Entscheidungsstichwort (Thema)

Pauschale Fahrtkosten Behinderter als außergewöhnliche Belastung bei Eintritt der Behinderung im Laufe des Veranlagungszeitraums. Einkommensteuer 1997

 

Leitsatz (redaktionell)

Die pauschale Berücksichtigung von Fahrtkosten Körperbehinderter als außergewöhnliche Belastung ist in Anlehnung an die Regelung in § 33a Abs. 4 Satz 1 EStG dergestalt zu handhaben, dass die von der Finanzverwaltung bei Körperbehinderten mit einer erheblichen Geh- und Stehbehinderung im Kalenderjahr anerkannten 3.000 km für jeden vollen Monat um 1/12 zu kürzen sind, in dem die Behinderung nicht vorgelegen hat.

 

Normenkette

EStG 1997 § 33 Abs. 2 S. 1, § 33a Abs. 4 S. 1

 

Tenor

1. Die Klage wird als unbegründet abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

 

Tatbestand

Der Kläger bezog im Streitjahr 1997 Versorgungsleistungen und erklärte diese – im Rahmen einer Antragsveranlagung – als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Er erkrankte 1997 so schwer, dass ihm das Versorgungsamt S im Mai 1998 einen Schwerbehindertenausweis mit Gültigkeit ab dem 19. Dezember 1997 ausstellte. Der Ausweis bestätigte einen Grad der Behinderung von 100% mit dem Merkzeichen „G” (Gehbehinderung, Bl.5).

In seiner Einkommensteuererklärung machte der Kläger pauschale KfZ-Kosten Gehbehinderter (1.560 DM) und Krankheitskosten (13.299 DM) als außergewöhnliche Belastung geltend. Wegen der Unterbringung zur Pflege und Versorgung des Klägers bei Frau K in der Zeit vom 20. Februar bis 31. März 1997 gewährte der Beklagte den Höchstbetrag nach § 33a Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 EStG. Im übrigen ließ der Beklagte bei der Durchführung der Veranlagung – nach Abzug der zumutbaren Eigenbelastung (6% von 43.109,00 DM) – die Aufwendungen nur teilweise zum Abzug zu. Nach der erfolglosen Durchführung des Einspruchsverfahrens erhob der Kläger am 13. September 2001 Klage.

Er beantragt sinngemäß (Bl. 1 f.),

unter Änderung des Bescheides vom 30. März 2001 i.F.d. Einspruchsentscheidung vom 10. August 2001 die Einkommensteuer 1997 unter Berücksichtigung weiterer außergewöhnlicher Belastungen i.H.v. (Fahrtkosten als Krankheitskosten i.H.v. 5.996 DM + pauschale Kfz-Kosten für Gehbehinderte i.H.v. 1.560 DM=) 7.556 DM festzusetzen.

Mit der Erkrankung habe sich auch eine rechtsgeschäftliche Unfähigkeit des Klägers eingestellt. Der Kläger habe deshalb Herrn E eine notarielle Generalvollmacht erteilt, deren Kosten i.H.v. 334,65 DM der Beklagte anerkannt habe (Bl. 2, 6). E habe wegen der Erledigung der Rechtsgeschäfte für den Kläger Fahrtkosten i.H.v. 5.995,60 DM (11.530 km à 0,52 DM) geltend gemacht, die ihm der Kläger erstattet habe (Bl. 2, 7, 25 f.). Es handele sich um außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG, die dem Kläger zwangsläufig entstanden und die – wie der Beklagte selbst mit Schreiben vom 20. September 2001 anerkenne – glaubhaft seien (Bl. 23).

Gemäß H 186-189 EStH („Fahrtkosten Behinderter”) würden als allgemeiner Aufwand Fahrten bis zu 3.000 km im Jahr als außergewöhnliche Belastungen anerkannt. Die Voraussetzungen hierfür seien erfüllt (Bl. 23). Eine Quotelung der Jahrespauschale auf Tage laufe dem Vereinfachungszweck des Verfahrens zuwider (Bl. 24). Eine Kollision zwischen der Anerkennung der pauschalen Fahrtkosten Behinderter und den Fahrtkosten des E als Krankheitskosten sei nicht gegeben, da es sich um voneinander unabhängige Positionen handele: einerseits um die Fahrten des Klägers selbst und andererseits um die des E als Generalbevollmächtigter (Bl. 24).

Der Beklagte beantragt (Bl. 16),

die Klage als unbegründet abzuweisen.

Die Kosten in Höhe von 5.996 DM würden lediglich Fahrten des E betreffen, die gelegentlich der Krankheit oder als Folge der Krankheit des Klägers entstanden seien. Sie dienten nicht, wie dies für die Anerkennung als Krankheitskosten notwendig sei, unmittelbar der Heilung oder dem Zweck, die Krankheit erträglich zu machen (Bl. 28).

Ferner könnten die pauschalen Kfz-Kosten für gehbehinderte Personen in Höhe von 1.560 DM nicht berücksichtigt werden. Es handele sich um einen auf ein ganzes Kalenderjahr bezogenen Betrag. Da im Streitfall die Gehbehinderung aber erst zum 19. Dezember 1997 festgestellt worden sei, sei eine zeitanteilige Kürzung geboten (Bl. 24). Die zu berücksichtigenden Fahrtkosten würden sich daher auf 56 DM (13/365 von 1.560,00 DM) belaufen (Bl. 15). Die hiernach anzuerkennenden Fahrtkosten i.H.v. 56 DM könnten sich aber nicht steuermindernd auswirken, da dem Kläger der Betrag nach § 33b Abs. 3 S. 2 Nr. 2 EStG zu Unrecht in voller Höhe (1.800,00 DM) – anstatt nur zeitanteilig – gewährt worden sei (Bl. 16).

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die beigezogenen Akten des Beklagten verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig, aber unbegründet.

1. Fahrtkosten und Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastung

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