Das Phänomen der "Fake News" wird zunehmend als ernsthafte Bedrohung wahrgenommen.[1] Begünstigt durch die elektronischen Medien mit ihren nahezu unbegrenzten Reichweiten können gezielte Falschinformationen dazu führen, dass Wahlen und Abstimmungen beeinflusst, Aktienkurse manipuliert, Personen in ihrem Ruf unwiederbringlich geschädigt werden. Dies lenkt den Blick auf einen Bereich, in dem Fehlinformationen seit jeher ihren festen Platz haben und ebenfalls großen Schaden anrichten können: das Gerichtsverfahren.

Gerichte können ihrer Aufgabe, dem Recht zur Geltung zu verhelfen, nur nachkommen, wenn sie zuverlässige Kenntnis von dem Sachverhalt haben, auf den sie das Recht anwenden sollen. Im Strafrecht, Verwaltungsrecht und in besonders sensiblen Bereichen des Familienrechts geben die Verfahrensordnungen ihnen daher besondere Mittel zur Sachverhaltsaufklärung von Amts wegen an die Hand und verpflichten sie, hiervon Gebrauch zu machen (Untersuchungs- oder Amtsermittlungsgrundsatz).

Wo dagegen über private Rechte (wie Forderungen, Übertragungsansprüche usw.) gestritten wird, obliegt es den Streitparteien, die entscheidungserheblichen Tatsachen vorzutragen (Verhandlungs- oder Beibringungsgrundsatz). Die Versuchung, den Tatsachenvortrag so zu gestalten, dass er dem eigenen Rechtsbegehren zum Erfolg verhilft, liegt nahe.

Die ZPO versucht auf zwei Ebenen, die Übereinstimmung des zu beurteilenden Sachverhalts mit der Realität sicherzustellen: Sie verpflichtet die Parteien, ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben (§ 138 Abs. 1 ZPO), und sie verlangt vom Richter, sich eine Überzeugung davon zu bilden, "ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei" (§ 286 Abs. 1 ZPO). Für das familiengerichtliche Verfahren regelt § 27 Abs. 2 FamFG die Wahrheitspflicht der Parteien in gleicher Weise; das Beweismaß der Wahrheitsüberzeugung wird in § 37 FamFG nicht ausdrücklich genannt, aber vorausgesetzt.[2]

Kann der Richter keine Überzeugung von der Wahrheit des Tatsachenvortrags gewinnen, hat er nach der Beweislast zu entscheiden. Was aber geschieht, wenn eine Partei wahrheitswidrig vorträgt? Dieser Frage soll im Folgenden nachgegangen werden.

[1] Siehe dazu Holznagel, MMR 2018, 18.
[2] BT-Drucks 16/6308, 194.

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