Entscheidungsstichwort (Thema)

Nacherhebung von Antidumpingzoll und Drittlandszoll: Zum Beweiswert von OLAF-Untersuchungen - Vertrauensschutz

 

Leitsatz (amtlich)

Nacherhebung von Antidumpingzoll und Drittlandszoll auf Einfuhren von Aluminiumräder (Felgen) mit Ursprung in der Volksrepublik China, die zur Umgehung von Antidumpingzoll über die malaysische Freizone "Port Klang" in die Europäische Union eingeführt wurden

 

Normenkette

ZK Art. 220; EUVO-964/2010

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Nacherhebung von Antidumpingzoll und Drittlandszoll für die Einfuhr von Aluminiumrädern.

Vom 23.03. bis zum 20.09.2012 meldete die Klägerin beim Zollamt Hamburg-1 des Beklagten als indirekte Vertreterin für die in den ... ansässige A (Räder) der Unterposition 8708 7050 10 0 KN malaysischen Ursprungs zur Abfertigung für den zollrechtlich freien Verkehr an. Die A, die die Räder von der in ... ansässigen B erworben hatte, verkaufte sie an den ... Endkunden C (Empfänger), an den sie ausgeliefert wurden. Ausführer waren die D (...) und die E (...). Im Einzelnen handelt es sich um die folgenden zehn Zollanmeldungen:

lfd. Nr.

Zollanmeldung

Datum

1

AT/C-1

23.03.2012

2

AT/C-2

26.03.2012

3

AT/C-3

26.03.2012

4

AT/C-4

18.04.2012

5

AT/C-5

15.05.2012

6

AT/C-6

15.05.2012

7

AT/C-7

18.06.2012

8

AT/C-8

23.07.2012

9

AT/C-9

10.09.2012

10

AT/C-10

20.09.2012

Für die Einfuhren ab April 2012 (lfd. Nr. 4-10) setzte der Beklagte nach Vorlage malaysischer Ursprungszeugnisse antragsgemäß den Präferenzzollsatz von 0 % fest. Mit Schreiben vom 25.04.2015 beantragte die Klägerin auch für die drei Zollanmeldungen aus März 2012 (lfd. Nr. 1-3), bei denen zunächst keine Ursprungszeugnisse vorgelegt worden waren, die Präferenzgewährung und legte die hierfür erforderlichen malaysischen Ursprungszeugnisse vor.

Diesem Antrag entsprechend erstattete der Beklagte mit drei Einfuhrabgabenbescheiden vom 06.06.2012 den ursprünglich festgesetzten Drittlandszollsatz. Zur Begründung führte er aus, dass die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Begünstigungen erfüllt seien. Die Ware sei nachweislich malaysischen Ursprungs.

Nur bei den beiden Zollanmeldungen vom 15.05.2012 (lfd. Nr. 5-6) wurde eine Beschaffenheitsbeschau durchgeführt.

Nachdem eine Untersuchung des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF) zu dem Ergebnis gekommen war, dass Aluminiumräder, die aus der malaysischen "Free Commercial Zone Port Klang" (Freizone) in die EU eingeführt wurden, tatsächlich ihren Warenursprung in der Volksrepublik (VR) China hätten, erhob der Beklagte gemäß Art. 220 ZK mit Einfuhrabgabenbescheid XXX vom 27.08.2014 Drittlandszoll in Höhe von 22.175,34 € und Antidumpingzoll in Höhe von 109.891,12 €, insgesamt 132.066,46 €, nach. Zollamtliche Ermittlungen hätten ergeben, dass die eingeführte Ware ihren Ursprung tatsächlich in der VR China habe. Daher müsse die gewährte Zollpräferenz zurückgenommen werden und die Differenz zwischen dem Präferenzzollsatz und dem Drittlandszollsatz nachgefordert werden. Des Weiteren werde ein Antidumpingzoll i. H. v. 22,3 % nachgefordert. Die Klägerin sei gemeinsam mit der A gesamtschuldnerisch zur Erfüllung der Zollschuld verpflichtet.

Gegen diesen Nacherhebungsbescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 05.09.2014 Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung (AdV). Außerdem beantragte sie Erstattung und Erlass der festgesetzten Einfuhrabgaben. Den AdV-Antrag begründete sie mit Schreiben vom 25.02.2014: Die Räder seien malaysischen Ursprungs. Mehrfach seien Mitarbeiter des A-Konzerns in Malaysia gewesen, um sich das Werk der Lieferanten anzusehen. Ein Hinweis auf die angeblich stattgefundenen Ermittlungen von OLAF reiche nicht aus. Der Beklagte habe kein Auswahlermessen hinsichtlich der übrigen Gesamtschuldner ausgeübt. Da die Klägerin lediglich als indirekte Stellvertreterin aufgetreten sei, habe der Vertretene in Anspruch genommen werden müssen. Im Hinblick auf die drei Erstattungsbescheide habe sich der Beklagte geirrt und dieser Irrtum sei für die Klägerin nicht erkennbar gewesen. Die Nacherhebung verstoße deshalb gegen den Grundsatz von Treu und Glauben.

Nachdem der Beklagte mit Bescheid vom 08.10.2014 den AdV-Antrag abgelehnt hatte, nahm die Klägerin mit Schreiben vom 05.03.2015 ergänzend Stellung: Aus den Akkreditiv-Unterlagen ergäben sich die Zusicherungen zwischen den Handelspartnern. In zwei Zollanmeldungen und in den drei Erstattungsbescheiden befände sich ein zollamtlicher Vermerk über die Prüfung der Ursprungszeugnisse. Außerdem habe ein Mitarbeiter der A beim Endabnehmer in F die Räder inspiziert, ohne dass sich Zweifel am malaysischen Ursprung ergeben hätten. Der Beklagte habe weder die Versendung der Räder aus der VR China über die Freizone noch deren chinesischen Ursprung bewiesen. Außerdem könne sich die Klägerin auf Vertrauensschutz berufen, insbesondere weil sie als Spediteurin auf die vom Auftraggeber vorgelegten Unterlagen habe vertrauen können.

Mit Schreiben vom 20.10.2015 legte die Klägerin Untätigkeit...

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