aa) Verjährung und Stundung

Die h.M. rechnet zum Anwendungsbereich des § 767 ZPO bei Entscheidungen über künftigen Unterhalt die Verjährung und die Stundung. Dies ist deswegen problematisch, weil die Geltendmachung treuwidrig nach § 242 BGB sein kann. Bei der Stundung kommt hinzu, dass die ZPO keinen ausdrücklichen Rechtsbehelf kennt, die deswegen für unzulässig erklärte Zwangsvollstreckung nach Ablauf der Stundungsfrist wiederzubeleben, so dass nur ein neues Erstverfahren nach § 258 ZPO verbleibt, was wenig sachgerecht erscheint. Münzberg[24] greift einen Vorschlag Schlossers[25] auf, wonach auf den Vollstreckungsgegenantrag des Gläubigers gegen die Entscheidung nach § 767 ZPO die Vollstreckbarkeit des früheren Titels wiederhergestellt werden könne, hält daneben aber auch einen erneuten Leistungsantrag nach § 258 ZPO für zulässig. Ein neues Erstverfahren geht jedoch über das sachlich Erforderliche hinaus. Bei Einmal-Urteilen ist der Vorschlag Schlossers bedenkenswert. Anders als bei diesen gibt es jedoch für Entscheidungen mit der Feststellung und Verpflichtung zum künftig fällig werdenden Unterhalt für die erneute inhaltliche Überprüfung eine besondere Vorschrift, nämlich § 238 FamFG. Die Überlegung, die bei Entscheidungen über einmalige Leistungen im Rahmen von § 767 ZPO zu machen ist, nämlich dass im Rahmen der Prüfung der weiteren Zulässigkeit der Vollstreckung bei der unumgänglichen Anwendung von § 242 BGB der Inhalt der Entscheidung formal zwar ausgeklammert bleibt, der Sache nach jedoch berücksichtigt wird, braucht und darf deswegen bei Entscheidungen nach § 258 ZPO nicht gemacht zu werden. § 238 FamFG ist nicht nur eine Sondervorschrift gegenüber § 258 ZPO, weil ausnahmsweise die Rechtskraft einer Entscheidung durchbrochen werden kann, sondern auch eine Sondervorschrift gegenüber § 767 ZPO, soweit Gründe, die allgemein als Einwendungen i.S.v. § 767 ZPO angesehen werden können, aus dem Anwendungsbereich des Vollstreckungsgegenantragsverfahrens herauszunehmen und zu den Abänderungsgründen zu zählen sind, weil sie spezifisch für Vorausentscheidungen i.S.v. § 258 ZPO sind. Spezifisch für die Vorausentscheidung sind für den Unterhaltstatbestand erhebliche Umstände, die sich künftig anders entwickeln können als sie derzeit vorliegen oder bereits bei der Entscheidung zuverlässig vorhersehbar sind. Den Gegensatz zu diesen voraussichtlichen Umständen bilden vorliegende Umstände, die auch künftig so bleiben, wie sie einmal eingetreten sind und für eine Prognose keinen Raum lassen.

[24] Bei Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 767 Rn 14.
[25] Gestaltungsklagen und Gestaltungsurteile, 1966, S. 264.

bb) Verwirkung

Bedenken bestehen gegen die h.M., wonach die Verwirkung des Unterhaltsanspruchs nach § 242 BGB mit dem Vollstreckungsgegenantrag vorzubringen ist. Dabei spielt der Gedanke der Verwirkung als Erlöschensgrund eine Rolle. Erlöschen bedeutet entgültiger Verlust des Anspruchs, was die Zuweisung der Verwirkung zu § 767 ZPO nahelegt. Insoweit ist jedoch bei Titeln über künftige Unterhaltsansprüche eine differenzierende Betrachtung angebracht. Die Verwirkungstatbestände des § 1579 BGB – Gleiches gilt für § 1611 BGB – werden vom BGH zu Recht nicht als unwandelbare Erlöschensgründe eingeordnet. Vielmehr kann etwa ein wegen Verfestigung einer Lebensgemeinschaft ausgeschlossener Unterhaltsanspruch nach deren Beendigung wieder aufleben, etwa weil wegen Betreuung des gemeinschaftlichen Kindes ein Unterhaltsanspruch nach § 1570 BGB zu bejahen ist. Vor allem sieht bereits der Tatbestand des § 1579 BGB vor, dass der Unterhalt nicht nur als einzige Rechtsfolge versagt, sondern auch herabgesetzt oder zeitlich begrenzt werden kann, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre. Damit werden mögliche Rechtsfolgen bei der Anwendung der Vorschrift des § 242 BGB beschrieben, die ähnlich auch im Fall der Verwirkung im engeren Sinn Bedeutung haben können.

cc) Unterhaltsverzicht

Entgegen der h.M. ist auch der Unterhaltsverzicht den Abänderungsgründen zuzuordnen.[26] Nach der Rechtsprechung des BGH[27] zur Inhaltskontrolle von Eheverträgen kommt es für die Angemessenheitskontrolle nach § 242 BGB darauf an, ob und inwieweit es einem Ehegatten verwehrt ist, sich auf ihn begünstigende Regelungen zu berufen. Entscheidend ist insofern, ob sich im Zeitpunkt der Scheidung eine evident einseitige, unzumutbare Belastung ergibt. Ist dies zu bejahen, hat der Richter diejenige Rechtsfolge anzuordnen, die den berechtigten Belangen beider Parteien Rechnung trägt. Auch die Grundsätze des Wegfalls des Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) können auf Eheverträge angewendet werden, wenn und soweit die tatsächliche Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse von der ursprünglichen Lebensplanung abweicht, die die Parteien dem Ehevertrag zugrunde gelegt haben. Mit der Überprüfung der Wirksamkeit des Verzichts und der gegebenfalls notwendigen Umgestaltung des Inhalts des Vertrags ist es unvereinbar, einen Unterhaltsverzicht als Einwendung i.S.d. § 767 ZPO einzustufen. Es handelt sich nicht um einen Erlöschensgrund, ...

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