Das Recht eines Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung ist Bestandteil seines verfassungsrechtlich garantierten Persönlichkeitsrechts und Ausfluss seiner Menschenwürde (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG). Dies hat das Bundesverfassungsgericht in mehreren Entscheidungen bekräftigt.[20] § 14 Abs. 3 TPG erwähnt das Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung im Fall der Samenspende.[21] Das Recht des Kindes kollidiert freilich mit dem Recht der Mutter auf Wahrung ihrer Intimsphäre, wenn diese über die Namen der von ihr geheim gehaltenen Geschlechtspartner Auskunft geben muss. Das LG Essen, die Ausgangsinstanz im Fall Sarah P.,[22] hat bei mehreren heterologen Inseminationsversuchen mit Sperma unterschiedlicher Männer deren Recht auf Schutz ihres Familienlebens und ihrer Persönlichkeit als abwägungsbeachtlich und sogar vorrangig vor dem Recht des Kindes angesehen. Eine schwache Position hat der rechtliche Vater, auch wenn dieser tatsächliche Verantwortung für das Kind lange Zeit getragen und mit diesem längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft gelebt hat.[23] Die schwächste Stellung hat der Samenspender, auch wenn er der biologische Vater ist. Nach dem geplanten Gesetz hat der "Spendervater" keine Umgangs- oder Auskunftsrechte. Offen geblieben ist, ob sich aufgrund der verfassungsrechtlichen Anerkennung des Rechtes des Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung auch eine rechtliche Dokumentationspflicht gegenüber dem Kind für den Arzt ergibt.[24] § 15 Abs. 2 S. 1 TPG sieht seit 2007 eine Aufbewahrungsfrist von 30 Jahren vor. Der Arzt ist ferner nach den Musterrichtlinien der Bundesärztekammer zur Durchführung der assistierten Reproduktion[25] verpflichtet, die Identität des Spenders zu dokumentieren. Dies gilt freilich nur für eine Insemination im Inland. Ein Verstoß hiergegen hat wohl nicht nur berufsrechtliche Konsequenzen, sondern kann auch zu einer Schadensersatzpflicht gegenüber dem Samenspenderkind führen.[26] Allerdings ist deren Umfang derzeit offen. Gleiches gilt, wenn sich der Arzt weigert, den ihm bekannten Namen des Spenders aufgrund einer Anonymitätszusage zu nennen, oder wenn er die gebotenen diesbezüglichen Nachforschungen (z.B. Befragung des Personals) unterlässt.

[20] BVerfG, Urt. v. 31.1.1989 – 1 BvL 17/87, BVerfGE 79, 256 = FamRZ 1989, 255; BVerfG, Urt. v. 13.2.2007 – 1 BvR 421/05, BVerfGE 117, 202 = FamRZ 2007, 441 = NJW 2007, 753; BVerfG, Beschl. v. 18.8.2010 – 1 BvR 811/09, FamRZ 2010, 1879 = NJW 2010, 3772; OLG Jena, Urt. v. 6.3.2003 – 1 UF 358/02, FamRZ 2003, 944; AG Düsseldorf, Urt. v. 14.12.2004 – 54 C 5095/04, NJW-RR 2005, 554; Bamberger/Roth/Hahn, BGB, 3. Aufl. 2012, § 1591 Rn 16; vgl. auch EGMR, Urt. v. 11.7.2002 – 28957/95, NJW-RR 2004, 289. Zum umgekehrten, allerdings verneinten Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Kindes bei einer DNA-Analyse EGMR, Urt. v. 13.7.2006 – 58757/00, FamRZ 2006, 1354. Zur Pflegerbestellung OLG Jena, Beschl. v. 28.8.2009 – 1 UF 120/09, FamFR 2009, 95. Zum Auskunftsanspruch des Scheinvaters OLG Jena, Beschl. v. 28.8.2009 – 1 UF 120/09, NJW-RR 2010, 300.
[21] Vgl. BT-Drucks 16/5463, S. 55 u. Kingreen, FamRZ 2013, 641, 642.
[22] LG Essen, Urt. v. 7.2.2012 – 2 O 260/11. S. dazu OLG Hamm, Urt. v. 6.2.2013 – 14 U 7/12, FamRZ 2013, 637.
[23] Vgl. Betta, Embryonenforschung und Familie, 1995, S. 232 ff.
[24] Vgl. BVerfG, Beschl. v. 18.1.1988 – 1 BvR 1589/87, FamRZ 1989, 147.
[25] Vgl. Ziff. 5.3.3.2.
[26] MüKo-BGB/Wellenhofer, 6. Aufl. 2012, vor § 1591 Rn 34; vgl. auch Deutsch, NJW 1986, 1971, 1974.

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