 zeigte I in eigener Sache und als Rechtsnachfolgerin des W (Bl. 5 ff. Schenkungsteuer-Akten Band I) sowie die F-GmbH (Bl. 64 ff. Schenkungsteuer-Akten Band IV) den vorgenannten Sachverhalt an, erklärte - neben verschiedenen, gleichgelagerten Fällen - auch eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) vom 11. Juni 2004 und wies auch auf die mögliche Steuerbarkeit der disquotalen Zuweisung zu W nach dem ErbStG hin. Sowohl der Kläger als auch W, I und M hätten von diesem Vorgehen gewusst.

Mit Schenkungsteuererklärung vom 30. Juni 2014, eingegangen bei dem damals zuständigen Finanzamt S am 1. Juli 2014 (Bl. 36 ff. Schenkungsteuer-Akten Band I) erklärte I neben weiteren, nicht verfahrensgegenständlichen (Vor)Erwerben, dass W am 11. Juni 2004 von dem Kläger eine Zuwendung in Höhe von 91.240 Euro (= 48% von 190.085 Euro) erhalten habe.

Mit verfahrensgegenständlichem Schenkungsteuerbescheid vom 30. Juli 2014 (Bl. 2 Schenkungsteuer-Akten Band II) e...

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