Die nach § 1581 Abs. 1 Satz 1 BGB gebotene Beachtung der Leistungsfähigkeit des unterhaltspflichtigen geschiedenen Ehegatten hat nach der Rechtsprechung des BGH eine doppelte Bedeutung.

Durch die Beachtung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners wird sichergestellt, dass ihm ein fester Teil seines verfügbaren Einkommens als Mindestselbstbehalt verbleibt. Kann der Unterhaltsschuldner die Unterhaltspflichten bei Wahrung seines eigenen Selbstbehalts nicht erfüllen, liegt ein absoluter Mangelfall vor. Der Selbstbehalt schützt als unterste Grenze das Existenzminimum, damit der Unterhaltsschuldner durch Erfüllung seiner Unterhaltspflicht nicht selbst sozialhilfebedürftig wird. Die Höhe des Selbstbehalts hängt zudem von der konkreten gesetzlichen Ausgestaltung des jeweiligen Unterhaltstatbestands ab. Gegenüber einem getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten liegt der vom Tatrichter zu bemessende Ehegattenselbstbehalt regelmäßig zwischen dem notwendigen und dem angemessenen Selbstbehalt.[54]

Darüber hinaus hat § 1581 BGB auch im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners die Bedeutung, den Halbteilungsgrundsatz zu wahren. Sofern zusätzliche Belastungen des Unterhaltsschuldners nicht schon bei der Bedarfsbemessung berücksichtigt wurden und deswegen auch nicht in die quotale Halbteilung eingeflossen sind, ist im Rahmen der Leistungsfähigkeit zu prüfen, ob ihre Berücksichtigung zu einem relativen Mangelfall führt. Das gilt insbesondere für nachehelich entstandene weitere Unterhaltspflichten die nicht bereits bei der Bedarfsbemessung des geschiedenen Ehegatten berücksichtigt wurden. Denn § 1581 BGB ordnet für die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen ausdrücklich die "Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen" an. Insoweit ist der BGH wieder zu dem Grundsatz zurückgekehrt, der es gebietet, im Rahmen der Leistungsfähigkeit den "eigenen angemessenen Unterhalt" des Unterhaltspflichtigen i.S.v. § 1581 BGB als Kehrseite des Bedarfs des Unterhaltsberechtigten nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB zu verstehen.[55]

[54] BGHZ 166, 351 = FamRZ 2006, 683 Rn 16 ff. und BGH, Urt. v. 19.11.2008 – XII ZR 51/08, FamRZ 2009, 311 Rn 20.

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