rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Insolvenzordnung: Erledigung eines Klageverfahrens nach Insolvenzverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Klageverfahren erledigt sich durch Anmeldung und Feststellung der streitigen Forderung zur Insolvenztabelle, wenn niemand der Eintragung widerspricht; diese wirkt ihrem Betrag und Rang nach wie ein rechtskräftiges Urteil.

2. Außerdem entfällt das Rechtsschutzbedürfnis nach erteilter Restschuldbefreiung; durch diese entfällt die Nachhaftung mit Wirkung gegenüber allen Insolvenzgläubigern.

 

Normenkette

FGO § 40 Abs. 2, § 155; InsO §§ 178, 180 Abs. 2, § 184 Abs. 1, §§ 201, 286, 301; ZPO § 240

 

Tatbestand

A. Tatbestand

Der Kläger hat sich als ehemaliger Gesellschafter einer früheren Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) mit der Klage ursprünglich gegen die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 1990 bis 1993 sowie die Haftung für Gewerbesteuer 1991 bis 1993 nebst Zinsen gewandt.

I.

1. Das zunächst unter dem Aktenzeichen (Az.) I 393/00 geführte Verfahren ist durch Änderung der Finanzgerichts-Geschäftsverteilung in die Zuständigkeit des III. Senats gefallen und fortan unter dem Az. III 125/01 geführt worden.

2. Das Finanzgericht (FG) hat durch zwei Beschlüsse vom 06. August 2002 die streitige gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 1990 bis 1993 vom Verfahren abgetrennt und mit den parallelen Gewinnfeststellungs-Klagen für 1990-1992 und 1993 des ehemaligen Mitgesellschafters der früheren GbR verbunden (Finanzgerichts-Akte - FG-A - Bl. 121 f.).

Die Beteiligten streiten damit im vorliegenden Verfahren nur noch über die Haftung für Gewerbesteuer 1991 bis 1993 nebst Zinsen.

II.

1. Mit Beschluss vom 21. August 2003 hat das für den jetzigen Wohnort des Klägers als Insolvenzschuldner zuständige Amtsgericht das Insolvenzverfahren über sein Vermögen eröffnet.

2. Daraufhin ist nach FG-Zählkartenanordnung das Klage-Verfahren wegen Unterbrechung des Verfahrens durch die Insolvenzeröffnung statistisch aus dem Prozessregister ausgetragen worden.

3. Der Beklagte (das Finanzamt - FA -) hat die streitige Haftungsforderung zur Insolvenztabelle angemeldet. Weder der Insolvenzverwalter noch der Insolvenzschuldner und ebenso wenig ein anderer Insolvenzgläubiger haben der angemeldeten Forderung des FA widersprochen (FG-A Bl. 185, 193 f.). Dementsprechend hat niemand das unterbrochene Klage-Verfahren aufgenommen.

Das Amtsgericht hat - nach Schlussverteilung der Insolvenzmasse durch den Insolvenzverwalter - das Insolvenzverfahren durch Beschluss vom 23. Oktober 2006 aufgehoben und dem Insolvenzschuldner die Restschuldbefreiung angekündigt (FG-A Bl. 181, 185, 187 f.).

Mit rechtskräftig gewordenem Beschluss vom 07. September 2009 hat das Insolvenzgericht dem Schuldner die Restschuldbefreiung erteilt (FG-A Bl. 194).

4. Das Gericht hat danach das Klage-Verfahren unter dem Az. 3 K 132/11 wieder eingetragen.

 

Entscheidungsgründe

B. Entscheidungsgründe

Die Klage ist unzulässig geworden, erstens wegen der Titelwirkung der widerspruchslosen Eintragung in die Insolvenztabelle (I) und zweitens wegen der Restschuldbefreiung (II).

I.

Das Klageverfahren ist nach widerspruchsloser Eintragung der Steuerhaftungsforderung in die Insolvenztabelle durch deren Wirkung als vollstreckbarer Titel unzulässig geworden.

1. Das vorliegende Verfahren ist kraft Gesetzes mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Insolvenzschuldners unterbrochen worden; die Unterbrechung hat mit der Beendigung des Insolvenzverfahrens am 23. Oktober 2006 durch Aufhebung des Insolvenzverfahrens nach vollzogener Schlussverteilung geendet - oben A II - (§ 155 Finanzgerichtsordnung - FGO - i. V. m. § 240 Zivilprozessordnung - ZPO -).

2. War zur Zeit der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens ein Rechtsstreit über eine vor Insolvenz begründete Forderung anhängig, so kann der Insolvenzgläubiger (hier das FA) diese gemäß §§ 38, 87 Insolvenzordnung (InsO) im Insolvenzverfahren nur nach den dafür geltenden Vorschriften verfolgen und hat er dazu die Forderung gemäß § 174 InsO zur Insolvenztabelle anzumelden. Das gilt auch für öffentlich-rechtliche oder Steuer- sowie Haftungsforderungen (vgl. FG Münster vom 29. März 2011 10 K 230/10, Juris; Thüringer Oberverwaltungsgericht - OVG - vom 27. September 2006 4 EO 1283/04, Zeitschrift für Kommunalfinanzen - ZKF - 2008, 70).

3. Im Insolvenzverfahren kann eine angemeldete Forderung durch Widerspruch zur Tabelle bestritten werden. Wenn der Insolvenzverwalter oder ein fremder Insolvenzgläubiger widerspricht und über die Forderung bereits ein Rechtsbehelfs- oder Klageverfahren anhängig ist, so ist ihre Feststellung durch Aufnahme des Rechtsstreits zu betreiben (§ 179, § 180, § 185 Insolvenzordnung - InsO -) und findet kein gesondertes Insolvenz-Feststellungsverfahren nach § 251 Abs. 3 Abgabenordnung - AO - statt (vgl. Bundesfinanzhof - BFH - vom 26. September 2006 BFHE 214, 201, BStBl II 2007, 55 zu 3 b aa; vom 07. März 2006 VII R 11/05, BFHE 212, 11, BStBl II...

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