Interessant ist, dass der BGH vorliegend eine offenbar zu gering ausgefallene, aber rechtskräftige Entscheidung über den Versorgungsausgleich mit einem Unterhaltsanspruch korrigiert. Dies ist sachgerecht und auch dogmatisch konsequent. Entscheidend bei der Ausübungskontrolle ist der Ausgleich ehebedingter Nachteile, der auch über die Grenzen der drei Ausgleichssysteme Güterrecht, Versorgungsausgleich und Unterhalt erfolgen kann. Schließlich will der BGH auch Versorgungsdefizite, die sich aus einem Verzicht auf den Zugewinnausgleich ergeben, über das Unterhaltsrecht[34] oder den Versorgungsausgleich[35] kompensieren.

Der Senat stellt einmal mehr den Ausgleich ehebedingter Nachteile in das Zentrum der Ausübungskontrolle.[36] Dies ist überzeugend, weil sich die richterliche Ausübungskontrolle eines wirksamen Ehevertrages am besten durch die Entstehung ehebedingter Nachteile durch die gemeinsame Gestaltung von Ehe und Familie legitimieren lässt. Die Ermittlung einer hypothetischen Karriere und der daraus folgenden Versorgungsanwartschaften ist jedoch herausfordernd. Prognosen sind schwierig, auch wenn sie die Vergangenheit betreffen, möchte man sagen. Die beteiligten Anwälte sind daher aufgerufen, ehebedingte Nachteile der Mandantin oder des Mandanten "konkret und nachvollziehbar"[37] vorzutragen. Als Informationsquellen kommen nach dem BGH tarifliche Regelwerke und Erfahrungssätze aus dem jeweiligen Berufsfeld in Betracht, die in großen Unternehmen und im öffentlichen Dienst und unter Rückgriff auf Versicherungsverläufe in der Rentenversicherung nachvollziehbar ermittelt werden können. In ungewöhnlicheren Positionen und bei Selbstständigen mag die hypothetische Erwerbsbiographie schwieriger zu ermitteln sein. Hier wird man unter Umständen kreativ sein und bei Berufsverbänden und vielleicht auch ehemaligen Kollegen der Mandantschaft nachfragen müssen. Pauschale Behauptungen genügen nicht.[38]

[34] BGHZ 158, 81, 108.
[35] BGH NJW 2013, 457, 461, Rn 36.
[36] Vgl. auch: BGH NJW 2011, 2969.
[37] Rossink, FamRB 2013, 34.
[38] Vgl. BGH NJW 2011, 2969, 2970 f., Rn 21.

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