Ein geschiedener Ehegatte kann nach § 1576 BGB Unterhalt von dem anderen Teil verlangen, soweit und solange von ihm aus sonstigen schwerwiegenden Gründen eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann und die Versagung von Unterhalt unter Berücksichtigung der Belange beider Ehegatten grob unbillig wäre. Die gegenüber anderen Unterhaltstatbeständen subsidiäre Vorschrift hat die Fallkonstellationen im Blick, die durch das Anspruchssystem der sonstigen nachehelichen Unterhaltstatbestände nicht erfasst sind. Es sollen Härten vermieden werden, die nicht durch die Eigenverantwortlichkeit der Ehegatten nach der Scheidung gerechtfertigt werden können.[33] Die in § 1576 BGB vorausgesetzten schwerwiegenden Gründe für die Unzumutbarkeit der Erwerbstätigkeit und die hieraus resultierende Bedürftigkeit müssen nicht ehebedingt sein.[34] Auch wenn kein bestimmter Einsatzzeitpunkt festgelegt ist, besteht Einigkeit darüber, dass eine zeitliche Nähe zur Scheidung vorhanden sein muss.[35] Wenn ein Unterhaltsanspruch, z.B. wegen Krankheit (§ 1572 BGB), nur am Einsatzzeitpunkt scheitert, kommt ebenfalls ein Billigkeitsunterhalt in Betracht. Eine uferlose Ausweitung des Tatbestands wird durch eine sachgerechte Billigkeitsprüfung vermieden.[36]

Der den Unterhalt begehrende Ehegatte hat darzulegen und zu beweisen,

dass wegen eines schwerwiegenden Grundes, z.B. die Betreuung nachehelicher biologisch, jedoch nicht rechtlich gemeinschaftlicher Kinder,[37] Betreuung von Stiefkindern durch den Unterhaltsberechtigten,[38] Betreuung von Ehebruchskindern, die mit Zustimmung des Unterhaltspflichtigen in den gemeinsamen Haushalt aufgenommen worden waren,[39] Betreuung von gemeinsamen Pflegekindern,[40] Pflege von Angehörigen des Unterhaltspflichtigen,[41] besonderen Leistungen, z.B. Pflege bei Krankheit des Unterhaltspflichtigen oder außergewöhnlichen Opfern, z.B. Vermögensopfern in besonderen Notlagen, für den Unterhaltspflichtigen[42] eine Erwerbstätigkeit nicht oder nur teilweise erwartet werden kann,
dass die Versagung des Unterhalts unter Berücksichtigung der Belange beider Ehegatten, z.B. bei langer Ehedauer, Berücksichtigung des Alters der Beteiligten bei Eheschließung, Berücksichtigung der gemeinsamen Lebensplanung, eines eventuellen ehelichen Fehlverhaltens eines Ehegatten usw. unbillig wäre,
wie hoch sein Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen ist,
dass er auch unter Einsatz seines Vermögens bedürftig ist, d.h. nicht über ausreichende Einkünfte zur Deckung seines Bedarfs verfügt,
dass der Unterhaltspflichtige ausreichend leistungsfähig ist.
[35] OLG Karlsruhe FamRZ 1996, 948, 949.
[37] OLG Düsseldorf FamRZ 1999, 1274.
[38] BGH FamRZ 1983, 800, 802.
[39] Wendl/Dose/Bömelburg, § 4 Rn 376.
[40] BGH FamRZ 1984, 361, 363.
[41] Wendl/Dose/Bömelburg, § 4 Rn 379.
[42] Wendl/Dose/Bömelburg, § 4 Rn 380.

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