1. In dieser wie auch in einer späteren Entscheidung[1] hat sich der BGH mit der Frage befasst, ob in einer vertraglichen Unterhaltsregelung der gesetzliche Unterhaltsanspruch konkretisiert oder auf eine eigenständige vertragliche Grundlage im Sinne einer Novation gestellt worden ist. Der durch eine vertragliche Regelung vom 12.7.1979 unterhaltspflichtige geschiedene Ehegatte hatte sein vor dem 31.8.2009 eingeleitetes Abänderungsbegehren auf eine Änderung der Rechtslage zur Herabsetzung und Befristung des Unterhalts gestützt. Demgegenüber hatte die geschiedene Ehefrau geltend gemacht, der Unterhaltsanspruch bestehe unabhängig von den gesetzlichen Bestimmungen und bleibe von der Änderung des Unterhaltsrechts unberührt.

Hierzu stellt der BGH unter Bezugnahme auf früher ergangene Entscheidungen heraus, der Wille der Vertragsparteien, den Unterhaltsanspruch völlig auf eine vertragliche Grundlage zu stellen und ihn damit des Wesens eines gesetzlichen Unterhaltsanspruchs zu entkleiden, könne nur bei Vorliegen besonderer dafür sprechender Anhaltspunkte angenommen werden. Im Streitfall hat der BGH unter Würdigung des Vertragswortlauts und der Ausgestaltung der Unterhaltsregelung keine solchen für eine Novation sprechenden Anhaltspunkte gesehen.

Selbst wenn in der vertraglichen Regelung Bezüge zum gesetzlichen Unterhaltsanspruch festzustellen sind, dürfte nur in Ausnahmefällen von einer Novation auszugehen sein. Wenn zugunsten des Unterhaltsberechtigten eine gefestigte, vom Gesetz unabhängige Rechtsposition geschaffen werden soll, bedarf es in einer vertraglichen Unterhaltsregelung deshalb der unzweifelhaften Festlegung, dass ein vertraglicher Unterhaltsanspruch vereinbart werden soll.[2]

2. Im Streitfall ging es um die Abänderung eines in einem gerichtlichen Verfahren am 12.7.1979 geschlossenen Vergleichs. Nach diesem Vergleich standen – grundsätzlich zulässige – besondere Vereinbarungen zur Abänderbarkeit nicht entgegen, so dass für die Abänderung die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB maßgeblich waren.[3] Der BGH betont die Bedeutung des Parteiwillens als Geltungsgrund der getroffenen Unterhaltsvereinbarung. Im Wege der Auslegung sei zu ermitteln, welche Verhältnisse die Parteien zur Grundlage ihrer Einigung gemacht hätten. Anhand des Ergebnisses dieser Auslegung könne beurteilt werden, welche Auswirkungen sich aus Umständen ergeben, die sich anders als erwartet entwickelt haben. Im Wege einer interessengerechten Auslegung gelangt der BGH zu der Feststellung, die Parteien hätten eine zeitlich unbefristete Unterhaltsrente für die Ehefrau vereinbart, denn eine Herabsetzung oder Befristung des Unterhalts sei nach der bei Abschluss des Vergleichs im Jahr 1979 geltenden Rechtslage nicht vorgesehen gewesen. Es habe deshalb auch keine Veranlassung bestanden, diese Frage zum Gegenstand der getroffenen Vereinbarung zu machen. Hätten die Parteien die zum 1.4.1986 sowie zum 1.1.2008 geänderten rechtlichen Bestimmungen zur Herabsetzung und Begrenzung des nachehelichen Unterhalts gekannt, hätten sie dem – insbesondere angesichts des Alters der Ehefrau mit 28 Jahren bei der Scheidung sowie der Dauer der Ehe von rund neun Jahren (Heirat am 17.12.1970; Zustellung des Scheidungsantrages am 28.6.1979) – Rechnung getragen und entweder bereits eine Begrenzung vereinbart oder für einen späteren Zeitpunkt offengehalten. Dann habe der Geschäftswille der Parteien aber auf der gemeinsamen Erwartung vom Fortbestand der damaligen Rechtslage aufgebaut. Damit sei auch eine Anpassung wegen Befristung und Herabsetzung nach § 1578b BGB durch den Vergleich nicht gehindert.

Diese Ausführungen machen deutlich, wie wichtig es ist, die Vorstellungen der an einer vertraglichen Unterhaltsregelung Beteiligten zu formulieren. In späteren Abänderungsverfahren bedarf es der konkreten Darlegung der maßgeblich gewesenen Vorstellungen. Die Praxis zeigt, dass diese bei den Beteiligten vielfach nicht (mehr) zu eruieren ist. Umso mehr sind die Verfahrensbevollmächtigten aufgerufen, für eine (möglichst) eindeutige Formulierung Sorge zu tragen.

Insbesondere zu den wesentlichen Verteidigungsmöglichkeiten des Unterhaltspflichtigen, etwa § 1578b BGB, sollte sich die Vereinbarung dazu verhalten, ob überhaupt, unter welchen Bedingungen und zu welchem Zeitpunkt die Einwendung möglich sein soll. Im Zweifel sollte insoweit eine Präklusion abbedungen werden.

3. Des Weiteren hat der BGH dazu Stellung genommen, welche Unterhaltsregelungen überhaupt unter die Bestimmung des § 36 Abs. 1 EGZPO fallen. Nach dieser Bestimmung sind bei vollstreckbaren Titeln, die vor dem 1.1.2008 errichtet worden sind, Umstände, die vor diesem Tag entstanden und durch das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts vom 21.12.2007 erheblich geworden sind, nur zu berücksichtigen, soweit eine wesentliche Änderung der Unterhaltsverpflichtung eintritt und die Änderung dem anderen Teil unter Berücksichtigung seines Vertrauens in die getroffene Regelung zumutbar ist. Um auf diese Übe...

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